Identitätsfeststellung von Passagieren bei mögl. Fundunterschlagung
Fragestellung
Sehr geehrte Damen und Herren,
Am 28.08.2017 flog ich mit einer deutschen Fluggesellschaft von einem deutschen Flughafen (CGN) nach Barcelona (BCN), vergaß jedoch im Stress als "letzter Fluggast" die meine Laptoptasche (mit Laptop und Pässen, WBW ca. 2.100 €) im Flugzeug auf meinem Sitz oder Nebensitz (21D od. 21E). Dieser Flieger flog ab 19.30 Uhr zurück nach Köln, nach noch nicht gesicherten Informationen über ohne ein Betreten von Reinigungspersonal. Wir selbst konnten beim Verlassen der Maschine das sofortige Besteigen der Maschine durch die Passagiere des Rückfluges beobachten.
Der finanzielle Verlust wäre - trotz des Wertes noch am ehesten zu verschmerzen. Was nicht zu verschmerzen wäre, sind die Fotos der Tochter seit Ihrer Geburt und andere Familienbilder, die drohen, mit dem Laptop unter zu gehen - hierneben ein paar dienstl. Daten VS-NfD. Daher ist die Wiedererlangung des Laptops das primäre - die Durchsetzung von Schadensersatz das sekundäre Ziel.
Ich schrieb daraufhin - nach Negativantworten 8 anderer Ansprechstellen (Fundbüros in Dtl. und Span.) - ab dem 30.08.2017 mehrmals die Fluggesellschaft an - bis heute (nach 3 Wochen) jedoch ohne Antwort.
Am 30.08.2017 und 01.09.2017 habe ich (aus dem Urlaub) per E-Mail ebenfalls Strafanzeige gegen Unbekannt (Fundunterschlagung/Diebstahl) bei der Bundespolizei (BPol) und der katalanischen Landepolizei (Mossos d'Escuadra) Strafanzeige erstattet.
Der Beamte Herr C. vom Ermittlungsdienst der BPol hat dankenswerterweise sofort zum gelandeten Rückflug eine Kameraauswertung gefahren, beim beauftragten Flugabfertiger angefragt und mich in per Handy in Spanien informiert (Ergebnis: nevativ).
Zurück in Deutschland, fragte ich Herrn C. am 06.09.2017 per E-Mail, ob er -im Rahmen seiner Ermittlungen ebenfalls eine "Identitätsfeststellung" meines "Sitznachfolgers" (Rückflug) als mögl. Zeugen/Finder oder des Bordpersonals (oder mehr) über die Fluggesellschaft durchführen könnte. Er antwortete am 08.09.2017 Folgendes:
"Eine , wie von Ihnen genannte, Stellungnahme von [der Fluggesellschaft] wird meinerseits nicht eingefordert.
Hierzu möchte ich auch zu Bedenken geben, dass doch sehr viele Personen die Möglichkeit gehabt hätten, dass Laptop und die Dokumente an sich zu nehmen."
Ergänzend bat ich den Ermittlungsdienst, meinen Handy-Stick (ebenfalls in der Tasche) zu orten. Hierzu warte ich noch auf Antwort.
In meiner Not versuche ich jede Möglichkeit auszuloten, wie ich in diesem Fall noch zu Ergebnissen kommen könnte. Deshalb frage ich mich:
Ist es wirklich so, dass die BPol keine Identitätsfeststellung machen oder die Übertragung entsprechender Daten von der Fluggesellschaft verlangen kann ? (vgl. § 163b STPO: "Wenn und soweit dies zur Aufklärung einer Straftat [hier: Fundunterschlagung] geboten ist, kann auch die Identität einer Person festgestellt werden, die einer Straftat nicht verdächtig ist.")
Ich möchte hier niemandem zu nahe treten - Polizeiarbeit ist Sache der Polizei und leider Prioritäten unterworfen, zu denen vielleicht nicht unbedingt die Verfolgung einer Fundunterschlagung/eines Diebstahls (derzeit Anzeige gegen "Unbekannt" gehört).
Aber wenn es um die Suchen von Zeugen oder Findern verlorener Gegenstände in einem Flugzeug geht, wäre da - in meinem Fall - die Feststellung des Fluggastes auf meinem ehemaligen Sitz oder Nebensitz (21D od. 21E) des Rückfluges (der ja bekannt ist) nicht zielführend und einforderbar, wenn ja mit welcher rechtl. Argumentation und wenn nein, woran würde es scheitern ?
Wäre bei Gewinnung entsprechender Daten dann ein Rechtsanwalt befugt, diese Daten einzusehen (§ 475 STPO) einzusehen, und zivilrechtl. Errmittlungen anzustellen ?
Ich bedanke mich im Voraus für Ihre (ehrliche) Einschätzung der rechtlichen Möglichkeiten, in diesem Fall weiter zu kommen.
Mit freundliche Grüßen
D. K.
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Antwort von Rechtsanwältin Sylvia True-Bohle
Sehr geehrter Ratsuchender,
auch wenn der Verlust der Bilder sicherlich sehr schmerzhaft ist, sehe ich derzeit wenig Erfolgsaussichten für Ihre weiteres Vorgehen:
Die Anlehnung der Ermittlungsbehörden ist nachvollziehbar und nach meiner Auffassung auch richtig, denn in der von Ihnen genannten Vorschrift wird auf "wenn geboten" verwiesen, so dass immer eine Interessenabwägung im Rahmen des Verhälntnismäßigkeitsgrundsatz zu erfolgen hat.
Bereits daran wird es dann scheitern, da es eben "nur" eine eine Fundunterschlagung wäre, die die gewünschte Maßnahme eben unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit kaum zulassen würde (unabhängig davon, dass auch Maßnahmen gegen Unverdächtige durchgeführt werden müssten, also auch der sicherlich zu unterstellende Gegenwille vorliegt).
Insoweit halte ich daher die Fallbehandlung der Polizei für korrekt.
Auch ein Rechtsanwalt kann dann diese Daten weder einsehen, noch weitergehende Ermittlungen einsehen, da dann der Datenschutz jeglicher Auskunftsersuchen (zu recht) entgegenstehen würde.
Den einzigen Ansatzpunkt sehe ich daher darin, den Handy-Stick orten zu lassen, um damit den Standort zu ermitteln.
Sicherlich nicht die erhoffte Antwort; aber falsche Hoffnung wecken, hilft nicht weiter.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwältin
Sylvia True-Bohle
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ich danke Ihnen für Ihre schnelle (ehrliche) Bewertung der Situation.
Da ich gegenüber der Bundespolizei zum weiteren Vorgehen belastbar argumentieren möchte (siehe Detailtiefe der Antwort = "hoch"), wäre ich dankbar, wenn Sie meinen Fall
a) zu der Ermittlungsmöglichkeit der Identitätsfeststellung bzw. Datenerhebung bei "dritten" möglichen Zeugen (hier "Sitznachfolger" und "Kabinencrew") durch die Bundespolizei gem. § 163 STPO (wenn überhaupt einschlägig - da die Identitätsfeststellung ja nicht an der anwesenden dritten Person erfolgt),
b) zu der Ortung (meines) Datensticks gem. § 100i STPO und
c) zur Akteneinsicht eines Rechtsanwalts gem. (§ 475 STPO
jeweils unter die betreffende Vorschrift subsumieren und hierbei die (Un-)Verhältnismäßigkeit der Maßnahme präzisieren könnten (geeignet?, erforderlich?, angemessen?).
Ich bedanke mich Im Voraus !
Mit freundlichen Grüßen
D. K.
die Alternativfrage war:
wenn ja mit welcher rechtl. Argumentation und wenn nein, woran würde es scheitern?
Da es keine rechtliche Argumentation ffür ein "Ja" gibt, fällt es schwer, Ihnen nun Argumente dafür liefern zu können.
Das "Nein" wurde mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gegründet, dazu gerne noch weitere Ausführungen:
Es würde gegen einen Unschuldigen ermittelt werden müssen. Denn Sie wissen eben nicht, ob der nachfolgende Passagier der ist, der ein Fund unterschlagen hat.
Stellen Sie sich den umgekehrten Fall vor, bei Ihnen würde plötzlich die Polizei vor der Tür stehen, weil Sie einen bestimmten Sitz benutzt haben und fargen, ob Sie einen Fund nicht abgegeben hätten.
Nicht nur, dass der Beleidigungstatbestand erfüllt sein dürfte (immerhin werden Sie als Täter einer Straftat vermutet), auch würde die Frage, woher mann die Sitznutzung kennt, berechtigterweise gestellt und mit dem Datenschutz verglichen werden.
Im Rahmen der Verhältnismäßigkeit ist dabei auch zu prüfen, was denn so eine (unzulässige) Namensfeststellung bringen soll:
Gegenüber einem Unschuldigen (und das ist der nachfolgende Passagier) sind nach 163 b StGB nur zulässig:
a) Festhalten, um bestimmte Identifizierungsmaßnahem durchzuführen
(das ist aber nicht mehr notwendig, die die Identifizierung ja schon stattgefunden hätte)
b) Durchsuchen
(das ist nur zulässig, wenn damit die Identifizierung ermöglicht werden soll und darf nur mit Willen des betroffenen vorgenommen werden
c) Erkennungsdienstliche Behandlung
(die auch nicht in Betracht kommt, da es zur Identifizierung nicht erforderlich ist).
All diese Folgen wären also ausgeschlossen, so dass dann die Maßnahme von vornherein erfolglos sein muss was dann zur Unverhältnismäßigkeit führt.
Ich hoffe, dass es nun etwas deutlicher geworden ist.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwältin
Sylvia True-Bohle
ich danke Ihnen für Ihre Antwort auf meine heutige Nachfrage und Präzisierung Ihrer gestrigen Ausführungen zur Identitätsfeststellung bzw. Datenerhebung bei "dritten" möglichen Zeugen (a).
Da - wie von Ihnen beschrieben - die Ortung (meines) Datensticks gem. § 100i STPO (b) als rechtliche Möglichkeit verbleibt und ich - wie beschrieben - gegenüber der Bundespolizei zum weiteren (verhältnismäßigen) Vorgehen belastbar argumentieren möchte, bitte ich auch um entsprechende Konkretisierung hierzu (Verhältnismäßigkeit der Maßnahme)
Ich bedanke mich Vorab und wünsche ein schönes Wochenende !
Mit freundlichen Grüßen
D.K.
bitte sehen Sie sich die Ausgangsfrage an:
1)
Ist es wirklich so, dass die BPol keine Identitätsfeststellung machen oder die Übertragung entsprechender Daten von der Fluggesellschaft verlangen kann ?
Ja, das ist so - ich verweise auf die bisherigen Ausführungen.
2)
Aber wenn es um die Suchen von Zeugen oder Findern verlorener Gegenstände in einem Flugzeug geht, wäre da - in meinem Fall - die Feststellung des Fluggastes auf meinem ehemaligen Sitz oder Nebensitz (21D od. 21E) des Rückfluges (der ja bekannt ist) nicht zielführend und einforderbar, wenn ja mit welcher rechtl. Argumentation und wenn nein, woran würde es scheitern ?
Nein, wie ebenfalls bereits beschrieben, wird es scheitern.
3)
Wäre bei Gewinnung entsprechender Daten dann ein Rechtsanwalt befugt, diese Daten einzusehen (§ 475 STPO) einzusehen, und zivilrechtl. Errmittlungen anzustellen ?
Auch dazu hatte ich bereits in der Erstantwort Stellung genommen.
Daher bitte ich um Verständnis, dass eine Ausweitung Ihrer Fragestellung nicht mehr zum Leistungsumfang gehört - nur soviel: Ich habe keineswegs auf 100i StPO verwiesen, so dass nicht die Ermittlungsbehörden ermitteln, sondern Sie diese Ortung dann zivilrechtlich in Auftrag geben müssen.
Auch Ihnen ein schönes Wochenende und nach Rückkehr aus meinem Jahresurlaub stehe ich gerne weiter zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwältin
Sylvia True-Bohle