Eskalierende Trennung - Gefahr für Kindeswohl, Ehemann-Rechte
Beantwortet von Rechtsanwältin, Schlichterin Brigitte Draudt-Syroth in unter 2 Stunden
Fragestellung
Meine Frau und ich befinden uns am Beginn einer Scheidung, konkret das Einleiten des Trennungsjahres; seit 01.12.2017. Ich arbeite seit 01.09.2017 500km entfernt von Zuhause, habe ein Apartment und komme jeden Donnerstagabend nach Hause. Meine Frau und unsere Tochter wohnen im gemeinsamen Haus.
Die Situation ist derart eskaliert, dass meine Frau nicht mehr mit mir sprechen will, auch nicht telefonieren und nur noch schriftlich. Konkrete Angebote zu einem gemeinsamen Gespräch, auch zu einer uns vertrauten Paartherapeutin lehnt sie ab und will mich nicht mehr sehen.
Grund für ihr Verhalten ist ein von ihr wahrgenommenes herablassendes, erniedrigendes und - auch physisch - aggressives Verhalten von mir. Sie muss sich und unsere Tochter vor mir schützen, so die Argumentation.
Konkret möchte und muss ich heute Abend nach Hause fahren, um Dinge zu erledigen (Wäsche, Unterlagen, etc.) und um unsere Tochter nach zu sehen. Meine Frau „erlaubt“ mir, morgen Vormittag zu kommen, unsere Tochter um 14.00-17.00 Uhr zu betreuen, um sie dann um 17.00 Uhr wieder zu übernehmen, vorher unserer Tochter mitzuteilen, dass wir uns trennen und mich um 17.00 Uhr wieder wegzuschicken. Sollte ich auf meine Rechte bestehen, würde sie unsere Tochter nehmen und wegfahren. Mir bliebe nichts anderes übrig als deeskalierend „zurückzubleiben“ – Analogie zum Kaukasischen Kreidekreis. Von 6 möglichen Wochenenden bietet sie mir keines zur Betreuung unserer Tochter an.
Meine Frage: Wie verhalte ich mich, das Wohl unserer Tochter ins Zentrum stellend und meine Rechte nicht vernachlässigend, klug, und was kann und sollte ich tun?
Kurzerklärung:
Ähnliche Situationen gab es bereits mehrfach, u.a. im Mai dieses Jahres. Sie behauptete, dass ich (wiederholt) fremdgehe und dass ein von ihr engagierter Privatdetektiv Beweise dafür hat. Die Situation eskalierte auch innerhalb der Familie, die meine Frau teilweise in ihre Wahrnehmung und Beschuldigung mit einbezogen hat, vor allem unsere Tochter. Nach einigen Tagen stellte meine Frau fest, dass sie einen Realitätsverlust, eine Wahrnehmungsstörung erlitten hat, dass heißt ihre Ängste ihre Realität und ihr Handeln bestimmt haben. Die Detektei war erlogen und somit ich und Teile der Familie, vermutlich auch unsere Tochter belogen. Mit dieser Einsicht ging es einige Tage gut, sie entschied sich für eine Psycho-Therapie, die bis heute andauert.
Ähnlich verlief ein Gespräch mit einem sehr erfahrenen Psychologen bei der Erziehungsberatung, in Vorbereitung auf eine Trennung mit dem Wohl unserer Tochter im Fokus. Der Psychologe nahm eine Hypersensibilität in Sachen Aggression wahr, meine Frau leugnete und redete bei mir den Psychologen schlecht. Am Morgen danach akzeptierte sie und begann von ihrer unverarbeiteten Kindheit und Jugend zu reden.
Danke & beste Grüße
C. V.
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Antwort von Rechtsanwältin, Schlichterin Brigitte Draudt-Syroth
Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne wie folgt beantworte:
In rechtlicher Hinsicht beginnt das Trennungsjahr mit der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft im Sinne einer "Trennung von Tisch und Bett." Sie teilen mit, dass Sie beide das Trennungsjahr am 01.12.2017 eingeleitet hätten. Wenn Sie dieses Datum also als Beginn des Trennungsjahres festhalten möchten, so sollten Sie bei Aufenthalten im gemeinsamen Haus streng darauf achten, dass es gar nicht mehr zu irgendwelchen Gemeinsamkeiten kommt. Auch ein gemeinsames Essen kann schon dem entgegenstehen, auch das Wäsche waschen durch Ihre Noch-Ehefrau etc.
Da es sich aber um die ehegemeinschaftliche Wohnung im Sinne eines wohl gemeinsamen Hauses handelt, kann Ihre Frau Ihnen auch nicht verbieten, dass Sie sich noch dort aufhalten, zumal ja Ihre Tochter auch dort wohnt.
Soweit die rechtliche Situation. Die tatsächliche Entscheidung, ob Sie nun heute oder morgen dort sein werden, treffen selbstverständlich Sie. Ich halte es jedoch angesichts der geschilderten Umstände für möglicherweise geschickter, wenn Sie der Forderung Ihrer Frau nachkommen und erst morgen erscheinen.
Was den Umgang anbelangt, so kann sie das nicht so einfach nach Gutdünken entscheiden, sondern Sie haben das Recht auf Umgang, und sie hat die Pflicht, diesen Umgang zu gewähren und sogar zu fördern.
Ein Zeitraum von sechs Wochen zwischen Umgangsterminen ist in jedem Alter eines Kindes aber zu lang und entspricht nicht den Üblichkeiten, die von der Rechtsprechung bestimmt wurden. Hier ist am besten eine für alle verbindliche gerichtliche Umgangsregelung anzustreben.
Darüber hinaus noch folgendes: Wenn Ihre Noch-Frau derart psychisch labil ist, ist auch durchaus in Erwägung zu ziehen, dass Sie Ihre Tochter komplett zu sich nehmen. Man müsste hier einen Antrag auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf sie stellen. Maßstab ist das Kindeswohl, welches bei wohl erheblichen psychischen Problemen der Mutter durchaus als gefährdet angesehen werden könnte.
Ich empfehle Ihnen nach alledem, hier mit Fingerspitzengefühl vorzugehen, zunächst ggf. heute nicht zu erscheinen und dann aber Ihre oben beschriebenen Rechte durchzusetzen.
Ich hoffe, Ihnen weiter geholfen zu haben und verbleibe mit freundlichen Grüßen.
Draudt
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