Ausschluss vom Klinikbereitschaftsdienst am Wochenende
Fragestellung
Sehr geehrte Frau Ordemann!
Mein Vorgesetzter nimmt mich gegen meinen Willen aus dem Klinikbereitschaftsdienst, zumindest aus den Wochenendtagen (Freitag- Sonntag, Feiertag).
Ich war im Jahr 2019 insgesamt mehr als 25 Tage arbeitsunfähig, fühle mich aber weiterhin in der Lage, meinen Beruf uneingeschränkt ausfüllen zu können. Aber mit der Begründung einer hohen Anzahl an Krankheitstagen soll ich nicht mehr an Wochenendiensten teilnehmen dürfen. Dabei stehen Krankheit und Dienste in keinem direkten Zusammenhang.
Seit meinem Berufseinstieg als Arzt im September 1984 nehme ich regelmäßig und ununterbrochen am Bereitschaftsdienst teil, in der Woche und an Wochenenden und Feiertagen. Der Bereitschaftsdienst und die daraus erzielte Vergütung ist von Anfang an ein fest integrierter Bestandteil meines Berufslebens. Durch die jetzt geltende tarifliche Regelung „Bereitschaftsdienst mit Freizeitausgleich“ können nur noch Bereitschaften an Wochenenden und Feiertagen ein zusätzliches Einkommen erzielen. Ich bin auf diese zusätzliche monatliche Vergütung angewiesen, denn ich kann diese damit verbundenen Einkommenseinbuße von ca. 1000 € / Monat nicht anderweitig kompensieren.Aber zu Bereitschaftsdiensten an Wochentagen werde ich weiterhin eingeteilt! ( Die Belastungen aus dem Bereitschaftsdienst ergeben sich hauptsächlich aus der gestörten Nachtruhe und sind in allen Diensten gleich!) Im November 2019, Dezember 2019 und Januar 2020 wurden mir trotz meines Wunsches keine Wochenenddienste zuerkannt!
Seit mehr als 23 Jahren bin ich betriebszugehörig, Bereitschaftsdienste gehören zu meinen dienstlichen Pflichten, auch an Sonn- und Feiertagen.
Diese jetzigen Sanktionen, die eine Geldstrafe darstellen und mit einer Krankheitshäufung begründet werden, will ich mir nicht bieten lassen.
Ich möchte anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen, denn ich bin der Meinung, dass ich aus der jahrelangen Bereitschaftsdienstvergütung einen Anspruch auf entsprechenden Zuverdienst erworben habe, der nicht so ohne weiteres und grundlos gekürzt oder gar gestrichen werden kann, da diese zusätzliche Vergütung als fester Bestandteil meines Einkommens anzuerkennen ist.
Die innerbetrieblichen Abläufe erfordern auch weiterhin durchgehend den Klinikbereitschaftsdienst.
Mit freundlichen Grüßen
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Rechtsanwältin Uta Ordemann
Sehr geehrter Mandant,
vielen Dank für Ihre Anfrage, zu der Folgendes anzumerken ist:
1.
Aus Ihrem Arbeitsvertrag ergibt sich nach Ihren Angaben, dass Sie zur Ableistung von Bereitschaftsdiensten auch an Wochenenden bzw. Sonn- und Feiertagen verpflichtet sind. Eine derartige Regelung findet sich auch in den meisten Arbeitsverträgen von Mitarbeitern in Kliniken oder auch den einschlägigen Tarifverträgen wieder.
Diese vertragliche Regelung sieht aber lediglich vor, dass der Arbeitgeber Sie bei einem entsprechenden betrieblichen Bedarf auch zu Bereitschaftsdiensten am Wochenende und an Feiertagen einteilen kann und Sie dann auch zur Ableistung dieser Dienste verpflichtet sind. Ein Rechtsanspruch des Mitarbeiters, auch an Wochenenden zu Bereitschaftsdiensten eingeteilt zu werden, lässt sich aus dieser Regelung noch nicht herleiten.
2.
Ein Anspruch ergibt sich hier aber aus betrieblicher Übung, da Sie seit September 1984 regelmäßig an diesen Bereitschaftsdiensten auch am Wochenende teilnehmen, wodurch sich dann jeweils auch eine höhere Vergütung ergibt. Aufgrund dieser langjährigen Praxis konnten und durften Sie somit darauf vertrauen, dass Sie auch zukünftig zu Bereitschaftsdiensten am Wochenende und an Feiertagen eingeteilt werden, zumal der Arbeitgeber nach den mir vorliegenden Angaben auch zu keinem Zeitpunkt erklärt hat, dass die Einteilung zu den Bereitschaftsdiensten am Wochenende und an Feiertagen jeweils nur unter Vorbehalt erfolgt und kein Rechtsanspruch des Mitarbeiters darauf besteht, auch zukünftig für diese Bereitschaftsdienste eingeteilt zu werden. Ein solcher Vorbehalt ist hier offensichtlich zu keinem Zeitpunkt erklärt worden, so dass Sie aus betrieblicher Übung, die jahrzehntelang praktiziert wurde, einen Anspruch darauf haben, auch bei der Einteilung zu den Bereitschaftsdiensten am Wochenende berücksichtigt zu werden. Andernfalls würde dies zu einer Verringerung Ihrer regelmäßigen Vergütung führen, die aber nicht einseitig reduziert werden kann. Dies wäre nur im Einvernehmen oder aber über eine Änderungskündigung möglich. Für eine Änderungskündigung müsste es dann auch wiederum personenbedingte Gründe geben. Eine Arbeitsunfähigkeit von 25 Tagen im letzten Jahr würde hierfür als Grund aber sicher nicht ausreichen, zumal - wie Sie ausführen - die Arbeitsunfähigkeit auch nicht auf die Bereitschaftsdienste am Wochenende zurückzuführen ist.
3.
Der Arbeitgeber kann im Rahmen seiner Fürsorgeverpflichtung zwar Maßnahmen ergreifen, wenn er den Eindruck hat, dass die Belastung zu hoch ist und er daher Gesundheitsgefährdungen von dem Mitarbeiter abwenden möchte. Hierzu wäre er als Arbeitgeber dann sogar verpflichtet.
Die Maßnahmen das Arbeitgebers müssen dann aber geeignet sein, die Belastungen zu reduzieren und dürfen vor allem auch nicht willkürlich sein. Wie Sie ausführen, liegt die Belastung hier in erster Linie in der unterbrochenen Nachtruhe während der Bereitschaftsdienste. Sie liegt hingegen nicht in dem Umstand begründet, dass es sich um Bereitschaftsdienste am Wochenende handelt. Anders würde es sich unter Umständen nur dann verhalten, wenn es durch zusätzliche Bereitschaftsdienste auch am Wochenende zu einer noch deutlich höheren zeitlichen Belastung käme, was hier aber offensichtlich nicht der Fall ist.
Der Arbeitgeber kann daher nicht einfach einseitig bestimmen, dass Sie zukünftig nicht mehr an den Bereitschaftsdiensten am Wochenende teilnehmen, wenn es keinen sachlichen Grund hierfür gibt und die Vorgehensweise damit willkürlich ist. Unabhängig davon ist dieses Vorgehen auch mit einer deutlichen Gehaltseinbuße verbunden. Der Arbeitgeber hat auch zu keinem Zeitpunkt einen dahingehenden Vorbehalt erklärt, dass in der Zukunft kein Anspruch auf die Einteilung zu Bereitschaftsdiensten am Wochenende besteht. Daher haben Sie hier einen Anspruch aus betrieblicher Übung, auch zukünftig am Wochenende zu diesen Diensten einteilt zu werden, erworben.
4.
Ich gehe davon aus, dass Ihre Kollegen weiterhin zu Bereitschaftsdiensten auch am Wochenende und an Feiertagen eingeteilt werden. Für den Fall, dass Ihr Arbeitgeber Sie zukünftig von diesen Diensten ausnimmt, wäre dies auch nur dann berechtigt, wenn es einen sachlichen Grund hierfür gebe; denn es darf keine Ungleichbehandlung der Mitarbeiter geben, es sei denn, dass es einen sachlichen Grund für die Ungleichbehandlung gibt und der Arbeitgeber damit berechtigt wäre, sachlich zu differenzieren.
Da der Arbeitgeber Sie hiermit aber von den Bereitschaftsdiensten nur am Wochenende ausnimmt, ohne dass es hierfür offensichtlich einen sachlichen Grund gibt, stellt dies eine Ungleichbehandlung gegenüber den anderen Mitarbeitern bzw. Ärzten dar, die rechtlich nicht zulässig ist.
Aus alledem ergibt sich, dass das Vorgehen des Arbeitgebers hier offensichtlich willkürlich und nicht von sachlichen Erwägungen im Rahmen seiner Fürsorgeverpflichtung getragen ist. Da die Einteilung zu den Bereitschaftsdiensten in der Vergangenheit auch nicht jeweils unter Vorbehalt erfolgt ist, haben Sie aus betrieblicher Übung damit einen Anspruch darauf, auch weiterhin am Wochenende und an den Feiertagen zu den Bereitschaftsdiensten eingeteilt zu werden.
Unabhängig davon darf der Arbeitgeber Sie ohne einen sachlichen Grund auch nicht gegenüber den anderen Mitarbeitern schlechter stellen bzw. ungleich behandeln.
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Ausführungen weitergeholfen zu haben. Falls Sie noch Fragen hierzu haben oder weitere Unterstützung benötigen, melden Sie sich jederzeit gern.
Mit freundlichen Grüßen
Uta Ordemann
Rechtsanwältin
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