Jugendamt holt 3 Monate altes Kind
Beantwortet von Rechtsanwalt und Mediator Christian Joachim in unter 2 Stunden
Fragestellung
Hallo,
wir sind in einem Alptraum gefangen. Vor ca. 2 Wochen kam das Jugendamt zu uns nach Hause, hierzu muss ich kurz ausholen: 4 Tage bevor das Jugendamt vor unserer Tür stand hatte ich mit unserem 3 Monate altem Baby einen Unfall. Mir ist der Fuss umgeknackst und ich hatte unser Baby dabei auf dem Arm im "Fliegergriff" da sie des öfteren Blähungen hat. Beim umknacksen bin ich gestürzt und die Kleine ist mir aus dem Arm gefallen dabei habe ich sie noch in der Luft am linken Bein aufgefangen. Ihr sind ihr in der Nähe des Kniegelenkes der Ober und Unterschenkel gebrochen ( nach diesem Vorfall wussten wir das natürlich noch nicht ), ich selbst bin dabei auf den Rücken gefallen und habe sie so auffangen können so dass sie mit dem Kopf nicht auf den Boden fällt.... Glauben Sie mir ich war fertig mit den Nerven!
Da uns erst keine Schwellung aufgefallen ist sind wir nicht in die Klinik ( wir hatten eh 3 Tage später einen Termin um eine eventuelle Stoffwechselstörung wegen schlechter Gewichtszunahme abklären zu lassen). Wir hatten Ende des 2. Tages nach dem Unfall eine Schwellung bemerkt und sind dann doch in die Uniklinik gefahren. Dort bekamen wir dann die Diagnose des Bruchs...
Der Verdacht auf Kindesmisshandlung stand im Raum und so checkte man unsere Kleine komplett durch. Schweißtest, Bluttest, Röntgen des Skeletts und des Schädels sowie Ultraschall innerer Organe und Augennetzhaut. Wir stimmten allen Untersuchungen zu und meine Partnerin blieb die 4 Tage komplett in der Uniklinik. Alles war in Ordnung und laut Bericht war der Unfall "plausibel und möglich" weil es ja auch so war... wieso sollte man sowas erfinden?
Wir wurden Donnerstags entlassen mit der Bitte, der Ärzte und Psychologin, eine Familienhebame zu initiieren und wöchentlich beim Kinderarzt wg. dem Bruch und der Gewichtszunahme zu erscheinen. Das taten wir vorher schon aber natürlich stimmten wir zu.
Am Mo. stand das Jugendamt vor der Tür. Diese hätten einen Anruf Montags ( 4 Tage später ) erhalten wegen Kindeswohlgefährdung, ein annonymer Anruf der allerdings die Details der Verletzungen wusste. Wir hatten es niemanden gesagt nicht mal unseren Eltern.
Wir riefen die Oberärzte an und diese sagten ( in Absprache zusammen mit der Rechtsmedizin ) sie würden nicht von einer Misshandlung ausgehen da der Sachverhalt für sie nachvollziebar war "plausibel und möglich" ( steht auch so im Entlassungsbericht ).
Das Jugendamt bat um freiwillige Herausgabe des Kindes. Das haben wir gemacht.
Jetzt haben wir wie verrückt Angst unsere Tochter nicht mehr zu bekommen.
Was sollen wir tun? Ein Anwalt aus der Gegend ( bisher nur Beratung ) rät mit JA zusammenzuarbeiten und das tun wir bisher auch.... allerdings meinte er auch falls es vor´s Familiengericht kommt würde dieses meistens dem Jugendamt zustimmen...
Wir wissen nicht was wir tun sollen...
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Antwort von Rechtsanwalt und Mediator Christian Joachim
Sehr geehrter Fragesteller,
in Ihrem Fall dürfte eine Inanspruchnahme durch das Jugendamt nach § 42 SGB VIII vorliegen, indem Sie das Kind zunächst freiwillig dem Jugendamt übergeben haben.
Aufgrund ihrer Sachverhaltsschilderung halte ich die Inobhutnahme des Kindes nicht für notwendig, sondern denke, dass entsprechende Hilfen für das Kind und die Eltern ausreichend gewesen wären.
Dies insbesondere, weil die Ärzte nicht davon ausgehen, dass hier eine Misshandlung stattgefunden hat und auch keine weiteren Spuren von möglichen Misshandlungen vorliegen, so wie Sie die Angelegenheit auch geschildert haben
Das Jugendamt kann nach der gesetzlichen Grundlage eine Inobhutnahme nur dann vornehmen, wenn eine entsprechende Gefahr für das Kind besteht und die Sorgeberechtigten das Kind freiwillig herausgeben. Ansonsten wäre eine familiengerichtliche Entscheidung notwendig, die auch ohne weiteres im Rahmen einer einstweiligen Anordnung gehen könnte.
Da Sie das Kind freiwillig herausgegeben haben, ist die zunächst vollzogen.
Sie können dieser Inobhutnahme jedoch jederzeit widersprechen, womit dann entweder das Kind an Sie herausgegeben wird oder das Jugendamt dann eine gerichtliche Entscheidung erwirken muss.
Innerhalb der gerichtlichen Entscheidung werden dann durch das Familiengericht die Voraussetzungen der Inobhutnahme geprüft.
Gegen diesen entsprechenden Beschluss können Sie dann auch wieder vorgehen und auch ihre Ansicht darstellen.
Da die Inobhutnahme auch durch das Jugendamt wieder beendet werden kann, ist der Rat meines Kollegen nicht fernliegend, mit dem Jugendamt zu kooperieren und schnellstmöglich darzustellen, dass eine Gefährdung für das Kind nicht vorliegt. Dies sollten Sie durch die Inanspruchnahme von Hilfen und auch Nachweisen dem Jugendamt gegenüber deutlich machen.
Sofern das Jugendamt hierauf allerdings in den nächsten Tagen nicht eingeht, sollten sie anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen und der Inobhutnahme widersprechen, da, wie anfangs dargelegt, keine Gründe dafür sprechen, jedenfalls nach dem von Ihnen geschilderten Sachverhalt, dass eine Kindeswohlgefährdung vorliegt oder eine Kindesmisshandlung stattgefunden hat.
Sie sollten hier insbesondere damit argumentieren, dass eine eingehende Untersuchung des Kindes stattgefunden hat und hierbei keine Auffälligkeiten festgestellt worden sind. Sie sollten dem Jugendamt auch anbieten, die Räumlichkeiten bei Ihnen zu besichtigen und regelmäßige Besuche hinsichtlich der Pflege und Erziehung des Kindes zu vereinbaren.
Auch hätte bzw. muss das Jugendamt prüfen, ob Alternativen zur Inobhutnahme vorliegen, insbesondere mildere Mittel im Rahmen der Verhältnismäßigkeit, wie von mir die oben genannten Hilfen oder Kontrollen.
Lässt sich das Jugendamt hierauf nicht ein, liegt meines Erachtens kein weiterer Grund für eine Inobhutnahme vor und Sie sollten diese gerichtlich überprüfen lassen.
Ich hoffe, dass ich Ihnen zunächst hilfreich geantwortet habe und stehe Ihnen gerne weiterhin zur Verfügung.
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