Bahncard 100 und Entferungspauschale
Fragestellung
Sehr geehrter Herr Malissa,
meine Frage bezieht sich auf das Thema Bahncard 100 im Zusammenhang mit der Einkommenssteuererklärung (Entfernungspauschale und ein möglicher Bezug über den Arbeitgeber).
Hintergrund:
In ein paar Monaten werde ich in eine andere Stadt umziehen. Künftig werde ich dann ca. 140 km Weg (einfache Strecke) zur Arbeit pendeln. Diesen möchte ich mit dem Zug zurücklegen und mir dafür eine Bahncard 100 (Preis 3.952 Euro) anschaffen.
Für den Bezug der Bahncard (BC) stehen mir nach Gespräch mit meinem Arbeitgeber (AG) drei Möglichkeiten zur Verfügung:
Variante 1: Ich beziehe die BC 100 privat und unabhängig vom AG
Variante 2: Der AG stellt mir eine BC 100 zur Verfügung, deren Kosten (abzüglich der Kosten für eine BC50, die mir der AG sonst gewöhlich für Dienstreisen stellt) ich im Rahmen einer Entgeltumwandlung monatlich an den AG zurückzahle.
Variante 3: Der AG stellt mir anstelle eines ansonsten vorgesehenen Bonuses die BC100 als Jobticket zur Verfügung. Seit diesem Jahr besteht anscheinend die Möglichkeit, die BC100 steuerfrei analog zum Jobticket zu beziehen.
Komplizierend kommt nun hinzu, dass ich gelegentlich Dienstreisen durchführe und diese in der Regel mit dem Zug bestreite (geschätzte Fahrtkosten ca. 2.000 Euro im Jahr mit einer BC50). Künftig kann ich nun dem AG dafür dann im Rahmen der Reisekostenabrechnung fiktive Fahrtkosten, wie die einer BC50 entstanden wären, abrechnen.
Nun meine Fragen:
Im Kern möchte ich wissen, welche Variante für mich steuerlich am sinnvollsten ist?
Im Detail:
Welchen Einfluss haben die unterschiedlichen Varianten auf die Möglichkeit, die Entferungspauschale (die ich prinzipiell bis zum Maximalbetrag von 4.500 Euro geltend machen könnte? Bei Variante 3 gehe ich davon aus, dass ich in diesem Fall keine Entfernungspauschale geltend machen kann. Wie verhält es sich bei Variante 2? Würde dabei anerkannt, dass ich die BC letzlich selbst bezahle oder gilt die BC als "vom AG zur Verfügung gestellt"?
Un zuletzt: Wie wirken sich abgrechnete Reisekosten auf die Entfernungspauschale in den drei Varianten aus? Macht es hier einen Unterschied, ob ich die BC über über den AG (Variante 2) oder privat (Variante 1) beziehe?
Gibt es darüber hinaus Aspekte, die zu berücksichtigen sind?
Vielen Dank für Ihre Hilfe!
Freundliche Grüße und Gesundheit
J. L.
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Steuerberater Tomasz Malissa
Sehr geehrte Ratsuchende,
zunächst einmal vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich auch aufgrund Ihrer Angaben und vor dem Hintergrund Ihres Einsatzes im Rahmen einer Erstberatung auf yourXpert gerne beantworte. Die Beantwortung erfolgt gemäß der von Ihnen vorgenommen Sachverhaltsschilderung. Fehlende oder fehlerhafte Angaben zu den tatsächlichen Verhältnissen können das rechtliche Ergebnis durchaus beeinflussen.
Grundsätzlich:
Darf der Arbeitnehmer die Bahncard 100 auch privat nutzen, kann das steuerfrei erfolgen, wenn die Kosten der Bahncard 100 durch die eingesparten Kosten im Rahmen der Diensttätigkeit wieder amortisieren. Der Arbeitgeber kann bereits bei Ausgabe der Bahncard 100 bzw. am Anfang des Kalenderjahres im Rahmen einer Prognoseberechnung prüfen, ob die Bahncard 100 steuerfrei dem Arbeitnehmer zur privaten Mitnutzung überlassen werden kann.
Dabei wird zwischen Fahrten bei Auswärtstätigkeiten (Steuerbefreiung gem. § 3 Nr. 16 EStG) und Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte (Steuerbefreiung gem. § 3 Nr. 15 EStG) für die die Bahncard 100 eingesetzt wird, unterschieden.
Zudem muss für die Anwendung der Steuerbefreiung gem. § 3 Nr. 15 EStG die Bahncard 100 dem Arbeitnehmer zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn überlassen worden sein.
Nachfolgend die für Sie und Ihren Arbeitgeber steuerlich günstigste Möglichkeit der Überlassung einer Bahncard 100 zu auch privaten Zwecken.
Ihr Arbeitgeber überlässt Ihnen die Bahncard 100 als Bonus (Ihre Variante 3):
Kosten der Bahncard pro Jahr 3.952 €
prognostizierte jährliche Kosten für Dienstreisen -2.000 € (§ 3 Nr. 16 EStG)
verbleiben für Fahrten Wohnung - 1. Tätigkeitsstätte 1.952 € (§ 3 Nr. 15 EStG)
Sollten Ihre Aufwendungen für Fahrten Wohnung zu 1. Tätigkeitsstätte Kosten iHv. 1.952 € pro Jahr überschreiten (bei 140km Entfernung und 0,30 € ist das ab der 47. Fahrt der Fall), ist die Überlassung der Bahncard 100 von Ihrem Arbeitgeber an Sie steuerfrei, weil die amortisierten Kosten höher als die der Kosten der Bahncard 100 sind.
Um die Steuerfreiheit zu erreichen, ist es wichtig, dass die Bahncard zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn überlassen wird. Nach aktuellster Rechtsprechung ist dies nun auch im Rahmen von Entgeltumwandlungen möglich (BUNDESFINANZHOF Urteil vom 1.8.2019, VI R 32/18). Das bedeutet, dass sowohl Variante 2 und 3 in Ihrem Fall möglich wären.
Zu den Varianten im einzelenen und zu den Werbungskosten:
Variante 1:
Sie müssen die Karte von Ihrem Nettoeinkommen, nach Abzug von Sozialversicherung und Steuern bezahlen. Sie erhalten lediglich einen Werbungskostenabzug von max. 4.500 € bzw. der Kosten der Bahncard. Bei einer einfach Fahrstrecke von 140km ergeben sich die 4.500 € bereits bei 108 Fahrten zur 1. Tätigkeitsstätte.
Selbst bei einem Abgabensatz von 50% würde Sie die privat gekaufte Bahncard noch mit 1.698 € netto belasten (3952 € - (4.500 € * 50%)) Die Kosten für Dienstfahrten könnten Sie sich von Ihrem Arbeitgeber erstatten lassen. In welcher Höhe wäre individuell zu vereinbaren. Dies wären evtl. auch steuerpflichtig.
Varianten 2:
Diese Variante ist gegenüber Variante 2 und 3 ungünstiger und kaum sinnvoll darzustellen.
Variante 3:
Hier verbleibt Ihnen eine maximaler Werbungskostenabzug iHv 4.500 € abzgl. des steuerfrei überlassenen Vorteils iHv. 1.952 € = 2.548. Das bedeutet, dass sie zusätzlich zu der Bahncard 100 noch einen maximalen Werbungskostenabzug iHv. 2.548 € haben. Dem gegenüberzustellen ist jedoch der Bonus, den Sie nicht ausbezahlt bekommen.
Abschließend:
Die Variante 3 ist für Sie und Ihren Arbeitgeber die komfortabelste Variante. Sollte der Bonus auf den Sie verzichten jedoch deutlich über 4.000 € brutto liegen, wäre evtl. Variante 1 doch günstiger. Dies bedürfe jedoch einer umfangreicheren Betrachtung.
Gerne stehe ich Ihnen für eine Rückfrage zur Verfügung und im Übrigen würde ich mich, für den Fall, dass Sie mit meiner Beratung zufrieden waren, über eine positive Bewertung hier auf yourXpert sehr freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Tomasz Malissa
Steuerberater, Certified Internal Auditor (CIA)
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vielen Dank für Ihre Antwort!
Ich hätte noch zwei Rückfragen (von denen die erste die wichtigere ist):
1. Sie schreiben unter Variante 1: "Selbst bei einem Abgabensatz von 50% würde Sie die privat gekaufte Bahncard noch mit 1.698 € netto belasten (3952 € - (4.500 € * 50%))". Diese Rechnung verstehe ich nicht. Könnten Sie dies bitte nochmal erläutern? Wieso multiplizieren sie die Pausche mit 50%? Im Endeffekt müsste ich doch 4.500 Euro weniger Steuern zahlen - das ist mehr, also mich die Bahncard eigentlich netto belastet.
2. Sie schreiben Variante 2 wäre ungünstiger wie Variante 3. Ihren Hinweis oben auf des Urteil des Bundesfinanzhofs (1.8.2019, VI R 32/18) verstehe ich jedoch so, dass Variante 2 eigentlich gleich wie Variante 3 sein müsste?
Bei einer Bonusumwandlung würde mir exakt der Preis der Bahncard vom Bonus abgezogen werden.
Vielen Dank für eine Klärung!
J.L.
vielen Dank für Ihre Nachfrage.
1. Ein Werbungskostenabzug ist nicht! gleichzusetzen mit einer Steuerersparnis. Sie können die BC mit 4.500 als WK zum Abzug bringen. Dh Sie haben ein um 4.500 niedrigeres Einkommen. Wenn wir von einem maximalen Abgabensatz von 50% ausgehen, ergibt sich darauf eine Steuerersparnis von 50% auf den Werbungskostenabzug.
50% Steuern auf Bruttoeinkommen 50.000 = Steuer 25.000 , Netto 25.000
50% Steuern auf Bruttoeinkommen 50.000 ./. WK 4.500 € = 45.500 = Steuer 22.750 €, Netto 27.250 ./. BC 3.952 = Netto 23.298 = 1.702 Nettobelastung (nicht 1.698 war Tippfehler)
2. Grundsätzlich haben Sie recht. Ich bin mir hier jedoch nicht sicher, ob hier ein Abschmelz/Rückzahlungsmodell über die Lohnabrechnung funktioniert, da es sich um einen einmalig gewährten Vorteil handelt, der gar nicht auf der Lohnabrechnung auftaucht. Das müsste dann der StB Ihres Arbeitgebers entscheiden.
Aber in jedem Fall ist die Zurverfügungstellung einer BC 100 durch Ihren Arbeitgeber für Sie und Ihn von Vorteil.
Viele Grüße
Tomasz Malissa