Gleichbehandlung nach Art. 3 I GG , Ablehnung Bauantrag wegen Bebauungsplan
Fragestellung
Die Baubehörde hat meinen Bauantrag auf den Umbau und Aufstockung meines Zweifamilienhauses abgelehnt mit dem Hinweis auf den Bebauungsplan, der nur 2 WOE pro Haus zuläßt.
Mittlerweile habe ich die Baugenehmigung für den Umbau erhalten, aber nicht für eine dritte Wohnung. Aus diesem Grund möchte ich auf Gleichbehandlung nach Art. 3 I GG klagen.
Im Anhang schildere ich den Sachverhalt und sende Ihnen die Stellungnahme der Stadt Eppstein zu meinem Bautrag um zu fragen wie meine Erfolgsaussichten sind und ob Sie mich bei ausreichenden Erfolgsaussichten in dieser Angelegeheit vertreten.
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Antwort von Rechtsanwalt Gero Geißlreiter
Sehr geehrter Ratsuchender,
leider dürfte die Ablehnung durch die Gemeinde rechtmäßig sein.
Maßgebliche Rechtsnorm ist hier § 31 Abs. 2 BauGB. Die Grundzüge der Planung bilden die den Festsetzungen des Bebauungsplans zu Grunde liegende und in ihnen zum Ausdruck kommende planerische Konzeption. Werden sie berührt, darf eine Befreiung nicht erteilt werden.
Zu den Befreiungsmöglichkeiten hat sich beispielsweise der für Sie zuständige Hessische Verwaltungsgerichtshof wie folgt geäußert: Eine Befreiung von einer Festsetzung, die für die Planung tragend ist, darf nicht aus Gründen erteilt werden, die sich in einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle oder gar für alle von einer bestimmten Festsetzung betroffenen Grundstücke anführen ließen (Beschluss vom 13.02.2017 - 3 A 2706/15.Z -), weil sie auf diese Weise die Grundzüge der Planung berühren. Der Bebauungsplan setzt bei Ihnen im Ergebnis ein „aufgelockertes Ein- und Zweifamilienhausgebiet“ fest. Bei einer größeren Anzahl von Geschossen würde sich dieser Eindruck grundlegend ändern (so auch OVG Hamburg für eine „Zweiwohnungsklausel“: Beschluss vom 05.06.2009 - 2 Bs 26/09 -). Danach kann Ihnen für Ihr Bauvorhaben keine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB erteilt werden.
Sie stellen die Frage, ob sich ein solcher Genehmigungsanspruch bzw. Befreiungsanspruch jedenfalls aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Grundgesetzes, Art. 3 Abs. 1 GG, ergeben würde. Im Falle des dreigeschossigen Hauses liegt die Situation vor, dass rechtliche Ausgangslage die vorhandene Dreigeschossigkeit war. Offensichtlich war man damals noch nicht der Auffassung, dass ein Dachausbau die Grundzüge der Planung berührt. Die danach stattgefundene Nutzungsänderung von einer Arztpraxis zu einer Wohnnutzung ändert jedenfalls an dem vorhandenen äußeren Eindruck des Gebäudes nichts mehr. Auf diesen Eindruck kommt es nach den Festsetzungen des Bebauungsplanes nach den Ausführungen der Gemeinde vom 09.11.2017 maßgeblich an. Es macht rechtlich vor dem Hintergrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes also einen Unterschied, ob man das äußere Bild verändert oder ob man nur innerhalb des vorhandenen Baukörpers Nutzungen ändert.
Sollte der maßgebliche Bebauungsplan schon zu der Zeit gegolten haben, als der Dachausbau bei dem von Ihnen benannten Referenzobjekt genehmigt wurde, hätten wir den Fall, dass es keine Gleichheit im Unrecht gibt. Selbst wenn die damalige Genehmigung bzw. Befreiung rechtswidrig gewesen sein sollte, können sich andere Bauherrn im Baugebiet also nicht darauf berufen. Etwas anderes würde sich erst dann ergeben, wenn der Bebauungsplan durch eine Vielzahl solcher Befreiungen funktionslos geworden und deshalb nicht mehr rechtlicher Maßstab wäre (vgl. zu alledem Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg [Hrsg.], BauGB, Kommentar, § 31, Stand: Februar 2015, Rz.37a).
Nachfragen beantworte ich gerne.
Beste Grüße von Gero Geißlreiter, Rechtsanwalt
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Warum ich überlege die Stadt Eppstein wegen Verstoss
der Gleichbehandlung nach Art. 3 I GG zu verklagen ist wie folgt:
Im Magistrat hat die CDU 2 Stimmen mehr als die SPD. Bei der Genehmigung des Freistellungsantrags für die Liegenschaft Zeilring 50 handelt es sich um ein CDU Mitglied. Aus diesem Grund hat der Magistrat gegen die Stimmen der SPD dem Befreifungsantrag auf 3 WE am 12.10.2016 zugestimmt. Die SPD Magistratsmitglieder hatten daraufhin gesagt, wenn der Magistrat entgegen den Festlegungen im Bebauungsplan 3 WE im Fall Zeilring 50 zustimmt, muss der Magistrat in Zukunft auch allen ander Befreiungsanträgen auf die Errichtung von 3 WE zustimmen. Hinzu kommt noch, dass mein unmittelbarer Nachbar 4 WE und in anderen 5 weiteren Liegenschaften ebenfalls 4 WE seit 1978 errichtet wurden. Die Stadt Eppstein und die Bauaufsicht des Main-Taunus-Kreis sagt, dass diese Wohneinheiten alle illegal errichtet wurden. Aus diesem Grund hat die Stadt Eppstein 2017 ein Ingenieurbüro beauftragt einen neuen Bebauungsplan zu erstellen. Aufgrund der Mehrheitsverhältnisse im Magistrat lehnten die CDU Magistratsmitglieder meinen Bautrag mehrmals ab. Das erste Mal wegen der Überschreitung der Anzahl der zulässigen WE. Dann habe ich einen neuen Bauantrag zum Umbau meines Zweifamileinhauses mit Aufstockung und Errichtung einer barrierefreine Wohnung eingereicht. Bei diesem Bauantrag wurde die Wohnung im Erdgeschoss zusammen mit der neu zu errichteten barrierefreien Wohnung im Dachgeschoss als eine WE ausgewiesen. Diesem Bauantrag versagten die CDU mitglieder des Magistrats die Zustimmung mit der Begründung ich hätte ja drei Haustüren. Das Rechtsamt des Main-Taunus-Kreis hat die Entscheidung der Stadt Eppstein aufgehoben und mir die Baugenehmigung erteilt. Nach Abschluss der Bauarbeiten werde ich dann eine Nutzungsänderung für 3 WE beantragen. Sollte der Bebaungsplan bis zu diesem Termin nicht geändert sein und die Stadt Eppstein würde meiner Nutzungsänderung von zwei auf drei WE nicht zustimmen, werde ich Widersruch einlegen. Im Vorfeld wollte ich durch die Klage wegen dem Verstoss der Gleichbehandlung nach Art. 3 I GG einreichen. Wenn diese Klage jedoch kein Erfolgt hat, werde ich darauf verzichten.
Freundliche Grüße
B. H.
wenn ein Baukörper erst einmal geschaffen ist, dürften Sie es für einen Antrag auf Nutzungsänderung einfacher haben.
Allerdings liegt der Fall des von Ihnen benannten Referenzobjekts noch etwas anders. Bei einer Befreiung kommt es insoweit immer auf den Einzelfall an. Die Grundzüge der Planung dürfen in keinem Fall berührt sein - ist diese Hürde genommen, könnte Nummer 2 der Vorschrift greifen, dass die Abweichung nämlich (auch unter Würdigung nachbarlicher Belange) städtebaulich vertretbar ist.
Ich wünsche viel Erfolg und stehe im übrigen gern mit Rat und Tat zur Verfügung!
Beste Grüße von Gero Geißlreiter, Rechtsanwalt