Immobilienr./Versicherungsr.:Hausschad.:1Urs.vers.,1nicht
Beantwortet von Rechtsanwältin Anja Merkel, LL.M. in unter 2 Stunden
Fragestellung
Sehr geehrte Expertin, sehr geehrter Experte,
ich suche für die folgende spannende Frage eine möglichst klare juristische Aussage,
idealerweise ein zu dem Thema erteiltes Gerichtsurteil:
Zur Situation: Mein Reihenhaus hat Feuchtigkeit im Estrich und in den Wänden.
A) Die beiliegende Analyse hat ergeben, dass das meiste Wasser anscheinend Regenwasser durch eine mangelhafte Hausisolation (zum Erdreich hin) ist. Dieser Schaden ist durch eine Trocknung zu beseitigen (WZ, Kü, HWR, Bad, Flur) und ist nach den mir vorliegenden Erkenntnissen nicht versichert, Kosten ca. 8000 Euro.
B) Ferner hat die Analyse ergeben, dass in dem Estrich ferner Wasser aus einem Leck eines Abwasserrohres der Küchenspüle enthalten ist und zu Schimmelpilzbildung geführt hat (in 1/3 des WZ, Kü, HWR, Bad und Flur). Dieser Schaden ist versichert und ist nur durch einen Austausch des Estrichs zu beseitigen (lt. anl. Analyse) (Kosten ca. 20.000 Euro).
Mein Standpunkt: Ich sehe es so, dass die Hausversicherung Provinzial den Schaden der versichert ist zu 100% übernehmen sollte, (das heißt den Austausch des Estrichs in den unter B) benannten Flächen) unabhängig davon, dass parallel im Estrich ein zweiter Schaden durch Regenwasser entstanden ist [s.A)], der nicht versichert ist.
Meine Frage: Wie ist die Rechtslage und auf welche Rechtsgrundlagen begründet Sie sich (Gerichtsurteile, BGB, etc.)?
Ich wäre sehr, sehr dankbar für eine eindeutige Antwort (egal, ob sie für oder gegen mich spricht).
Auf jeden Fall vielen Dank im Voraus für Ihren Einsatz und Ihr Wissen,
netter Gruß, M. H.
PS1: Die Essenz habe ich dargestellt,falls Ihnen das nicht reicht, finden Sie Details zur Analyse und zur vorgeschlagenen Sanierung in dem Gutachten des Instituts IFS, dass von meiner Hausversicherung Provinzial beauftragt wurde und das ich anerkenne, der Gutachter erschien mir fair und kompetent.
PS2: In dem Gutachten des Instituts IFS findet sich noch eine 3.Ursache, die ich aus Gründen der EInfachheit weggelassen habe, da sie an der grundsätzlichen Frage nix ändert.
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
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Antwort von Rechtsanwältin Anja Merkel, LL.M.
Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihre Anfrage, welche ich aufgrund Ihrer Angaben und des Gutachtens folgendermaßen beantworte:
Meine Frage: Wie ist die Rechtslage und auf welche Rechtsgrundlagen begründet Sie sich (Gerichtsurteile, BGB, etc.)?
Ihre Frage zielt auf die Haftung bei Mitursächlichkeit ab.
Grundsätzlich steht Mitursächlichkeit haftungsrechtlich zur Alleinursächlichkeit grundsätzlich in vollem Umfang gleich gegenüberüber. Dies ist aber ausnahmsweise nicht der Fall, wenn feststeht,
dass die Mitursächlichkeit nur zu einem abgrenzbaren Teil des Schadens geführt hat. Einen solchen abgrenzbaren Teil des Schadens hat das Gutachten in Ihrem Fall festgestellt.
Dies hat zur Folge, dass sich die Haftung anteilig auf die verschiedenen Ursachen nach der Höhe des Grades der Ursächlichkeit, bzw. des Schadens verteilt wird.
Eine So-oder-so Haftung des Versicherers, d.h. die Beseitigung des Schadens im Rahmen seiner Regresspflicht, würde 100% des Estriches ausmachen und insofern die andere nicht regresspflcihtige Ursache
gleich mitbeheben, ist im Schadensersatzrecht so nicht vorgesehen.
Gem. § 249 BGB hat der Schädiger oder vertraglich Verpflichteter (Versicherung) den Geschädigten so zu stellen, als wäre das schädigende Ereignis nicht eingetreten. Eine besserstellung durch die
Schadensbeseitigung ist nicht vorgesehen. Liegen mehrere Ursachen für einen Schaden vor, so verteilt sich die Schadensbeseitigungspflicht auf die unterscheidlichen Verursachungen.
Ist nicht jede Ursache des Wasser- und Feuchtigkeitsschadens bei der Versicherung abgesichet und die Mitursächlichkeit klar abgrenzbar, so muss die Versicherung diesen teil nicht mit tragen, bzw. hat einen
finanziellen Ausgleichsanspruch gegenüber den Mitursacher und/oder der dafür regresspflichtigen Versicherung. Würde man eine so-oder-so Regresspflicht zulassen, dann stünde dies mit dem grundsätzichen Gebot zum Unfang
der Schadensersatzpflicht (so stellen als ob das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre) Widerspruch.
Im Ergebnis bedeutet dies, dass die Regresspflicht der Versicherung NICHT unabhängig vom parallelen Schaden im Estrich zu 100% alles abdeckt, sondern der Anteil der Mitsuche am Estrichschaden entsprechend herauszurechnen ist.
Da Sie das Gutachten so anerkennen, wird die Gebäudeversicherung, den nicht versicherten Schaden herausrechnen und Sie müssen sich kostenmäßig auch am Estrich beteiligen.
Urteile zur Mitursächlichkeit:
BGH, NJW 2002, 2709; BGH, VerR 2004, 1562; BGH,VI ZR 187/13
link zum grundsätzlichen §:
http://dejure.org/gesetze/BGB/249.html
Ich hoffe Ihnen eine erste rechtliche Orientierung gegeben zu haben.
Beste Grüße
Anja Merkel, LL.M.
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herzlichen DANK für Ihre schnelle Antwort und Ihre Ausführungen.
Damit ihre Erläuterungen mir auch wirklich helfen, muss ich sie noch besser verstehen, wäre es ausnahmeweise möglich, dass wir z.B. morgen zwischen 9.30 und 12 Uhr mal kurz telefonieren*?
Netter Gruß, M. H.
* = nach meiner Erfahrung (als Ingenieur mit "mail-süchtigen Kollegen" ;-) ist ein Telefonat oft viel zeitsparender als ein Mail-Ping-Pong
ich konnte erst jetzt auf Ihren Kommentar zugreifen, da der Portalbetreiber ein Umstellung für Experten vorgenommen hat. Vorerst habe ich bis 03.07. Zugriff, danach nur nach Bezahlung. Insofern können wir gern telefonieren, allerdings ist Ihr Zeitrahmen ja nun hinfällig. Ich bin heute bis 17 Uhr und dann am freitag wieder in der Kanzlei erreichbar. Ansonsten per Email.
herzlichen Dank für Ihre nette Reaktion.
Ich würde mich dann am Freitag um 9.00 Uhr
unter 0351 2749353 in Ihrer Kanzlei melden,
falls Ihnen das nicht recht sein sollte, machen Sie gerne einen anderen Vorschlag :-).
Nette Gruß, M. H.
PS: Heute klappt´s nicht mehr, Freitag bis ich von 7.00 bis 15.00 Uhr gut erreichbar
ich habe zum Thema Auslegung §249BGB noch ein interessantes Urteil gefunden, das ich gerne kurz von Ihnen bewertet haben möchte, inwieweit es unserer Sache dient: http://lexetius.com/2004,1252
"Bis gleich", M. H.
Wurde ein Grundstück durch verschiedene Ereignisse kontaminiert, so ist die erforderliche Bodensanierung auch dann als durch jedes der Ereignisse verursacht anzusehen, wenn sich alle vorhandenen Schadstoffbelastungen ohne zusätzlichen Aufwand mit derselben Sanierungsmethode beseitigen lassen.
Hat der Verkäufer in diesem Fall die aus einem der Ereignisse herrührende Schadstoffbelastung arglistig verschwiegen, während die weitere Kontamination einem Gewährleistungsausschluß unterfällt, muß sich der Käufer den mit der Ersatzleistung aus § 463 Satz 2 BGB a. F. verbundenen Vorteil, auch von den Folgen des dem Gewährleistungsausschluß unterfallenden Mangels entlastet zu werden, nicht durch einen Abzug "neu für alt" anrechnen lassen.