Illegale Beschäftigung einer Pflegekraft
Fragestellung
Sehr geehrte Frau Ordemann,
in meinem 3-Familienhaus wohnt mein pflegebedürftiger Vater. Zur Betreuung hat mein im Nachbarort wohnender Bruder aus Kostengründen seit Januar 2019 Pflegerinnen aus Moldawien engagiert, die nach 3monatiger Tätigkeit wechseln. Versicherungsnachweis und einen Nachweis für eine legale Beschäftigung haben wir in der Vergangenheit nie erhalten. Für die derzeitige Pflegekraft sollen wir in den nächsten Tagen Nachweise erhalten. Ein Beschäftigungsvertrag existiert nicht, das Entgelt (1.200 €) wird monatlich, von mir, vom Konto meines Vaters, in bar, der Pflegekraft übergeben.
- Mache ich mich strafbar, wenn ich wissentlich in meinem Haus diese Beschäftigung dulde?
- Kann ich mich rechtlich durch eine persönliche, schriftliche, eventuell von einem Anwalt beglaubigte Bedenklichkeits- bzw. Absicherungserklärung abgrenzen?
- Was wäre wenn dieser Pflegerin in meinem Haus ein Unfall passiert?
- Können Sie mir sagen, wie hoch die Strafe und Nachzahlung sein wird, falls diese eventuelle Schwarzarbeit aufgedeckt werden würde?
- Welche Institution können Sie vorschlagen, um anonym Anzeige wegen Schwarzarbeit zu erstatten?
- Wie erkenne ich, ob der Vertrag, der mir eventuell in Kürze zugesandt werden soll, legal ist?
Mit freundlichen Grüßen
Christina Schäfer
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Rechtsanwältin Uta Ordemann
Sehr geehrte Mandantin,
vielen Dank für Ihre Anfrage, zu der Folgendes anzumerken ist:
1.
Falls die Pflegekraft über eine ausländische Arbeitnehmerüberlassungsfirma im Rahmen einer Entsendung in Deutschland eingesetzt wird, ist diese Firma auch für die Zahlung des Arbeitsentgelts und die Abführung der Steuern und Sozialversicherungsbeiträge zuständig. Das Gleiche gilt, falls die Pflegekraft von einer deutschen Arbeitnehmerüberlassungsfirma verliehen wird. Allerdings haftet der Entleiher dann als Bürge, sollte die Arbeitnehmerüberlassungsfirma das Entgelt und die Lohnsteuer bzw. SV-Beiträge nicht entrichtet haben.
Zwar können Pflegekräfte aus osteropäischen Staaten zum Teil auch als Selbstständige mit ihrem eigenen Gewerbe tätig werden. Sobald sie aber nur für einen Auftraggeber tätig sind und dort in das Unternehmem bzw. den Haushalt eingegliedert sind, ist von einer Scheinselbstständigkeit auszugehen mit der Folge, dass die Behörden im Falle einer Überprüfung dann regelmäßig eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung annehmen. In diesem Fall sind dann vor allem auch die SV-Beiträge grundsätzlich für einen Zeitraum von bis zu 4 Jahren nachzuentrichten, sofern eine Anmeldung unterblieben ist. Für den Fall, dass der Entleiher bzw. Arbeitgeber Kenntnis davon hatte, dass ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorlag und er die Beiträge wissentlich nicht abgeführt hat, können diese auch noch für einen Zeitruam von bis zu 30 Jahren nachgefordert werden, so dass dies mit nicht unerheblichen finanziellen Risiken verbunden ist.
Falls die Pflegekraft über eine ausländische Arbeitnehmerüberlassung bei Ihnen eingesetzt wird, sollten Sie sich daher unbedingt bestätigen lassen, dass die Pflegekraft angestellt ist und für sie auch Abgaben wie insbesondere die SV-Beiträge entrichtet werden. Die Abführung der SV-Beiträge wird in der Regel mit der A1-Bescheinigung, die von den zuständigen ausländischen Behörden vor Ort ausgestellt wird, bestätigt.
2.
Falls die Pflegekraft nicht über eine Arbeitnehmerüberlassung bei Ihnen eingesetzt wird, sondern direkt von Ihnen angeworben wird, müssten Sie mit ihr einen Arbeitsvertrag schließen, wenn sie in den Haushalt eingegliedert und weisungsgebunden ist und nicht frei über ihre Arbeitszeit und ihren Arbeitsort entscheiden kann. In diesem Fall ist dann von einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis auszugehen, das der Sozialversicherungspflicht unterliegt. Zwar können Arbeitsverträge auch mündlich geschlossen werden. Es empfiehlt sich aber aus Beweisgründen immer die Schriftform. In dem Vertrag würden dann die wesentlichen Vertragsinhalte wie das Gehalt, die Arbeitszeit, die Einsatzzeit bzw die Befristung und der Urlaubsanspruch geregelt.
Bei der Höhe des Gehalts ist der Mindestlohn von derzeit 9,19 EUR brutto / Stunde zu beachten. Zudem müssten bei der Arbeitszeit die zulässigen Höchstarbeitszeiten nach dem Arbeitszeitgesetz sowie hinsichtlich des Urlaubs der Mindestanspruch nach dem Bundesurlaubsgesetz beachtet werden. Sie wären dann zudem verpflichtet, für die Pflegekraft Lohnsteuer und SV-Beiträge abzuführen.
3.
Im Falle des Vorliegens eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses und der Abführung von Lohnsteuer und SV-Beiträgen ist die Pflegekraft dann auch automatisch gegen Arbeitsunfälle gesetzlich versichert (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII). Falls die Pflegekraft aber als Selbständige tätig würde, wovon hier nicht auszugehen ist, müsste sie sich selbst gegen Arbeitsunfälle versichern. Sofern festgestellt würde, dass eine Scheinselbstsändigkeit vorliegt und für die Pflegekraft daher SV-Beiträge abzuführen waren, wären diese Beiträge nachzuentrichten. In der Regel wird der Pflegekraft dann nicht der Unfallversicherungsschutz versagt, wenn die Anmeldung der versicherungspflichtigen Beschäftigung durch den Arbeitgeber unterblieben ist. Der Arbeitgeber muss dann aber mit einem Bußgeld rechnen. Zudem kann die Vorenthaltung von SV-Beiträgen auch strafrechtliche Konsequenzen habe. So wird gemäß § 266a StGB mit Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft, wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung vorenthält. Auch stellt Schwarzarbeit, also die Beschäftigung von Mitarbeitern ohne die Beachtung der entsprechenden Mitteilungs- und Abführpflichten, grundsätzlich eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 8 SchwarzArbG dar.
Vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich unbedingt, bei Annahme eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses sicherzustellen, dass für die entsprechende Mitarbeiterin auch alle lohnsteuer- und sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften beachtet werden. Andernfalls kann dies sonst erhebliche Nachforderungen oder auch Bußgelder nach sich ziehen oder auch strafrechtliche Relevanz gemäß § 266 a StGB haben.
Für die Meldung bzw. Verfolgung von Schwarzarbeit sind die Hauptzollämter vor Ort zuständig.
4.
Hinsichtlich der Frage, ob der Vertrag, der Ihnen in Kürze übermittelt werden soll, rechtlich korrekt ist, kommt es zunächst darauf an, ob die Pflegekraft im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung an Sie verliehen wird oder ob Sie selbst einen Arbeitsvertrag mit ihr schließen. Falls die Pflegekraft über eine Arbeitnehmerüberlassung eingesetzt wird, müssten sie auf jeden Fall darauf achten, dass auch Lohnsteuer und SV-Beiträge für sie abgeführt werden. Im Falle einer Entsendung aus einem anderen Staat nach Deutschland sollten Sie sich die A1-Bescheinigung vorzeigen lassen.
Sofern Sie selbst als Arbeitgeber den Vertrag schließen, müssten Sie alle Pflichten eines Arbeitgebers erfüllen, also auch die Lohnsteuer und SV-Beiträge abführen. Zudem ist darauf zu achten, dass u.a. auch das Mindestlohngesetz eingehalten wird und das Arbeitszeitgesetz. Gern prüfe ich den Vertrag auch noch eingehend, sobald dieser Ihnen vorliegt.
Falls noch weitere Fragen bestehen, melden Sie sich jederzeit gern.
Mit freundlichen Grüßen
Uta Ordemann
Rechtsanwältin
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