Fehlende Buchhaltung/Finanzamtschätzungen
Beantwortet von Steuerberater Dipl. Finanzwirt Ulrich Hiller in unter 1 Stunde
Fragestellung
Sehr geehrter Herr Hiller,
es klingt zunächst unglaublich aber ich habe mich in folgende Lage durch permanentes Stummstellen manövriert:
Ich bin seit 6 Jahren Selbstständig (als Spediteur). Habe aber seit 4 Jahren weder Buchhalter noch Steuerberater.
Ich mache meine Umsatzsteuervoranmeldung seither auch nicht und so wird die Umsatzsteuer bei mir regelmäßig vom Finanzamt geschätzt. Gleiches gilt für Jahresabschlüsse und Steuererklärung. Die Schätzungen sind meines Erachtens deutlich höher als meine tatsächlich zu erbringende Zahlung an das Finanzamt wäre.
Ich hoffe sie können mir in verschiedener Weise helfen:
1. Habe ich eine Möglichkeit so lange zurückliegende Steuerschätzungen noch zu berichtigen (und eventuell noch entsprechend Geld zurück zu bekommen?)
2. Habe ich sogar Strafrechtliche Konsequenzen zu befürchten? (Immerhin bin ich derjenige der sich um viel Geld gebracht hat und nicht der Staat). Und wie würden diese voraussichlich aussehen?
Ich danke ihnen jetzt bereits für ihre Aufmerksamkeit. Sollten sie Fragen haben (wahrscheinlich ist dem so) stehe ich ihnen natürlich gerne zur Verfügung.
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
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Antwort von Steuerberater Dipl. Finanzwirt Ulrich Hiller
Sehr geehrte(r) Fragesteller(in),
vielen Dank zunächst für Ihre Frage! Ich möchte zu Ihrer Beruhigung vorwegschicken, dass Ihre Situation gar nicht so ungewöhnlich ist und dass es dafür mit Sicherheit auch eine Lösung gibt...!
Zu Ihren konkreten Fragen:
1. Das wesentliche Problem bei der Korrektur der Schätzungsbescheide ist, dass in den meisten (oder evtl sogar allen) Fällen wahrscheinlich bereits die Rechtsbehelfsfrist abgelaufen ist. Es wäre in jedem Fall erforderlich, gegen die Steuerbescheide innerhalb der 1-monatigen Einspruchsfrist Einspruch einzulegen. Die Steuererklärung kann dann nachgereicht werden. Ist diese Frist bereits abgelaufen, kann das Finanzamt nur noch zuUNgunsten des Steuerpflichtigen berichtigen, d.h. wenn sich eine höhere als die geschätzte Steuer ergibt (das ist tatsächlich gesetzlich so geregelt). Zu Gunsten des Steuerpflichtigen kann - wie bereits gesagt - nur bei einem Einspruch oder bei Abgabe der Steuererklärung (gilt dann als Änderungsantrag) innerhalb der Rechtsbehelfsfrist berichtigt werden. Eine Ausnahme von dem hier gesagten gibt es allerdings: in manchen (leider seltenen) Fällen trägt der Steuerbescheid die Aufschrift: "dieser Bescheid ergeht gemäß § 164 Abs. 1 AO unter Vorbehalt der Nachprüfung". (Muss dieser Wortlaut sein, Hinweis auf § 165 AO - vorläufig - nützt NICHT!). Ist der Steuerbescheid uner Vorbehalt der Nachprüfung, kann jederzeit - teils auch noch nach Jahren - geändert werden, und zwar auch zu Ihren Gunsten. Schauen Sie sich daher bitte die Schätzungsbescheide des Finanzamts genau an, wann diese ergangen sind und ob sie den beschriebenen Vermerk tragen.
Etwas anderes gilt auch bei den (geschätzten) Umsatzsteuer-Voranmeldungen: diese sind "automatisch" kraft Gesetzes unter Vorbehalt der Nachprüfung und können solange geändert werden, bis ein (geschätzter) USt-Jahresbescheid ergeht, d.h. in aller Regel innerhalb des laufenden Jahres.
2. Strafrechtliche Konsequenzen haben Sie definitiv NICHT zu befürchten, wenn die Schätzungen höher waren als die Steuer, die Sie bei "korrektem" Verlauf zu entrichten gehabt hätten. Wie Sie selbst bemerken, ist dem Staat ja in diesem Falle kein Schaden entstanden. Da dies aber möglicherweise nicht vollkommen klar ist und das Finanzamt dies ja auch - mangels Steuererklärungen - nicht wissen kann, kann es sein, dass Ihnen - wenn Sie so weitermachen wie bislang - eine unangekündigte Prüfung der Steuerfahndung droht. Immerhin sind Sie Ihren Erklärungspflichten nicht nachgekommen. Ihre Pflicht zur Abgabe der Steuererklärungen besteht ja fort, auch wenn das Finanzamt bereits geschätzt hat!
Falls Sie sich irren und die geschätzten Steuern sind doch niedriger als die tatsächlichen, kann die Sache allerdings anders ausssehen. In diesem Fall kann man Sie durchaus wegen einer vorsätzlichen Steuerhinterziehung belangen - und in der Regel mit einer Geldstrafe (zusätzlich zu den nachzuentrichtenden Steuern) belegen. Um dies zu vermeiden haben Sie - da dies noch nicht dem Finanzamt bekannt ist - die Möglichkeit der strafbefreienden Selbstanzeige durch Abgabe der vollständigen Steuererklärungen .
Wenn Sie sich entschließen - z.B. im Interesse eines ruhigeren Schlafes ;-) - diese unerfreulichen Dinge aufzuarbeiten, stehe ich Ihnen gern auch außerhalb von yourXpert mit Rat und Tat als Ihr Steuerberater zur Verfügung. Bitte googeln Sie mich einfach mal (Steuerberater Ulrich Hiller, 30966 Hemmingen); dann werden Sie meine Homepage finden und wir können uns dann gern einmal ausführlich - und für Sie unverbindlich und kostenfrei - telefonisch über die Möglichkeiten des weiteren Vorgehens unterhalten. Ich würde mich freuen, von Ihnen zu hören und Ihnen weiter behilflich sein zu dürfen!
Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen nun zunächst verständlich und vollständig beantworten konnte. Sollte das nicht so sein, können Sie auch gern die kostenfreie Rückfragefunktion auf dieser Seite nutzen. Im Übrigen freue ich mich über eine gute Bewertung!
Mit freundlichen Grüßen
Ulrich Hiller
Steuerberater
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