Erbrecht - Überlassungsvertrag
Fragestellung
Sehr geehrte Damen und Herren,
folgender Sachverhalt liegt vor:
1984 wurde zwischen den Eltern und deren Sohn ein notarieller Überlassungsvertrag
für ein Grundstück geschlossen. In diesem Vertrag ist folgender Eintrag
enthalten. –
"Rechtsgrund und Gegenleistung:
Die vorliegende Überlassung erfolgt unentgeltlich und schenkungsweise unter
Anrechnung auf das gesetzliche Erb- und Pflichtteilsrecht des Erwerbers nach
dem Veräußerer als Ausstattung. Der Erwerber hat diese Ausstattung bei einer
künftigen Erbfolge gegenüber den anderen Abkömmlingen des Veräußerers
zur Ausgleichung zu bringen."
-- Da es sich um ein Grundstück handelt dessen qm Preis von 122 Euro im Jahre
1984 auf 980 Euro im Jahre 2017 gestiegen ist würde mich interessieren welcher
Wert zum Ausgleich gebracht werden muss. Der Wert 122 Euro von 1984 oder der
aktuelle Wert von 980 Euro ?
Soll also bedeuten muss der Sohn bei z.B. 100 qm die Summe von
12200 Euro (Wert 1984) plus zusätzlicher Verzinsung von 33 Jahren
ausgleichen oder die Summe von 98000 Euro (Wert 2017 - Erbfall eingetreten) ?
Der Sohn hat noch eine Schwester und sonst sind keine direkten
Nachkommen vorhanden.
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
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Antwort von Rechtsanwalt Daniel Hesterberg
Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für für Ihre Anfrage, die ich antworte Ihnen gerne wie folgt:
Ganz genau wird der Zeitpunkt der Wertberechnung nicht erwähnt, das es heißt:
“Der Erwerber hat diese Ausstattung BEI einer
künftigen Erbfolge gegenüber den anderen Abkömmlingen des Veräußerers
zur Ausgleichung zu bringen."
Das sagt meines Erachtens nach nichts Genaues über die Berechnung aus.
Daher richtet sich diese, wenn es anhand des sonstigen Verhaltens und der sonstigen Umstände in dieser Sache keine andere Lösung ergibt, nach den Grundsätzen der Rechtsprechung insbesondere.
Ausstattungen sind grundsätzlich immer auszugleichen. Eine Ausnahme gilt dann, wenn der Erblasser bei der Zuwendung angeordnet hat, dass die Zuwendung nicht, nur teilweise oder nur unter bestimmten Voraussetzungen auszugleichen ist.
§ 2050 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) Ausgleichungspflicht für Abkömmlinge als gesetzliche Erben, regelt das in Absatz 1:
“(1) Abkömmlinge, die als gesetzliche Erben zur Erbfolge gelangen, sind verpflichtet, dasjenige, was sie von dem Erblasser bei dessen Lebzeiten als Ausstattung erhalten haben, bei der Auseinandersetzung untereinander zur Ausgleichung zu bringen, soweit nicht der Erblasser bei der Zuwendung ein anderes angeordnet hat.“
§ 2055 BGB bestimmt Näheres zur Durchführung der Ausgleichung:
“(1) Bei der Auseinandersetzung wird jedem Miterben der Wert der Zuwendung, die er zur Ausgleichung zu bringen hat, auf seinen Erbteil angerechnet. Der Wert der sämtlichen Zuwendungen, die zur Ausgleichung zu bringen sind, wird dem Nachlass hinzugerechnet, soweit dieser den Miterben zukommt, unter denen die Ausgleichung stattfindet.
(2) Der Wert bestimmt sich nach der Zeit, zu der die Zuwendung erfolgt ist.“
Der Wert des Nachlasses ist zwar bezogen auf den Zeitpunkt des Erbfalles zu ermitteln.
Der Wert der Zuwendung ist aber hingegen zunächst für den Zeitpunkt der Zuwendung festzustellen (Abs. 2) und dann unter Berücksichtigung des Kaufkraftschwundes auf den Zeitpunkt des Erbfalls umzurechnen; denn die ausgleichungsberechtigten Miterben werden so gestellt, als sei der zugewandte Gegenstand seinem Wert nach im Zeitpunkt des Erbfalles noch im Nachlass gewesen (BGHZ 65, 75 = NJW 1975, 1831 = Bundesgerichtshof, Urteil vom 04.07.1975 - IV ZR 3/74).
Das ist jedenfalls die Meinung der Rechtsprechung, auch wenn es eine abweichende Meinung in der Rechtsliteratur gibt, was aber in der Rechtspraxis nicht entscheidend sein dürfte. Es handelt sich um ein höchstrichterliches Urteil des Bundesgerichtshofs.
Umgerechnet wird, indem der Wert der Zuwendung mit der für das Jahr des Erbfalls geltenden Preisindexzahl für die Lebenshaltung multipliziert und durch die Preisindexzahl für das Jahr der Zuwendung dividiert wird. Besteht die Zuwendung in der schenkweisen Übereignung eines Grundstücks, ist Stichtag für die Bewertung der Schenkung der Tag der Eintragung im Grundbuch (BGHZ 65, 75 = NJW 1975, 1831,s. ,o.). Zinsen und Nutzungen bleiben außer Betracht nach allgemeiner Rechtsmeinung. Sie sollten dem Empfänger nach dem Willen des Erblassers bereits vor dem Erbfall zugute kommen und müssen daher nicht ausgeglichen werden.
Anordnungen des Erblassers, zu welchem Wert Zuwendungen angerechnet werden sollen, haben natürlich grundsätzlich den Vorrang. Bei einer ausgleichungspflichtigen Schenkung kann sich auch ohne ausdrückliche Erklärung aus den Umständen des Falles ergeben (deswegen hatte ich das oben erwähnt), dass für den Wert des Geschenks der Zeitpunkt des Erbfalls und nicht derjenige der Zuweisung maßgeblich sein soll.
Das kann ich hier aber nicht erkennen.
Die genaue Berechnung im Einzelnen müsste gegebenenfalls in einer gesonderten Anfrage geklärt werden.
Ich hoffe, Ihnen damit weitergeholfen zu haben und wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.
Vielen Dank im Voraus für Ihre Bewertung meiner Antwort. Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Hesterberg
Rechtsanwalt
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