Berechnung des genauen Nettoabfindungsbetrags
Beantwortet von Steuerberater Dipl-Finanzwirt Jeannette Klüsener
Fragestellung
Sehr geehrte Frau Uhlig,
könnten Sie mir den genauen Netto Auszahlungsbetrag für eine Abfindung von 70000 EUR nennen?
Der Abfindungsbetrag erfolgt auf Grund eines Aufhebungsvertrags durch Veranlassung seitens des Arbeitgebers.
Der Beendigungstermin ist der 29.02.2016.
Monatsgehalt: 4948 EUR + 40EUR VWL
Beschäftigt seit: 15.März 2006 bei der Firma
Bundesland: Hessen
Steuerklasse: 3
Kinderfreibetrag: 1.0
Verheiratet: Steuerklasse Ehefrau: 5
Neuer Job: Noch nicht in Aussicht.
Benötigen Sie noch mehr Daten für die Ermittlung des genauen Betrags?
Wir bei der Besteuerung Jan2016 und Feb2016 berücksichtigt oder das Vorjahr?
Muss die 5tel Regel angewendet werden?
Wer entscheidet wie berechnet wird?
MfG
Ahmet
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Antwort von Steuerberater Dipl-Finanzwirt Jeannette Klüsener
Sehr geehrte Ratsuchende,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Ich möchte Ihnen nachfolgend im Rahmen einer Erstberatung einen Überblick über die steuerlichen Besonderheiten Ihres vorgetragenen Sachverhalts geben:
Eine Abfindung ist eine einmalige, außerordentliche Zahlung, die der Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber bekommt. Sie ist eine Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes und der damit verbundenen Verdienstmöglichkeit.
Seit 2006 sind Abfindungszahlungen in vollem Umfang steuerpflichtiger Arbeitslohn. Eine Abfindung wird nicht regelmäßig gezahlt, sondern gehört zu den außerordentlichen Einkünften nach § 24 Nr.1a EStG: Entschädigungen, die als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen gewährt worden sind oder gewährt werden.
Der Arbeitgeber ist laut Einkommensteuergesetz (EStG § 39b Abs. 3) verpflichtet, die Lohnsteuer und die Steuern auf die Abfindung einzubehalten.
Die Abfindung gilt als „sonstiger Bezug“ und wird nach der Fünftelregelung besteuert.
Bei der Fünftelregelung bei Abfindungen wird so gerechnet, als würden Sie 5 Jahre lang 1/5 der Abfindung erhalten.
Besteuerung der Abfindung nach der Fünftelregelung:
Das Finanzamt akzeptiert die Fünftelregelung nur unter bestimmten Voraussetzungen.
Es ist unter bestimmten Voraussetzungen möglich, bei der Versteuerung einer Abfindung eine Steuerermäßigung in Form der sogenannten Fünftelregelung (Tarifermäßigung) zu erreichen.
Es muss beispielsweise zu einer "Zusammenballung von Einkünften" kommen. Das heißt, dass der Arbeitnehmer durch die Abfindung mehr Geld im Jahr bekommt als er es bei einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erhalten hätte.
Kurz zur Erläuterung zur Berechnung der Fünftelregelung:
Es wird die Differenz der Steuer für das Einkommen ohne Abfindung und der Steuer für das Einkommen inklusive einem Fünftel der Abfindung gebildet. Diese Differenz bildet dann den Steuerbetrag für ein Fünftel der Abfindung und muss nur noch verfünffacht werden, um die Steuer für die gesamte Abfindung zu erhalten. So ergibt sich eine geringere Steuerprogression und damit eine deutlich geringere Steuerbelastung, als wenn der Gesamtbetrag in einer Summe der Steuer unterworfen würde. Dies leitet sich aus der Staffelung der Einkommensteuertabellen ab.
Soll heißen auf Ihren Beispielsfall berechnet:
Abfindung: 70.000
Bruttoarbeitslohn: 9.976 EUR
Bei Anwendung der Fünftelregelung unter Anwendung der Splittingtabelle bleiben Ihnen voraussichtlich EUR 66.191,45 von Ihrer Abfindung erhalten: ESt, SolZ: EUR 3.808,55 ohne Berücksichtigung der Kirchensteuer.
Einfluss auf die letztendlich zu zahlende Einkommensteuer haben die Ihnen evtl. in 2016 gewährten Lohnersatzleistungen und der noch zu erzielende Bruttoarbeitslohn von Ihnen und Ihrer Frau.
Entscheiden Sie sich gegen die Fünftelregelung, versteuern Sie die 79.976 Euro komplett als steuerpflichtige Einnahmen und zahlen auf diesen Betrag Ihre Einkommensteuer (Differenz zur Fünftelregelung Einkommensteuer rd. 13 TEUR).
Je höher Ihr Einkommen ist, umso geringer ist Ihr Vorteil durch die Fünftelregelung bei Abfindungen.
Möglich wäre noch:
Der ermäßigte Steuersatz auf die Abfindung ist grundsätzlich nur möglich, wenn diese in einem Betrag ausbezahlt wurde. Dabei wäre es eigentlich in vielen Fällen steuerlich günstiger, wenn sie in zwei Raten bezahlt werden könnte. Schließlich haben Sie als Gekündigter im Folgejahr – noch ohne neuen Arbeitsplatz – geringere Einkünfte zu versteuern, und der Grundfreibetrag (und weitere Freibeträge wie Kinderfreibeträge) führen zu einer niedrigeren Bemessungsgrundlage.
Dass die Abfindung aufgespalten werden kann, haben die höchsten Steuerrichter abgesegnet (BFH, Urteil vom 11. November 2009, Az. IX R 1/09). Bei Verhandlungen mit dem Arbeitgeber über die Abfindungshöhe ist mithin die darauf entfallende Einkommensteuer zu berücksichtigen.
Wenn die Abfindung aufgespalten wird, kann die Fünftel-Regelung nicht mehr für alle Raten angewandt werden, es sei denn, es wird nicht mehr als fünf Prozent der Hauptsumme auf ein anderes Kalenderjahr verschoben (Schreiben vom 17. Januar 2011, Az. IV C 4 – 2290/07/10007:005). Diese fünf Prozent tolerieren Finanzämter. Im Gesetz ist jedoch keinerlei Grenze definiert. Bitte auch hier im konkreten Einzelfall beraten lassen!
Anmerken möchte ich noch:
Abfindungszahlungen sind sozialversicherungsfrei. Sozialversicherungsbeiträge fallen dagegen nicht an (§ 14 SGB IV Sozialgesetzbuch). Das gilt für alle Zweige: für die Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung.
Und...
Sie können unter Umständen Steuern sparen, indem Sie evtl. die Abfindung freiwillig in die gesetzliche Rentenversicherung, in eine Direktversicherung oder in eine Rürup-Rente einbezahlen. Bitte lassen Sie sich dahingehend dann bezogen auf Ihren individuellen Einzelfall beraten!
Ich hoffe, meine Antwort hat Ihnen weitergeholfen.
Mit freundlichen Grüßen
Jeannette Uhlig, Steuerberaterin
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