Frage zum Familienrecht
Fragestellung
Sehr geehrte Damen und Herren,
verehrte RAe von yourXpert,
mit Einverständnis unserer Tochter (44 J.) erbitten wir als Großeltern Ihren Rat, zu einem familiären Problem in deren Familie, welches uns allen extrem große Sorge bereitet.
Gestatten Sie zunächst die Schilderung einiger Sachverhalte und der dazu gehörigen Fakten, um das aktuelle Problem zu verdeutlichen.
Unsere Tochter (44 J.) lebt mit ihren vier Kindern in einer brandenburgischen Kleinstadt. Vom Kindesvater ist sie bereits seit vielen Jahren getrennt, vor allem wegen dessen unsoliden, fast kriminell (Gradwanderung) zu bezeichneten Lebenswandel. Er ist Vater der ersten drei Kinder / Enkel, besitzt jedoch lediglich das gemeinsame Erziehungsrecht für den ältesten Sohn Etienne (18 J.) , nicht für die nachfolgenden Zwillingsjungen (16 J.).
Die Familie unserer Tochter befindet sich in einer geordneten Lebenslage, ist finanziell (ab)gesichert - u.a. mit einem bereits hypothekenfreien Eigenheim. Auch die schulischen Leistungen der Kinder sind durchaus gut, ihnen wird viel geboten, inklusive der Förderung ihrer Talente und Begabungen.
Das große Sorgenkind ist unser Enkel Etienne. Er ist psychisch labil, mit wenig Selbstvertrauen ausgestattet und weitestgehend orientierungslos hinsichtlich seiner Lebenssituation und beruflichen Perspektive - trotz 11. Abiturklasse. Er konsumiert die sog. leichten Drogen, ist Bestandteil eines Umfeldes, welches im (klein)kriminellen Milieu der Region angesiedelt ist und und dort auch agiert.
Seit einigen Monaten betätigt er sich auch als Dealer. Die Belastung durch Etienne ist für die Familie unserer Tochter nicht mehr physisch und psychisch tragbar. Die Familie steuert auf eine totale Zerrüttung zu, weil von Etienne eine ernst zu nehmende Gefahr für das Kindeswohl seiner Geschwister ausgeht. Lässt man Etienne nur wenige Tage allein im Haus, werden Drogenpartys gefeiert und das Haus wird verwüstet. Ausgesprochene Hausverbote an kriminelle Freunde werden ignoriert.
Die Kindesmutter hat ihre Autorität gegenüber Etienne weitestgehend verloren, wird längst nicht mehr respektiert. Auch der Rat und die ständigen Bemühnungen der Großeltern / Verwandten gehen ins Leere. Selbst der vom Jugendamt bestellte Betreuer (Sozialpädagoge) konnte nichts Entscheidendes bewegen. Besonders stationäre Therapieangebote lehnt generell Etienne ab. Von ihm geht ohne Zweifel eine ernsthafte Gefahr (situative Aggressivität) für die gesamte Familie aus. Es besteht akuter Handlungsbedarf, ... aber in welcher Form ist das möglich und aktivierbar? Darauf zielt unsere Frage. Hier kurz unsere Kardinalfragen an Sie hinsichtlich o.g. Sachlage:
Hat unsere Tochter das Recht, ihren erwachsenen, strafmündigen - allerdings wirtschaftlich unselbstständigen - Sohn aus dem Haus zu verweisen, wenn die Situation eskaliert - falls ja, dies nur kurzzeitig oder evtl. gar generell?
Stimmt die Aussage des Jugendamtes, dass eher alle seine drei Geschwister in staatliche Obhut kämen, falls eine Kindeswohlgefährdung der Geschwister vorliegen würde, ehe Etienne das Haus verlassen müsse bzw. dessen verwiesen werden könnte?
Welche rechtlichen Möglichkeiten hat unsere Tochter generell lt. Gesetzgebung gegenüber ihren 18jährigen Sohn zu handeln und um ihre anderen Kinder zu schützen? Was würden Sie unserer Tochter und uns Großeltern aktuell raten?
Mit besten Grüßen
M.U. Eckardt
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Rechtsanwältin Sylvia True-Bohle
Sehr geehrte Ratsuchende,
sehr geehrter Ratsuchender,
das Verhalten des Jugendamtes ist nicht nachvollziehbar.
Die Angabe, dass erst die anderen Kinder aus der Familie genommen werden, ist unzutreffend.
Die mögliche Gefährdung geht vom Sohn aus und dann ist bei diesem anzusetzen. Nachdem auch der Familienhelfer vom Jugendamt keinen Zugang zu Etienne gefunden hat und dieser offenbar freiwillige Angebote ablehnt, ist zunächst an eine Heimerziehung zu denken.
Etienne wird das Umfeld verlassen müssen. Dafür zuständig ist aber auch das Jugendamt und dort sollte zunächst angesetzt werden. Es ist nochmals das Gespräch zu suchen.
Ist der Sachbearbeiter dafür nicht zugänglich, muss der Vorgesetzte angesprochen werden, um auch die unzutreffende Aussage, dass dann die anderen Kinder herausgenommen werden, auszuräumen.
Es muss auch nicht gleich eine Heimunterbringung gewählt werden; auch betreute Wohnformen; z.B. Jugendwohngemeinschaften kommen in Betracht.
Das ist die eine Möglichkeit.
Die andere und weitreichendere ist, dass der Sohn von der Mutter aufgefordert wird, die Wohnung zu verlassen. Der Sohn kann als Schüler dafür auch Hilfen beantragen. Dazu zählt das SchülerBAföG, das er beantragen kann. Dass er nicht mehr zu Hause leben kann, wird auch der Familienhelfer bestätigen können.
Es ist natürlich eine Wohnung zu suchen und dann sind die Anträge zu stellen.
Zudem kann auch das Gespräch zu den Lehrern gesucht werden, um Etienne zum Auszug zu bewegen.
Führt alles nicht zum Erfolg, bleibt nur Verweis aus der Wohnung. Da Eteinne volljährig ist, ist dieses möglich. Das ist nicht schön, da die Schlösser ausgetauscht werden müssen und die Sachen von Etienne diesem bereitgestellt werden müssen, damit er diese mitnehmen kann.
Alles ist eine sehr unglückliche Situation, wenn das Jugendamt seiner Aufgabe nicht gerecht wird. Deswegen wird man den Vorgesetzten ansprechen müssen.
Da das Jugendamt offenbar nicht zugänglich ist, sollte auch darüber nachgedacht werden, vor Ort einen Anwalt zu beauftragen, damit dort die richtige Vorgehensweise, Heimunterbringung, gefunden werden kann
Ich wünschen Ihnen, der Familie auf jeden Fall, aber auch Etienne alles Gute.
Für Rückfragen stehe ich zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwältin
Sylvia True-Bohle
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Wieder einmal wurden wir von der Kompetenz und Zuverlässigkeit von yourXpert nachhaltig überzeugt - gern immer wieder, sollte es unsere Lebenssituation erfordern.
Mit besten Grüßen an die Expertin und das Team
vielen Dank für die profunde Antwort. Super! Sie haben uns damit sehr geholfen. Somit ist der gesetzliche Rahmen klar definiert, in dem wir jetzt agieren können.
Nur kurz eine ergänzende Frage: Könnte der Kindesvater von Etienne, der keinen festen Wohnsitz hat, keinen Unterhalt zahlt und im Spektrum vieler, nachweisbarer Gesetzesverstöße angesiedelt ist, den Maßnahmen der Mutter und des Jugendamtes widersprechen ...?
Beste Grüße an Sie und nochmals herzlichen Dank.
sehr geehrter Ratsuchender,
der Vater kann den Maßnahmen zwar widersprechen, aber da Etienne volljährig ist, wird dieses keine Auswirkungen haben.
Mit Eintritt der Volljährigkeit endet gesetzlich die elterliche Sorge, so dass die Maßnahmen auch gar nicht von einer Zustimmung des Vaters mehr abhängig sind.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwältin
Sylvia True-Bohle
gestern hat das Gespräch beim zuständigen Jugendamt in Bernau stattgefunden. Es endete u.a. mit dem Hausverbot für Etienne.
Wir als Großeltern hätten im Nachgang des Meetings, an dem ich auch teilgenommen habe, noch eine bedeutsame Zusatzfrage hinsichtlich des Unterhaltsanspruches unseres Enkels.
Diese konkretisierte Frage würde ich Ihnen gern gegen ein zusätzliches Honorar entsprechend ihrem Angebot stellen. Wäre das möglich ...?
Mit besten Grüßen
sehr geehrter Ratsuchender,
wegen der Fragen zum Unterhalt habe ich Ihnen ein Angebot zu einem Folgeauftrag gemacht.
Zumindest konnte erreicht werden, dass ein Hausverbot ausgesprochen wurde.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwältin
Sylvia True-Bohle