Erhöhung des Erbbauzinses: Neuer Vergleichsindex nötig
Fragestellung
Wir haben vor 7 Jahren ein Einfamilienhaus gekauft, das Grundstück ist in Erbpacht, dies haben wir dann mit erworben. Der Erbbauvertrag wurde 1963 geschlossen. In der Anpassungsformel steht folgendes: "Der unter Punkt 6 genannt Erbbauzins ist errechnet auf der Basis einer Sozialmiete von DM 1,70 je qm Wohnfläche und Monat. Alle zwei Jahre soll überprüft werden, ob aufgrund der allgemeinen Verhältnisse die Sozialmiete erhöht worden ist. Im gleichen Verhältnis, wie sich die Sozialmiete innerhalb der Zweijahresfrist erhöht hat, soll dann auch der Erbbauzins für die kommende Zeit sich erhöhen."
Nun wird die Sozialmiete in Rheinland-Pfalz nicht mehr erfasst bzw. gibt es dazu keine amtlichen Vorgaben mehr. Der Grundstückseigentümer hat nun irgendeinen für mich nicht durchschaubaren Mietindex genommen und für den Erbbauzins von bis jetzt knapp 77 Euro auf über 120 Euro erhöhen wollen. Das letzte Mal ist der Erbbauzins 2000 erhöht worden. Ich habe dem Grundstückseigentümer die Erhöhung mit Hinweis den für mich nicht nachvollziehbaren Index verweigert und stattdessen vorgeschlagen, die Erhöhungen nach dem Lebenshaltungsindex des statistischen Bundesamtes vorzunehmen.
Der Grundstückseigentümer meint, dass dann der Erbbauzins komplett neu berechnet werden müsse auf den jetzigen Grundstückswert. Also 4 Prozent vom jetzigen Wert (ca. 58 T€) und dann könne er die Erhöhung nach dem Lebenshaltungsindex vornehmen.
Meine Frage: Hat der Grundstückseigentümer recht bzw. könnte er, wenn er vor Gericht ginge, Recht bekommen?
Ich möchte mich nicht gegen eine Erhöhung sperren, aber lehne eine übermäßige und vor allem für mich nicht nachvollziehbare Erhöhung ab.
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
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Antwort von Rechtsanwalt Daniel Hesterberg
Sehr geehrte(r) Fragesteller(in),
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne auf Basis Ihres Einsatzes und des von Ihnen mitgeteilten Sachverhalts wie folgt beantworte:
Sich gegen eine Erhöhung zu sperren, macht in der Tat wenig Sinn, aber Sie können den Grundstückeigentümer auf folgende Regelung hinweisen:
Gesetz über das Erbbaurecht (Erbbaurechtsgesetz - ErbbauRG)
§ 9a
"(1) Dient das auf Grund eines Erbbaurechts errichtete Bauwerk Wohnzwecken, so begründet eine Vereinbarung, daß eine Änderung des Erbbauzinses verlangt werden kann, einen Anspruch auf Erhöhung des Erbbauzinses nur, soweit diese unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles nicht unbillig ist. Ein Erhöhungsanspruch ist regelmäßig als unbillig anzusehen, wenn und soweit die nach der vereinbarten Bemessungsgrundlage zu errechnende Erhöhung über die seit Vertragsabschluß eingetretene Änderung der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse hinausgeht. Änderungen der Grundstückswertverhältnisse bleiben außer den in Satz 4 genannten Fällen außer Betracht. Im Einzelfall kann bei Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere
1.
einer Änderung des Grundstückswerts infolge eigener zulässigerweise bewirkter Aufwendungen des Grundstückseigentümers oder
2.
der Vorteile, welche eine Änderung des Grundstückswerts oder die ihr zugrunde liegenden Umstände für den Erbbauberechtigten mit sich bringen,
ein über diese Grenze hinausgehender Erhöhungsanspruch billig sein."
Das allein hilft hier noch nicht weiter, so dass noch zusätzlich auf das Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), § 313 Störung der Geschäftsgrundlage, zu verweisen ist:
"(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.
(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.
(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung."
Eine Vertragsanpassung kann also danach erfolgen.
Billigkeitsmaßstab ist nach dem Erbbaurechtsgesetz - ErbbauRG, 9a Abs. 1 S. 2, idR die Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse. Dafür sind alle Bereiche des Wirtschaftslebens zu berücksichtigen, die von allgemeiner Bedeutung sind, mit Ausnahme der Grundstückswerte (S. 3).
Nach gefestigter Rspr. sind dazu mit gleicher Wertigkeit die Entwicklung der Lebenshaltungskosten und der Einkommensverhältnisse heranzuziehen (BGH NJW 2009, 679, 681; BGHZ 87, 198 = NJW 1983, 2252; NJW 1981, 2567; NJW 1982, 2382; BGHZ 77, 188 = NJW 1980, 2243), wobei in der Tat jeweils auf die entsprechenden Daten des Statistischen Bundesamtes zurückgegriffen wird.
Das haben Sie durchaus zutreffend erwähnt.
Alles andere wäre auch Willkür.
Aber so wie der Grundstückseigentümer das meint, geht es meines Erachtens nach nicht.
Die Vertragsanpassung muss unter Wahrung der gegenseitigen Interessen erfolgen.
Ich würde jetzt dazu einen Anwalt vor Ort einschalten.
Ich hoffe, Ihnen damit weitergeholfen zu haben und wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.
Vielen Dank im Voraus für Ihre Bewertung meiner Antwort. Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Hesterberg
Rechtsanwalt
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