Erbe Immobilie Verrechnung Sozialleistungen
Beantwortet von Rechtsanwalt und Mediator Christian Joachim in unter 2 Stunden
Fragestellung
Werter Herr RA Joachim,
Folgendes Problem.
seit 2001 bin ich Eigentümerin einer Doppelhaushälfte , die z.z. meine Eltern (eingetragenes Nießbrauchrecht im Grundbuch) bewohnen und verwalten. Z.Z. werden 42 qm Fläche vermietet; die Miete wird für notwendige Erhaltungsmaßnahmen des 1971 erbauten Hauses eingesetzt.
3 Fragen hätte ich gern kurz und knapp in schriftl. Form von Ihnen beantwortet (als mailantwort).:
1. Wie wird im Erbfall verfahren, falls ich das Haus nicht selbst bewohnen werde, sondern es vermiten oder verkaufen möchte?
2. Erfolgt eine Gegenrechnung für die sozialen Leistungen (nur ALG II) , die ich seit dem Jahr 2005 nahtlos bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt erhalten habe und noch erhalte?
3. Was ist zum Zeitpunkt einer evtl. Eigennutzung des Hauses nach Ableben eines Elternteils oder beider Eltern durch mich zu beachten? In welchem sozialen Status muss ich mich befinden, um das Haus uneingeschränkt nutzen und behalten zu können?
Freue mich auf Ihre baldige Antwort,
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Rechtsanwalt und Mediator Christian Joachim
Sehr geehrter Fragesteller,
herzlichen Dank für ihre Frage und das damit entgegengebrachte Vertrauen.
Ihnen geht es vorrangig, so denke ich, um die Frage, wie verhält sich das Eigentum im Rahmen des Leistungsbezugs von Sozialleistungen.
Grundsätzlich stellt das Grundstück bereits zum jetzigen Zeitpunkt entsprechendes Vermögen dar. Allerdings dürfte dies, auch vom zuständigen Leistungsträger her, so eingestuft worden sein, dass eine Verwertbarkeit nicht besteht. Jedenfalls nicht zum jetzigen Zeitpunkt.
Dies könnte sich im Rahmen ihrer Fragestellungen ändern.
1.
Sofern das Nießbrauchsrecht erlischt und sie die volle Nutzungsmöglichkei über das Grundstück haben passiert folgendes: Einnahmen aus dem Grundstück werden Ihnen als Einkommen angerechnet. Allerdings müssten sie mit hoher Wahrscheinlichkeit sodann verkaufen, da sie hier entsprechendes Vermögen haben, welches sie zuerst einsetzen müssen, bevor sie Sozialleistungen haben. Etwas anderes gilt nur dann, wenn sie das Haus im Anschluss an den Wegfall des Nießbrauchsrechts auch selbst bewohnen wollen. Diesen Willen sollten Sie sodann frühzeitig darstellen und gegenüber dem Leistungsträger bereits jetzt erklären, dass sie dort nur deshalb nicht wohnen, weil die Eltern ein entsprechendes Nießbrauchsrecht haben.
Wird sodann auch weiter noch ein Teil des Hauses vermietet, wenn sie selbst dort wohnen, dürft die Miete, wie oben genannt als Einkommen angerechnet werden. Dabei ist jedoch strikt darauf zu achten, dass die Wohnung und das Haus auch angemessen im Sinne der sozialrechtlichen Vorschriften sind.
§ 12 Zu berücksichtigendes Vermögen
"(3) Als Vermögen sind nicht zu berücksichtigen
(...)
4.
ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe oder eine entsprechende Eigentumswohnung,"
Als Vermögen gilt aber nur das Eigentum, das man bei seinem Erstantrag auf ALG II schon hatte. Was danach zufließt (Erbe, Lottogewinn, Gehalt, Abfindung usw.) gilt als Einkommen und ist deshalb nicht geschützt als Vermögen nach § 12 SGB II!
Einmaliges Einkommen (Erbe, Lottogewinn, Abfindung, Weihnachtsgeld usw.) wird durch sechs geteilt und entsprechend jeder Teil sechs Monate lang auf den Bedarf an ALG II angerechnet. Bei einem geerbten Haus gibt es also demnach sechs Monat lang kein ALG II laut § 11 Absatz 3 SGB II.
2.
Nein, grundsätzlich nicht, da sie das Vermögen ja auch nicht entsprechend nutzen können. Insofern sind sie zum jetzigen Zeitpunkt bedürftig und die Bedürftigkeit würde erst wegfallen, wenn sie das Haus uneingeschränkt nutzen könnten. Erst ab dem Zeitpunkt, an dem kein Leistungsanspruch mehr besteht, könnten Sie sodann auch keine Leistungen mehr beanspruchen. Rückzahlungen der Leistungen sind grundsätzlich nicht vorgesehen. Entweder gibt es einen Anspruch oder es gibt keinen Anspruch auf Sozialleistungen.
3.
Dies ist nicht so einfach zu beantworten, weil ja auch nicht vorauszusehen ist, in welchem sozialen Status Sie sich befinden, bzw. befinden werden. Beziehen Sie weiterhin Leistungen nach dem SGB II gilt das oben genannte. D.h. das Haus muss letztlich angemessen sein und mögliche Mieteinnahmen würden angerechnet werden. Es muss somit für Sie nicht zumutbar sein, das Haus zu verkaufen. Hier gilt wiederum § 12 Abs. 3 SGB II.
Ein anderer sozialer Status ist mir derzeit nicht bekannt und kann hier auch letztlich nur relativ schwer fiktiv eingebracht werden. Erhalten Sie zum Beispiel eine Rente oder andere Leistungen, zum Beispiel Arbeitslosengeld I, das Behalten des Hauses noch unproblematischer, da sie hier keine Sozialleistungen, sondern Versicherungsleistungen erhalten. Anders mag dies möglicherweise wiederum ausschauen, wenn Sie selbst zur Rente Grundsicherung erhalten. Dann erhalten Sie auch hier wieder Sozialleistungen, wobei dann ähnliche Regelungen wie im Rahmen des SGB II gelten. Angemessener Wohnraum, der im Eigentum steht, darf grundsätzlich nicht ohne weiteres verwertet werden.
Konnte ich Ihnen zunächst helfen? Gerne können Sie sich weiter an mich wenden. Über eine positive Bewertung würde ich mich sehr freuen.
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Natürlich, dann haben Sie ja keinen Anspruch mehr auf Leistungen und würden insofern auch vor keiner Verwertung des Hauses Angst haben müssen. Dann können Sie mit Ihrem Eigentum so verfahren, wie Sie möchten.
Sie können auch selbständig sein, wichtig ist nur, dass Sie sodann keine Sozialleistungen mehr beziehen, dann kann Ihnen auch kein Vermögen oder Einkommen angerechnet werden.
Gern stehe ich Ihnen weiterhin zur Verfügung.
Viele Grüße