Handelsvertreter - Rückzahlung Ausbildungskosten
Fragestellung
Sehr geehrter Herr Joachim,
vom 01.01.2013 bis zum 30.06.2014 war ich für ein Maklerunternehmen nach §§ 93 ff HGB als selbstständiger Finanzberater (Ausschließlichkeitsagent) im Sinne der §§ 84 ff HGB tätig.
Ich beendete den Vertrag fristgerecht zum 30.06.2014.
In den ersten vier Monaten (bis April 2013) habe ich eine Ausbildung zum "Versicherungsfachmann IHK" auf Kosten des Maklerunternehmens absolviert. Zu den Kosten gehören die Lizenzkosten für eine EDV-Lernplattform, Trainerkosten, die Prüfungsgebühr und die Übernachtungskosten während des Trainings.
Der von mir unterschriebene Handelsvertretervertrag hat folgenden Inhalt: "Wenn der Berater innerhalb von zwei Jahren ab Anmeldung zur IHK-Prüfung aus dem Unternehmen ausscheidet (Kündigung durch den Berater,...), erstattet der Berater einen Teilbetrag i.H.v. pauschal 1000,- Euro inkl USt. Die Pauschale ist mit der Beendigungserklärung fällig und mit Provisionen/Erlösen verechenbar."
Daher habe ich nach meiner Kündigung zunächst mit der Rückzahlungsaufforderung gerechnet. Als ich in den Monaten nach der Kündigung zunächst nichts dergleichen gehört habe, hat sich die Hoffnung aufgetan, dass ich um die Rückzahlung herumkomme.
Diese Hoffnung wurde mit einem tabellarischen Schreiben im November 2014 verstärkt. Die Überschrift lautete „AUSKUNFT“. Es wurden mehrere Punkte/Fragen aufgelistet, welche mit einem Kreuz bei „Ja“ oder „Nein“ durch das Maklerunternehmen beantwortet wurden. Alle Punkte wurden vom Maklerunternehmen verneint. Einzelne Punkte möchte ich folgend aufführen:
3a) Liegen unerledigte Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse? – NEIN
Höhe der (Rest-) Schuld beim Ausscheiden: EUR (Feld leer)
5a) Bestand beim Ausscheiden ein rückforderbarer Saldo (nicht verdiente Provisionen, Provision-Vorschuß o.ä.)? – NEIN
6b) Wurden Gelder kassiert und nicht abgeführt? – NEIN
Nach diesem Schreiben bin ich fest davon ausgegangen, dass keine Rückerstattung mehr zu zahlen ist. Ich habe es mir so erklärt, dass ich „im Guten“ mit meinen Vorgesetzten auseinandergegangen bin und heute Mandant bei diesem Unternehmen bin.
Nun kam am im Februar 2015 ein weiteres Schreiben: „Endabrechnung Ihres Agenturkontos zum 31.12.2014“ mit der Zahlungsaufforderung über 1.000€ (Pauschale lt. Vereinbarung) innerhalb ca. eines Monats.
Ich war ziemlich platt, da ich mit der Zahlung nicht mehr gerechnet habe. Daher möchte ich Sie fragen, ob Sie einen rechtlichen Weg sehen, dass ich diese Rückerstattung nicht leisten muss. Mir gehen zwei Punkte durch den Kopf:
1) Im Vertrag steht „Die Pauschale ist mit der Beendigungserklärung fällig…“. Wenn mit Beendigungserklärung meine Kündigung gemeint ist, ist diese bereits im März 2014 eingereicht worden. Gibt es eine Frist in der die Forderung des Maklerunternehmens verfällt?
2) Die Auskunft, welche ich im November 2014 erhalten habe, war, zumindest für mich, sehr irreführend. Für mich klang es, als ob keine weiteren Verbindlichkeiten (keine Pfändungs-oder Überweisungsbeschlüsse, kein rückforderbarer Saldo) gegenüber dem Maklerunternehmen besteht. Sehen Sie hier eine Möglichkeit?
Für Ihre Hilfestellung bedanke ich mich im Voraus.
Freundliche Grüße
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Rechtsanwalt und Mediator Christian Joachim
Sehr geehrter Fragesteller,
grundsätzlich gehe ich davon aus, dass eine Rückzahlung wohl rechtmäßig sein dürfte.
Dies aus folgenden Gründen:
Zunächst ist durch die Bestimmung des Fälligkeitsdatums nicht klargestellt, dass sie auch bis zu diesem Zeitpunkt zahlen müssen. Fälligkeit bedeutet, dass ab diesem Zeitpunkt der Anspruch wirksam und möglicherweise durchsetzbar wird. Der mögliche Verfall des Anspruchs richtet sich sodann nach den Verjährungsvorschriften, sofern vertraglich nichts anderes vereinbart worden ist. Hier gilt die allgemeine dreijährige Verjährungsfrist, so dass hier nach noch nicht mal einem Jahr der Anspruch weiterhin durchsetzbar sein dürfte.
Auch die Auskunft, dass in gewissen Positionen keine Ansprüche mehr bestehen sollen, hilft hier nicht weiter, da möglicherweise mit der Auskunft keine Art eines Verzichtes auf den möglichen Anspruch ausgesprochen worden sein soll.
Zum einen kommt es darauf an, gegenüber wem und für wen die Auskunft erstellt worden ist und zum anderen, ob hier auch mit dieser Auskunft eben der Anspruch aus der Ausbildungsvergütung mitumfasst war.
Wenn die Auskunft gegenüber einem Dritten ergangen ist, so ist sie zunächst für sie selbst nicht verbindlich, da ein Verzicht immer gegenüber dem Anspruchsinhaber erklärt werden muss. Ist die Auskunft ihnen gegenüber erteilt worden, so könnte sich hieraus ein Verzicht dann ergeben, wenn die Gegenseite ausdrücklich auf eine entsprechende Forderung verzichten wollte. Aus der Auskunft geht allerdings zunächst die Mitteilung hervor, dass nach Auffassung des Anspruchsinhabers keine Ansprüche mehr bestehen und hier auch der streitgegenständliche Anspruch nicht konkret benannt wurde.
Dies dürfte für einen Verzicht im konkreten Umfang wohl eher nicht erreichen. Hier dürfte es gerade an einer auch rechtlichen am rechtlichen Willen fehlen, dass ein Verzicht vorliegt.
Auch ist die Höhe der Rückzahlung nicht unangemessen in Bezug auf die wirtschaftlichen Verhältnisse. Hier würde eine Unwirksamkeit einer solchen Rückzahlungsklausel dann bestehen, wenn die Entschädigung ohne Beachtung einer zeitlichen Grenze gefordert wird oder die Entschädigung insgesamt zu hoch wäre.
In diesem Zusammenhang verweise ich auf folgende Entscheidung, die auch noch einmal hinsichtlich der Höhe und der Rechtmäßigkeit einer solchen Rückzahlungsklausel Auskunft gibt:
http://www.ra-buechner.de/meldungen/M123-BAG--Klausel-bzgl--Erstattung-von-Ausbildungskosten-bei-Handelsvertreter-ist-zul%E4ssig.php
Alles in allem sollten sie aber trotzdem gegebenenfalls noch einmal mit dem damaligen Vertragspartner sprechen, gerade wenn sie dann auch Versicherungen bei diesem halten. Möglicherweise ist dann eine Reduzierung oder Anpassung des Betrages möglich.
Bis hierher hoffe ich, Ihnen hilfreich geantwortet zu haben und stehe bei weiterem Nachfragebedarf gerne zur Verfügung.
Viele Grüße
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