DBA D-CH - Besteuerung einer Kapitalabfindung / Einlage in die Pensionskasse
Fragestellung
Ein Arbeitnehmer ist Wochenaufenthalter in der Schweiz mit Ansässigkeit in Deutschland. Das Besteuerungsrecht hat für die nichtselbständge Arbeit der Tätigkeitsstaat (CH).
Der Arbeitnehmer scheidet infolge einer Restrukturierung zum Ende des Jahres 2020 aus und erhält eine Kapitalabfindung die auf dem Lohnausweis wir folgt ausgewiesen wird:
Möglichkeit 1)
Der komplette Abfindungs-Betrag wird auf dem Schweizer Lohnausweis als Kapitalabfindung deklariert: "Kapitalleistungen - Kapitalabfindung"
Möglichkeit 2)
Der Abfindungs-Betrag wird aufgeteilt in eine Einzahlung in dei Pensionskasse und eine Kaputalabfindung.
AN erhält vom Arbeitgeber und der Pensionskasse unterschriebene Bescheinigung welche die Einzahlung in die PK als eine "Deckung einer durch das vorzeitige Ausscheiden entstandene Vorsorgelücke" deklariert. Diese kann unter gewissen Voraussetzungen in CH steuerfrei gestellt werden.
Dieser Betrag findet sich im Lohnausweis unter "Kapitalleistungen Einlage Pensionskasse";
der restliche Betrag der K.A. würde wieder unter "Kapitalleistungen - Kapitalabfindung" aufgeführt.
Wer hat in den beiden Fällen das Besteuerungsrecht? Der Ansässigkeitsstaat (D) oder der Tätigkeitsstaat ?
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Antwort von Steuerberater, Dipl.-Kfm. (FH) Eugen Erhart
Sehr geehrte*r Ratsuchende*r,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Gerne beantworte ich Ihre Anfrage basierend auf den von Ihnen gemachten Angaben. Bitte beachten Sie, dass eine Ergänzung oder Abwandlung der Tatbestände zu einem anderen Ergebnis führen können.
Ausgangssituation
Gemäß Ihren Angaben handelt es sich um einen Arbeitnehmer, welcher abkommensrechtlich in Deutschland ansässig ist (Art. 4 des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen Deutschland und der Schweiz [DBA]).
Des Weiteren geben Sie an, dass das Besteuerungsrecht für die nichtselbständige Arbeit ausschließlich auf den Tätigkeitsstaat Schweiz entfällt (Art. 15 DBA) und, dass es sich bei dem Arbeitnehmer nicht um einen Grenzgänger i.S.d. Art. 15a DBA handelt („Wochenaufenthalter in der Schweiz“).
Besteuerungsrecht Abfindung
Fraglich ist, ob die Abfindungszahlung in Ihrem Fall unter den Art. 15 DBA (nichtselbstständige Arbeit) oder den Art. 18 DBA (Ruhegehälter) zu subsumieren ist.
a) Qualifikation als Vergütungen aus unselbständiger Arbeit
Die Abfindung fällt unter den Art. 15 DBA, wenn sie anlässlich der Beendigung eines Dienstverhältnisses gezahlt wird (§ 50d Abs. 12 EStG) und ihr kein Versorgungscharakter i.S.d. § 24 Abs. 1 Satz 1 KonsVerCHEV beizumessen ist.
In diesem Fall entfällt das Besteuerungsrecht auf den Tätigkeitsstaat Schweiz gemäß Art. 15 Abs. 1 Satz 2 DBA.
b) Qualifikation als Ruhegehälter und ähnliche Vergütungen
Die Abfindungszahlung fällt unter den Art. 18 DBA, wenn ihr Versorgungscharakter beizumessen ist (§ 24 Abs. 1 Satz 1 KonsVerCHEV).
In diesem Fall entfällt das Besteuerungsrecht auf den Ansässigkeitsstaat Deutschland gemäß Art. 18 DBA.
c) Kriterien zur Bestimmung, ob Versorgungscharakter vorliegt
Abfindungen haben Versorgungscharakter, wenn sie unmittelbar der Versorgung des Arbeitnehmers dienen.
- Das ist nur der Fall, wenn der Arbeitnehmer in unmittelbarem Zusammenhang mit der Abfindung aus dem Arbeitsleben ausscheidet und zu erwarten ist, dass er nicht erneut eine Berufstätigkeit aufnehmen wird.
- Versorgungscharakter hat die Abfindung danach beispielsweise, wenn die Abfindung den Zeitraum bis zum Beginn der Zahlung von Altersruhegeld überbrücken soll, oder wenn aufgrund des Alters des Arbeitnehmers nicht zu erwarten ist, dass er eine neue Anstellung finden wird.
- Es kommt auf objektive Kriterien an.
- Die Absicht des Arbeitnehmers, keine neue Berufstätigkeit mehr aufzunehmen, genügt nicht, wenn nach objektiven Kriterien eine solche neue Berufstätigkeit möglich wäre.
- Abfindungen zur Ablösung eines Pensionsanspruchs, die während eines laufenden Arbeitsverhältnisses oder bei dessen Beendigung gezahlt werden, sind als laufende Vergütungen aus unselbständiger Arbeit nach Art. 15 Abs. 1 DBA zu behandeln und können im Tätigkeitsstaat besteuert werden, sofern diesem das Besteuerungsrecht für die aktive Tätigkeit zustand. Sie können dagegen Versorgungscharakter haben, wenn der Arbeitnehmer höchstens ein Jahr vor dem Eintritt in den gesetzlichen Ruhestand steht. Ein Ruhegehalt kann weiterhin vorliegen, wenn bereits laufende Pensionszahlungen kapitalisiert und in einem Einmalbetrag ausgezahlt werden.
vgl. Haufe, HI6794086, Abfindungen (Arbeitnehmer) – ABC IntStR v. 18.7.2016 und
BMF-Schreiben vom 03.05.2018, IV B 2 - S 1300/08/10027, Rn. 225 f. und 229 f.
d) Auszahlungsart
Für die Frage, ob in Ihrem Fall Versorgungscharakter beizumessen ist, ist es nicht entscheidend, ob die Auszahlung der Abfindung als
- Einmalzahlung oder
- (zum Teil) im Wege einer Umwandlung in eine Pensionskasse
erfolgt.
Vielmehr sind bei beiden Varianten für die Frage des Besteuerungsrechts die objektiven Kriterien unter Buchstabe c) heranzuziehen.
Ergebnis
Ihn Ihrem Fall ist es zur Bestimmung des Besteuerungsrechts entscheidend, ob der Abfindung ein Versorgungscharakter beizumessen ist.
Aus den von Ihnen gemachten Angaben geht nicht eindeutig hervor, ob Versorgungscharakter vorliegt. Wie unter Buchstabe c) beschrieben, sind hierzu bestimmte objektive Kriterien heranzuziehen.
Aufgrund der Komplexität des Falls empfiehlt es sich zudem die Kriterien die zur Bestimmung des Besteuerungsrechts geführt haben schriftlich zu dokumentieren um diese bei Bedarf den Finanzbehörden vorlegen zu können.
Mit freundlichen Grüßen
Dipl.-Kfm. (FH)
Eugen Erhart
Steuerberater
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Ist die Fünftel Regelung dann noch sinnvoll anwendbar und gäbe es eine Möglichkeit über das Betriebsrenten-Stärkungsgesetz durch Einzahlung der K.A: in die Pensionskasse die Steuerlast in D zu mindern?
Die Fünftelregelung nach § 34 EStG kommt für die Besteuerung der Abfindung grds. in Betracht wenn alle
Voraussetzungen erfüllt sind. Ggf. kommt auch eine Verschiebung der Auszahlung der Abfindung ins Folgejahr in
Betracht um eine Zusammenballung von Einkünften in einem Veranlagungszeitraum zu vermeiden (ggf. Vorteil beim Steuersatz).
Die gängigen Lohnsteuererleichterungen bei der Altersvorsorge kommen in Ihrem Fall möglicherweise nicht in Betracht, da Ihr Arbeitgeber im Ausland ansässig ist.
Bitte beachten Sie, dass es sich hierbei nur um unverbindliche Überlegungen handelt, da die weiteren Fragen nicht über das
Auftragshonorar abgedeckt sind.
Mit freundlichen Grüßen
Dipl.-Kfm. (FH)
Eugen Erhart
Steuerberater