Einkommensteuerpflicht von Rentnern
Fragestellung
Sehr geehrter Herr Dr. Schenk,
folgende Konstellation:
Meine Eltern (Jahrgänge 1937 und 1938) beziehen Renteneinkünfte (gesetzliche RV) in Höhe von ca. 2.000,- Euro monatlich. Er ca. 1.200,- / Sie ca. 800,- Euro. Hinzu kommen Einkünfte aus Kapitalvermögen im vierstelligen Bereich pro Jahr je nach Zinslage.
Mein Vater ist letztes Jahr verstorben, meine Mutter bezieht nun zusätzlich zu Ihren eigenen 800 Euro Rente noch eine große Witwenrente von ca. 700 Euro.
Meine Eltern haben seit Eintritt in das Rentenalter vor ca. 12 oder 13 Jahren keine Steuererklärung mehr abgegeben, in der Annahme, sie seien als Rentner nicht mehr einkommensteuerpflichtig.
Meine Mutter will nun das Vermögen an mich verschenken. Der Betrag liegt knapp unterhalb der erbschaftssteuerpflichtigen Freigrenze.
Meine Fragen: Waren meine Eltern als Rentner unter den geschilderten Einkommensverhältnissen jemals einkommensteuerpflichtig? Kann es im Rahmen der Schenkung (Stichwort: Meldepflicht an das Finanzamt) zu Problemen für meine Mutter kommen? Die Schenkung soll relativ schnell über die Bühne gehen wegen eines Immobilienkaufs, wie sollen wir uns verhalten?
Vielen Dank
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Antwort von Steuerberater Dipl.-Kfm. Rainer Schenk
Sehr geehrte(r) Ratsuchende(r),
vielen Dank für Ihre Frage zum Thema Besteuerung von Renten bzw. Alterseinkünften.
In der Tat werden Millionen von Rentern in Deutschland vom Fiskus nachträglich zur Kasse gebeten. Grund hierfür ist das sogeannnte Alterseinkünftegesetz, dass seit dem Steuerjahr 2005 gültig ist. Die im dem Gesetz verankete Neuregelung sieht eine Besteuerung von Renteneinkünften aus den gesetzlichen Rentenversciehrung vor. Bis dahin wurde mehr oder weniger durch die Besteuerung des Arbeitslohnes eine Besteuerung der späteren gesetzlichen Renten abgegolten. Lediglich der Ertragsanteil wurde bis inkl. 2004 besteuert. Das führte dazu, dass der normale Rentner, ob ledig oder verheiratet, keine Steuer auf seine Rente zahlen musste.
Durch die Neuregeluing erfolgt nun schrittweise die Umstellung auf das Prinzip der nachgelagerten Versteuerung (d.h. über die Jahre ab 2005 [jeweiliger Renteeintrittbeginn] erhöht sich der steuerpflichtige Teil der Rente ebenso schrittweise. Durch die persönlche Steueridentifikationsnummer wird dies dem Fiskus mehr oder weniger automatisch ermöglicht, auf Knopfdruck von den Rentenversicherungsträgern die maßegblichen steuerlichen Werte übertragen zu bekommen.
Meist wird jedoch eine Steuer nur für die Fälle ausgelöst, in denen der Renter/die Rentnerin über hohe Renten verfügt und ggf. noch weitere Einkünfte hat. In Ihrem Fall gehe ich davon aus, dass die Eltern bereits vor dem Jahr 2005 ihren Renteneintritt hatten und somit die Besteuerungsverhältnisse zum 01.01.2005 für die Neuregelung zugrunde gelegt werden. D.h. es werden von der Bruttorente jeweils 50 % der Einkommensteuer unterworfen. Die Bruttrente von beiden Eltern lag somit bei rund 24.000 Euro im Jahr (vor Abzug eines Eigenbeitrages für die Kranklenversicherung und Pflegeversicherung, Beiträge zur Haftpflicht- oder Unfallversicherung). Würde es bei diesem Betrag bleiben und keine weiteren Einkünfte erhöhend hinzukommen, würde sich wegen des Grundfreibetrages eine Einkommensteuer von 0 Euro ergeben.
ollte es aber zu Kapitalerträgen von z.B. 9.000 Euro pro Jahr gekommen sein (nehme ich jetzt einfach an, da Sie von einem 4 stelligen Betrag geschrieben haben) würde dies bei sonst nicht vorhandenen Abzugsmöglichkeiten eine Einkommensteuer von ca. 400 Euro + Soli + KSt auslösen.
Würden sich die Kapitalerträge jeodch nur auf 5.000 Euro belaufen haben, wären wir wieder bei einer Steuer von Null. Ich habe auch angenommen, dass die Rente seit 2005 uneverändert geblieben ist. Dem wird so tatsächlich nicht sein, sodass die Rente heute bzw. bis zum letzten Jahr sukzessive gewachsen ist, mit der Folge, dass ab 2005 nicht bereits 24.000 brutto und davon 50 %, also 12.000 Euro besteuert würden,sondern eher weniger. Folge hiervon wäre dann auch unter Berücksichtigung der angenommenen 9.000 Kapitalerträge doch wieder eine Steuer nahe Null. Für die Jahre 2006 bis einschließlich 2008 würde sich die Berechnung analog ergeben. Es kann also durchaus zu einer geringen Steuer führen. Ich schätze das Risiko für 2005 bis 2008 auf maximal 1.600 Euro insgesamt.
Ab 2008 bis zum Tod Ihres Vaters und dem Beginn der Witwenrente verhält sich die Rentenbesteuerung analog, jedoch erhöhen die Kapitalerträge dann nicht mehr das Steuerbrutte aus den Renten. Grund: Die Abgeltungssteuer von 25 % (+ Soli + KiST = ca. 28 %) greift mit der abgeltenden Wirkung, wenn die Sparerfreibeträge überschritten sind. Damit entfalten die Kapitalerträge keine steuerliche Wirkung auf die restlichen steuerpflichtigen Einkünfte (Renten!).
Ab 2012 bzw. 2013 haben wir bei Ihnen weitere Veränderungen zu berücksichtigen, weil Ihre Mutter nun noch zusätzlich die Witwenrente bezieht und zwar mit Rentenieintrittsbeginn eben in 2012. In diesem Fall erbt die Mutter den Rentenfreibetrag des Vaters, weil dieser seinen Renteneintritt vor 2005 hatte. Damit werden auch nur die 50 % der Rente besteuert (soweit nach 2005 Rentenerhöhungen hinzugekommen sind, werden diese Erhöhungen jedoch höher versteuert. Nehmen wir vereinfachend an, dass die Rente der Mutter weiterhin 9.600 Euro beträgt und die Witwenrente 8.400 Euro, dann sind dies zusammen 18.000 Euro, davon 50 % liegen wir bei 9.000 Euro abzgl. Freibetrag 102 Euro und ggf. andere Abzugsposten. Es würde sich dann eine Steuerr von rund 100 Euro ergeben (wenn überhaupt, da ich ja nicht mehr Angaben habe). Bzgl. der Kapitalerträge verhält es sich wie seit 2009. Diese fallen bei der Steuer auf beide Renten nicht ins Gewicht, das die Abgeltungssteuer greift.
Sie können durchaus damit rechnen, dass Ihre Mutter noch vom Finanzamt angeschrieben wird. Ich rate Ihrer Mutter, die Steuererklärungen ab 2005 abzugeben, um Klarheit zu erhalten. Bei besonders miltitanten Finanzämtern kann sogar einer der Beamten auf die Idee kommen, eine Steuerhinterziehung zu unterstellen :-( . Ist aber schon sehr abwegig.
Viel Arbeit ist das nicht mit den Steuererklärungen, aber Sie haben dann alle Gewissheit. Ab 20012 und ab 2013 sowieso muss die Steuererklärung jährlich abgegeben werden. Hat Ihre Mutter jedoch eine Steuer von NULL (ab 2013) kann man eine Nichtveranlagungsbescheinigung beim Finanzamt beantragen. Dann entfällt zunächst die Abgabepflicht für die Steuererklärung, solange sich nichts wesentlich ändert.
Ich denke, dass es bei der Schenkung nicht hinderlich ist, dass Sie in dem Schenkungsvertrag berücksichtigen,dass in Höhe der bis inkl. 2012 etwaig entstandenen Steuerbelastung Ihrer Mutter, Sie verpflichtet werden, die Steuer aus dem Geschenkten Vermögen der Mutter zurückzugewähren (Schenkung unter Auflage). Oder Sie machen die Steuererklärungen für die Jahre 2005 bis 2012 fertig (wir helfen Ihnen gerne dabei!) und dann steht der Betrag fest, der von der Schenkung von vorweg abgezogen wird.
Ich hoffe, dass Ihre Fragen beantwortet sind und bitte Sie herzlich, mir eine entsprechende Bewertung über die Plattform zukommen zu lassen.
Vielen Dank für den Auftrag und vielleicht hört oder leist man sich ja wieder.
Beste Grüße
Rainer Schenk
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