Einschätzung zu einem Arbeitsverhältnis bezüglich Scheinselbständigkeit
Fragestellung
Sehr geehrte Frau Ordemann,
hier eine erneute Anfrage, meine letzte X-Mail hatte ich aus versehen zurückgezogen weil ich mich beim Preis vertippt hatte:
Ich bin selbständig (Gewerbe, Einzelunternehmer, Einzelhandel, EÜR) und betreibe seit 2017 einen sehr spezialisierten Fahrradladen. Ich vertreibe voranging lediglich eine Marke - ein hochpreisiges, beratungsintensives Faltrad aus London.
Bitte erlauben Sie mir eine kurze Schilderung meines Geschäfts bevor ich zu meinen eigentlichen Fragen komme, denn ich denke es ist wichtig für die Bewertung des Sachverhaltes:
Das Faltrad welches ich vertreibe ist modular konfigurierbar und wird individuell auf die Mobilitätsbedürfnisse der Käufer*innen zugeschnitten. Vor jedem Kaufabschluss stehen ein bis zwei Stunden Beratung, manchmal mehr. Wichtig für den Verkaufserfolg ist authentische Beratung - Beratung nicht von einem/einer geschulten Verkäufer/-in sondern von einer Person die das Rad selbst seit langer Zeit täglich im Alltag nutzt und Erfahrungen authentisch schildert. Die Kund*innen vergleichen oft mehrere der wenigen Händler dieser Marke in Berlin, und wählen denjenigen mit der besten Beratung.
Bisher führte ich den Laden allein (Beratung, Werkstatt, alles Andere)
Bisher führte ich den Laden allein (Beratung, Werkstatt, Buchhaltung, Marketing etc.) Aufgrund des guten Geschäftserfolges kann ich der Arbeit nicht mehr Herr werden und beschäftige deshalb seit einiger Zeit Frau K. Frau K nutzt selbst dieses Faltrad seit vielen Jahren, nicht nur im täglichen Einsatz in Berlin, sondern auch auf diversen Weltreisen. Sie ist eine hervorragende Markenbotschafterin und kann sehr authentisch die Eigenschaften und Einsatzzwecke dieses Faltrades vermitteln. Sie betreibt auch einen Blog über dieses Faltrad und ist für viele Interessent*innen fast schon ein „Promi“. Aktuell arbeitet Frau K für mich auf Rechnung.
Frau K ist seit langer Zeit selbständig (Gewerbe, Gewerbeanmeldung auf „Fotografie und digitale Konzeption“) und hat diverse Kunden. Sie bietet Fotografieworkshops an, Fotografie-Reisen in ferne Länder. Arbeitet in Berlin als Fahrrad-Guide für Schulklassen und Touristen. Und arbeitet in meinem Laden.
Frau K berät in meinem Laden Kund*innen (wir arbeiten nur nach Beratungstermin) und hilft ihnen, die perfekte Konfiguration für ihr Faltrad zu finden. Sie gibt den Kund*innen diverse Räder zu Probefahrten heraus und schildert alle Vor- und Nachteile aller Konfigurationsmöglichkeiten. Stets berichtet Frau K auch von Ihren persönlichen Erfahrungen mit dem Faltrad auf ihren Reisen.
Sobald Frau K zusammen mit den Kund*innen die Wunsch-Konfiguration des Rades gefunden hat, übergibt sie an mich, und ich erstelle das Angebot an die Kund*innen, prüfe die Lieferzeit, nehme ggf. die Anzahlung entgegen etc.
Frau K ist also lediglich in der Beratung, bzw. Schilderung ihrer persönlichen Erfahrungen mit dem Faltrad, tätig. Frau K. wählt ihre Arbeitszeiten (Umfang und Tage) jede Woche selbst, über ein Online-Terminbuchungssystem. An ihren „eingetragenen Tagen“ können dann Kunden Beratungstermine wahrnehmen.
Sowohl ich als auch (insbesondere) Frau K. würden gerne weiterhin die Zusammenarbeit „auf Rechnung“ fortführen. Gerade Frau K. betont den Wunsch auf Arbeit als Selbständige auf Rechnung, da sie Zeit ihres Lebens selbständig war, und auch die Flexibilität schätzt. So reist Frau K. jedes Jahr im Winter 4-5 Monate in ferne Länder, und alle 5-7 Jahre verreist sie auf eine 2jährige Weltreise.
Allerdings haben sowohl Frau K. als auch ich ein ungutes Gefühl bei der Zusammenarbeit auf Rechnung. Wir befürchten Konsequenzen bei einer Prüfung. Wir haben daher kürzlich über alternative Möglichkeiten der Zusammenarbeit gesprochen (Anstellung, gemeinsame GbR etc) aber wollten vor weiteren Schritten den Rat einer Expertin einholen.
Meine Fragen an Sie daher:
- Wie ist Ihre Einschätzung der Situation, ist eine Zusammenarbeit zwischen mir und Frau K. als Selbständige wie beschrieben auf Rechnung unbedenklich, oder haben Sie Bedenken bzgl. Scheinselbständigkeit?
- Falls Sie keine nennenswerten Bedenken haben, welche Dienstleistung (Formulierung) sollte Frau K. auf ihren Rechnungen in Rechnung stellen?
- Welche Konsequenzen drohen mir und Frau K. falls wir die Zusammenarbeit auf Rechnung fortführen und bei nach einer Prüfung der Scheinselbständigkeit „schuldig gesprochen“ werden?
Mit bestem Dank und freundlichen Grüßen
D.K.
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Rechtsanwältin Uta Ordemann
Sehr geehrter Mandant,
vielen Dank nochmals für Ihre Anfrage und auch die gewährte Fristverlängerung. Ich habe Ihre Fragen eingehend geprüft und lade meine Stellungnahme zu Ihren Fragen hier gleich gesondert hoch.
Falls Sie noch Fragen hierzu haben, melden Sie sich jederzeit gern.
Mit freundlichen Grüßen
Uta Ordemann
Rechtsanwältin
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Mit den besten Grüßen
Uta Ordemann
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