Handy in der Schule
Fragestellung
Hallo,
mir wurde heute in der Schule (40 Minuten vor Unterrichtsbeginn) mein Handy abgenommen. Ich hatte es nur kurz aus der Tasche geholt um auf die Uhr zu sehen. Dies hat eine Lehrerin beobachtet und das Handy natürlich sofort "beschlagnahmt".
Laut Schulordnung dürfen keine Digitalen Speichermedien im AN-Zustand mitgeführt werden! Wird man trotzdem mit einem solchen Gerät erwischt wird das Gerät für EINE WOCHE von der Schule eingezogen!
Ist dies rechltich gesehen eigentlich möglich?
Heutzutage ist man schließlich fast abhängig davon ein Handy zu besitzen!
Soweit ich weiß, darf die SChule das Handy höchtstens bis Ende des Unterrichts einbehalten. Stimmts das?
LG A. (18 Jahre, Schülerin der FOS Fürth)
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Rechtsanwalt Ingo Driftmeyer
Sehr geehrte(r) Ratsuchende(r),
vielen Dank für Ihre Anfrage!
Nachfolgend möchte ich gerne unter Berücksichtigung Ihrer Sachverhaltsschilderung sowie Ihres Einsatzes Ihre Frage wie folgt beantworten:
1. Auch wenn die Schulordnung an Ihrer Schule die Einziehung eines Handys für eine Woche vorsieht, ist diese Regelung an höherrangigem Recht zu messen.
In § 16 der bayrischen Fachober- und Berufsoberschulordnung ist geregelt, dass die Schule Ordnungsmaßnahmen, sonstige Erziehungsmaßnahmen und Maßnahmen des Hausrechts gegen den Schüler verhängen kann, wenn er den Schulbetrieb stört.
Diese Maßnahmen unterliegen jedoch stets dem im öffentlichen Recht geltenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
2. Darüber hinaus regelt der hier ebenfalls anwendbare § 56 Abs. 5 Bayerisches Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen ausdrücklich folgendes:
„Im Schulgebäude und auf dem Schulgelände sind Mobilfunktelefone und sonstige digitale Speichermedien, die nicht zu Unterrichtszwecken verwendet werden, auszuschalten. Die unterrichtende oder die außerhalb des Unterrichts Aufsicht führende Lehrkraft kann Ausnahmen gestatten. Bei Zuwiderhandlung kann ein Mobilfunktelefon oder ein sonstiges digitales Speichermedium vorübergehend einbehalten werden.“
Nicht ausdrücklich geregelt ist, dass das Handy bereits am Ende des Schultages wieder auszuhändigen ist.
Bei der Auslegung, was ein „vorübergehendes“ Einbehalten des Mobilfunktelefons ist, ist aber der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz heranzuziehen.
D.h. die gegenüber dem Schüler getroffene Sanktion muss im Verhältnis zu der Schwere der Verfehlung und dem Ausmaß der Störung des Schulbetriebes stehen.
Da hier nach Ihren Angaben, weit vor Unterrichtsbeginn das Telefon nur wie eine Uhr benutzt wurde ist davon auszugehen, dass die Störung des Schulbetriebes geringfügig war.
Eine Einbehaltung des Handys für eine Woche geht weit über den erzieherischen Zweck der Sanktion hinaus.
Zudem ist sehr fraglich, ob sich die Schule bei einer volljährigen Person überhaupt auf eine erzieherische Zwecksetzung berufen kann.
Bei einer volljährigen Person dürfte eine Einbehaltung des Handys in erster Linie nur dann gerechtfertigt sein, wenn es zu einer akuten Störung des Unterrichtes (z.B. klingelndes Handy während der Schulstunde) kommt, nicht dagegen präventiv, wenn das Handy vor Schulunterricht aus der Tasche genommen wird.
In jedem Fall erscheint die Schulordnung auf Grund der langen Dauer der Einbehaltung unverhältnismäßig und damit unwirksam.
3. Nach der o.g. Vorschrift § 56 Abs. 5 Bayerisches Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen kann die Lehrkraft jedoch auch Ausnahmen gestatten.
Rechtlich gesehen handelt es sich dabei um eine Ermessensentscheidung, was jedoch nicht als freies Ermessen (Gutdünken) zu verstehen ist, sondern die Lehrkraft ist verpflichtet Ihr Ermessen pflichtgemäß auszuüben.
Dabei ist Sie wiederum an den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz – wie unter 2 dargestellt – gebunden.
Insbesondere die Nutzung vor Schulunterricht und nur um die Uhrzeit abzulesen, sprechen –wie gesagt – deutlich dafür, dass die Einbehaltung für eine Woche überzogen und damit rechtswidrig und aufzuheben ist.
Hinzu kommt natürlich, dass man gerade in Notfällen auf ein Handy angewiesen ist. Auch dies deutet darauf hin, dass die Einbehaltung für eine Woche unrechtmäßig ist.
4. Nach Art. § 56 Abs. 2 Nr. 5 Bayerisches Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen haben Sie das Recht, sich wegen der Einbehaltung des Handys bei der betreffenden Lehrkraft und anschließend bei der Schulleitung zu beschweren und die Herausgabe des Handys zu verlangen.
Ich würde Ihnen entsprechend raten, die Lehrerin darauf anzusprechen und falls diese sich weigert, mit der Schulleitung zu sprechen.
Ich hoffe, Ihnen eine erste rechtliche Orientierung ermöglicht zu haben und wünsche Ihnen viel Erfolg und alles Gute!
Ich möchte Sie gerne noch abschließend auf Folgendes hinweisen:
Die von mir erteilte rechtliche Auskunft basiert ausschließlich auf den von Ihnen zur Verfügung gestellten Sachverhaltsangaben. Bei meiner Antwort handelt es sich lediglich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes, die eine vollumfängliche Begutachtung des Sachverhalts nicht ersetzen kann.
Ich hoffe, dass Ihnen meine Ausführungen geholfen haben.
Bei Nachfragen nutzen Sie gern die kostenlose Nachfragefunktion.
Mit freundlichen Grüßen
Ingo Driftmeyer
Rechtsanwalt
Sie haben eine Frage im Bereich Zivilrecht?
Raten Sie nicht weiter!
Unsere Rechtsanwält*innen geben Ihnen gerne eine kostenlose
Ersteinschätzung zu Ihrem Anliegen.
Jetzt kostenlose Ersteinschätzung einholen