Geldschenkung zu Lebzeiten
Fragestellung
Sehr geehrte Damen und Herren,
meine Eltern (85, 87 Jahre) möchten ihren Kindern - sprich meiner Schwester und mir - noch zu Lebzeiten aus Ihrem Vermögen, welches kein Immobilieneigentum umfasst, Geldbeträge zukommen lassen, sprich verschenken.
Diesen Schenkungen bzw. Geldübertragungen liegen jedoch auch teilweise sehr konkrete, zeitaufwendige Dienstleistungen beider Töchter zugrunde, wie die komplette Organisation / Durchführung mehrer Wohnungsumzüge, Behördengänge, Arztbegleitungen, Lebensmittelbeschaffung, Versorgung mit warmen Essen, handwerkliche Leistungen / Reparaturen im Wohnbereich, diverse Pflegeleistungen, Ausfahrten mit dem Rollstuhl der Eltern, Also auch Leistungen, die die Pflegestufen beider Elternteile nicht abdecken können.
Außerdem gehören zu den Schenkungen unserer Eltern diverse Geldbeträge für Geburtstage, Jubiläen, einer Hochzeit, private AusbildungszU.ndungen für das Studium und die Ausbildung zugunsten ihrer Enkel und Urenkel.
Diese Geldschenkungen - zum Teil auch die o.g. Geldüberweisungen für unsere Leistungen & Aufwendungen - bereiten unseren Eltern und uns Schwestern, nicht nur Freude, sondern auch Sorgen. Diese begründen sich in der durchaus denkbaren Option, dass unsere Eltern eines Tages eine Vollpflege in einer Pflegeeinrichtung in Anspruch nehmen müssen. Konkret haben alle Beteiligen die Sorge, dass diese Schenkungen / Überweisungen im Zeitfenster von 10 Jahren von dem Pflegeheim bzw. der jeweiligen Institution zurückgefordert werden können.
Die Kardinalfrage ist, in welchem Rahmen (Höhe bzw. Zeitfenster) unsere Eltern Geldschenkungen oder ZU.ndungen tätigen dürfen, die angemessen sind und nicht zu einer späteren Rückforderung der Pflegeinstitution oder einer anderen Behörde verpflichten.
Aus unserer Sicht erscheint es überhaupt nicht nachvollziehbar, wenn unsere Eltern bzw. Großeltern fürchten müssen, dass die beschenkten Angehörigen der Rückforderung unterliegen, weil sie Bargeldgeschenke z.B. für eine Hochzeit, für eine rundes Geburtstagsjubiläum, ein bestandenes Studium, eine erfolgreiche Ausbildung oder auch bei einer finanziellen Notsituationen in unseren Familien angenommen haben. Wie interpretieren Sie unser Anliegen und was raten Sie uns ?
Mit besten Grüßen
Familie Petra E.
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Rechtsanwalt Reinhard Otto
Guten Morgen,
Ich möchte Ihre Anfrage auf der Grundlage der von Ihnen dazu mitgeteilten Informationen wie folgt beantworten:
In der Tat sieht das Gesetz in § 528 BGB eine Pflicht des Beschenkten vor, das Geschenk zurückzugeben, wenn der Beschenkte selber verarmt ist, und nicht mehr in der Lage ist, seinen notwendigen Lebensunterhalt zu bestreiten.
Im Falle der Aufnahme in ein Pflegeheim dürften die damit verbundenen Kosten in der Regel nicht aus den Einkünften ihrer Eltern zu bestreiten sein. Hinsichtlich der fehlenden Differenzen liegt eine Verarmung vor, die grundsätzlich einen Anspruch auf Rückgabe des Geschenkes auslöst.
Dieser Anspruch kann auf Sozialämter übergeleitet werden, die dann an Sie herantreten und die Rückforderung geltend machen.
Einen Schutz vor diesem Rückzahlungsanspruch haben Sie in dreifacher Hinsicht. Zum einen können Sie die Rückgabe verweigern, wenn und solange Sie, eventuell mit anderen Angehörigen zusammen, die fehlende Differenz monatlich ausgleichen. Zum anderen ist die Rückforderung ausgeschlossen, wenn zwischen Schenkung und der eingetretenen Bedürftigkeit zehn oder mehr Jahre liegen.
Schließlich sind Sie dann und insoweit zur Rückzahlung nicht verpflichtet, als Sie dadurch selber finanziell so gefährdet würden, dass Sie letztlich selber verarmen würden. Das ist in § 529 Abs. 2 BGB geregelt.
Es ist verständlich, dass diese Regelung aus Ihrer Sicht nicht nachvollziehbar erscheint. Allerdings müssen Sie dabei berücksichtigen, dass ohne diese Möglichkeit letztlich die Allgemeinheit für die Kosten aufzukommen hat. Dies widerspricht dem grundsätzlichen Unterhaltsrecht, wonach Verwandte in gerader Linie grundsätzlich vorrangig zur Unterhaltsleistung verpflichtet sind.
Da die aufgezeigten Regelungen geltendes Recht sind, werden sie sich nicht erfolgreich dagegen wehren können.
Mit freundlichen Grüßen
Reinhard Otto
Rechtsanwalt
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Besondere Anerkennung für die Bereitschaft, nachgestellte Fragen mit geduldigen Kommentaren zu beantworten.
Beste Grüße
Fam. P. E.
1. Gehören zu den Verwandten gerader Linie auch die Schwiegersöhne und bei welchen Verwandtschaftsgrad "verläuft" sich die Rückzahlungspflicht?
2. Wie hoch bewerten Sie den Rahmen von Geld- bzw. Sachgeschenken zu Geburtstagen od. andren Anlässien, die nicht rückgefordert werden können ...?
Danke, Petra E.
zu Ihrer ersten Nachfrage:
nach § 1601 BGB sind Verwandte in gerader Linie unterhaltspflichtig. Schwiegersöhne gehören nicht dazu.
Zu zwei:
Grundsätzlich können alle Geschenke zurückverlangt werden, unabhängig von der Höhe. Allerdings wird bei normalen Geschenken der Einwand der entreiche greifen, wonach der Beschenkte nicht mehr verpflichtet ist, wenn er das Geld ausgegeben hat, ohne dafür andere Positionen erspart zu haben, vergleiche dazu § 818 Abs. 3 BGB.
Sie sollten dann, wenn tatsächlich Forderungen an Sie herangetragen werden, genau prüfen, ob und gegebenenfalls bei welchen Schenkungen eine Entreicherung stattgefunden hat.
Mit freundlichen Grüßen
Reinhard Otto
Rechtsanwalt
Widersprüchlich erscheint uns jedoch die Aussage eines juristisches Internetportals zu der Ihren, wonach Geldschenkungen nach 3 Jahren (angeblich) verjähren würden ...?
Mit besten Grüßen
P. E.
Schenkungen können überhaupt nicht verjähren, sie sind erbracht.
Der Rückforderungsanspruch nach § 528 BGB beginnt mit der Verarmung des Schenkers. Frühestens mit diesem Zeitpunkt würde die Verjährungsfrist für den Rückforderungsanspruch zu laufen beginnen.
Da nach Ihrer Schilderung dieser Zeitpunkt überhaupt noch nicht gekommen ist, kann auch noch keine irgendwie geartete Verjährungsfrist laufen.
Mit freundlichen Grüßen
Reinhard Otto
Rechtsanwalt