Hausfriedensbruch ohne Gesetz
Fragestellung
Ich war am 11.10.2017 von einem Amtsgericht wegen Hausfriedensbruch nach § 123 StGB in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte zu einer Haftstrafe verurteilt worden. Grund: Ich hatte mich geweigert, der Aufforderung eines Busfahrers im Schienenersatzverkehr Folge zu leisten, mit meinem Fahrrad den letzten Bus zu verlassen, obwohl das Fahrrad problemlos im Bus untergestellt werden konnte und kein Rollstuhl oder Kinderwagen Platz beanspruchte. Ich war im Besitz einer gültigen Fahrkarte, hatte keine strafbare Handlung begangen und die Mitnahme des Fahrrads war nicht verboten. Dennoch wurde ich von Polizisten aus dem Bus gezerrt und gefoltert. Das interessierte den voreingenommenen Richter nicht. Aber: Nulla poena sine lege, denn der § 123 sieht Hausfriedensbruch nur bei einem widerrechtliches Betreten oder Aufhalten an einem Ort vor, was durch die Fahrkarte und die bis dahin durchgeführte Beförderung im Zug jedoch nicht gegeben war. Auch der Widerstand gegen die Polizisten war nicht strafbar, weil sie bei dieser Zivilangelegenheit keinen Eingreifgrund hatten. Da gab es nach § 113 StGB nichts zu Vollstrecken; vor allem lag von meiner Seite keine Anwendung von Gewalt oder eine Drohung mit Gewalt vor.
Ich benötige nun einen Anwalt für die Einlegung der Berufung und für das Berufungsverfahren beim LG Darmstadt.
Der Richter hat in seiner Urteilsbegründung gesagt, dass die mehrmalige Aufforderung des Busfahrers den Hausfriedensbruch begründete. Wie, wenn jemand etwas mehrmals sagt, wird es zum Strafgesetz? Der Busfahrer darf also in einem rechtsfreien Raum über andere Menschen willkürlich entscheiden, wenn er nur hartnäckig genug ist? Wo steht denn dieses Gesetz?
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Rechtsanwältin Sylvia True-Bohle
Sehr geehrte(r) Ratsuchendende(r),
nach § 4 Abs. 1 der Verordnung über die Allgemeinen Beförderungsbedingungen für den Straßenbahn- und Obusverkehr sowie den Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen ist den Anordnungen des Beförderungspersonals Folge zu leisten.
Das haben Sie nicht getan.
Nach § 11 Abs. 1 besteht kein Anspruch auf Beförderung von Sachen.
Insoweit sind Sie also in einem doppelten Irrtum:
Es bestand kein Anspruch auf Beförderung des Fahrrades und der Anordnung des Fahrers, den Bus zu verlassen, hätten Sie Folge leisten müssen.
Dieser hatte also das Recht dazu, Sie zum Verlassen des Busses aufzufordern und die Missachtung stellt dann einen Hausfriedensbruch dar.
Nach Ihrer Schilderung werden Sie mit der Berufung daher keinen Erfolg haben, sondern vielmehr weitere Kosten zu tragen haben.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwältin
Sylvia True-Bohle
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Sie schreiben:
"Ich hatte ein Frage aus dem Bereich Strafrecht gestellt.
Inzwischen habe ich einen Anwalt in meiner Nähe aufgesucht, um mich beraten zu lassen.
Die Antwort Ihrer Anwältin war falsch. Zum einen handelt es sich hier nicht um die Allgemeinen Beförderungsbedingungen, die zumeist nicht anwendbar sind, zum zweiten ist eine Berufung (€ 650,--) alleine wegen der unangemessenen Höhe der Strafe notwendig und zum dritten liegt dem Fall eine zivilrechtliche Angelegenheit zu Grunde, die erst verhandelt werden muss.
Ich bitte Sie daher, meine Anfrage zu stornieren."
1.) Es wurden keine Nachfragen gestellt.
2.) Nach der Schilderung ging es um eine STRAFrechtliche Verurteilung wegen Hausfriedesbrunch und Widerstand gegen Polizeibeamte.
3.) Beide (Straf)Tatbestände waren nach der Schilderung erfüllt.
4.) Ein Strafrichter hat eine entsprechende Verurteilung ausgesprochen. Eine zivilrechtliche Entscheidung ist nicht notwendig; der Strafrichter entscheidet selbst und unabhängig von Zivilverfahren.
5.) Die Beförderungsbedingungen waren Gegenstand der Beratung. Denn genau steht es eben, dass den Anordnungen Flge zu leisten ist.
6.) Diese Bedingungen sind nur dann nicht anwendbar, wenn beim Ratsuchender § 104 BGB Anwendung findet.
7.) Die Höhe der Strafe wurde in der Frage nicht genannt und war auch nicht Gegenstand der Beratung. Es ging allein um die grundsätzliche Frage zum Hausfriedensbruch.