Ausländerrecht - keinen angemessenen Job nach Studium
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Fragestellung
Sehr geehrte Damen und Herren,
meine Stieftochter (30Jahre) ukrainische Staatsangehörigkeit kann nach Ihrem Studium mit Masterabschluß trotz fast 100 Bewerbungen keinen angemessenen Job entsprechend Ihres Studium finden. Die 18Monate zur Arbeitssuche laufen im nächsten Monat aus. Sie arbeitet die ganze Zeit, zeigt also, dass Sie nicht auf staatliche Leistungen angewiesen ist. Allerdings entspricht dieser Job in keinster Weise Ihrem Studium. Außerdem besteht auch noch eine Verpflichtungserklärung von meiner Seite (Stiefvater).
Sie lebt zusammen mit mir und Ihre Mutter (meiner Frau) seit ca. 10Jahren in Deutschland, spricht sehr gut Deutsch, arbeitet wie gesagt, nur mit dem angemessenen Job will es einfach nicht klappen.
Fragen:
Gibt es eine Möglichkeit, dass Sie in Deutschland bleiben kann?
Hat die Ausländerbehörde hier Spielraum? (Duldung etc.)
Muss das Einkommen des angemessenen Jobs eine bestimmte Grenze überschreiten, oder hat die Ausländerbehörde hier auch einen Spielraum?
Falls es Möglichkeiten gibt, ist es sinnvoll einen Anwalt einzuschalten um mit der Ausländerbehörde eine Lösung zu finden, oder blockt die Ausländerbehörde dann erstrecht?
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Antwort des Experten
Sehr geehrter Fragensteller,
der Wortlaut des § 16 Abs. 5 Aufenthaltsgesetz ist leider in der Tat recht eng.
Es ist auch keine Verlängerung der 18 Monate in Ausnahmefällen vorgesehen. Auch sind studienfremde Arbeiten sicher löblich, aber von § 16 Abs. 5 Aufenthaltsgesetz bereits gedeckt und insofern an sich zumindest rein rechtlich kein Pluspunkt. Auch die Höhe des Einkommens spielt an sich keine Rolle, solange jemand die Verpflichtungserklärung abgibt. Faktisch kann dies aber natürlich Bearbeiter (un-)bewusst in ihrer Entscheidung beeinflussen.
Insofern bleibt an sich nur der beschwerliche Weg über die allgemeinen Aufenthaltsregelungen.
ABER: Ein "Trick" kann es sein, sich selbstständig zu machen. Denn siehe z.B. AufenthG § 16 Studium, Fleuß, BeckOK Ausländerrecht, Kluth/Heusch
18. Edition
Stand: 01.05.2018, Rn. 58-59:
"Die angestrebte Erwerbstätigkeit kann nichtselbständiger, selbständiger oder freiberuflicher Art sein. Die Angemessenheit der Erwerbstätigkeit hat der Öffnung des Arbeitsmarkts für qualifizierte Ausländer Rechnung zu tragen (SächsOVG BeckRS 2016, BECKRS Jahr 45645 Rn. BECKRS Jahr 2016 Randnummer 5). Sie erfordert spezifische, nicht notwendig fachspezifische Fähigkeiten, die der Ausländer in seinem Studium erworben hat. Die Beurteilung der Angemessenheit der Erwerbstätigkeit setzt eine umfassende Würdigung des Einzelfalles unter Berücksichtigung insbesondere der Vergütung der Erwerbstätigkeit und der Eingliederung des Arbeitsplatzes voraus. Die nichtselbständige, selbständige oder freiberufliche Erwerbstätigkeit muss nach den Bestimmungen der §§ AUFENTHG § 18, AUFENTHG § 19, AUFENTHG § 19a, AUFENTHG § 20 und AUFENTHG § 21 von einem Ausländer aufgenommen werden dürfen. § AUFENTHG § 21 Abs. AUFENTHG § 21 Absatz 2a privilegiert Absolventen eines Studiums bei der beabsichtigten Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit. Gemäß § AUFENTHG § 21 Abs. AUFENTHG § 21 Absatz 2a S. 1 kann einem Ausländer, der sein Studium an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule oder vergleichbaren Ausbildungseinrichtung im Bundesgebiet erfolgreich abgeschlossen hat, eine Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer selbständigen Tätigkeit auch abweichend von § AUFENTHG § 21 Abs. AUFENTHG § 21 Absatz 1 erteilt werden. Voraussetzung ist gem. § AUFENTHG § 21 Abs. AUFENTHG § 21 Absatz 2a S. 2 indes, dass die beabsichtigte selbständige Tätigkeit einen Zusammenhang mit den in der Hochschulausbildung erworbenen Kenntnissen erkennen lässt. Gemäß § BESCHV § 2 Abs. BESCHV § 2 Absatz 1 Nr. BESCHV § 2 Absatz 1 Nummer 3 BeschV bedarf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer der beruflichen Qualifikation angemessenen Beschäftigung an Ausländerinnen und Ausländer mit einem inländischen Hochschulabschluss keiner Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit."
Die Einschaltung eines Anwalts schreckt manche Bearbeiter sicher ab, wenn sie unerfahren sind. Es kommt vor allem auf den Anwalt an, würde ich sagen. Wenn dieser ruhig und lösungsorientiert sowie auf Ausländerrecht spezialisiert ist und einen Draht / Kontakte zu der Behörde hat, spricht nichts dagegen einen zu mandatieren.
Sicherlich ist auch der Weg über § 60 a bzw. vorrangig § 23 a Aufenthaltsgesetz in diesem Fall als ultima ratio vertretbar in Anbetracht der Besonderheiten des Falls ( 10 Jahre, Abschluss, Integration, Jobs ). Ich würde aber eher versuchen schnell ein Probearbeitsverhältnis einzugehen oder den Weg in die Selbstständigkeit einzuschlagen.
Mit freundlichen Grüßen
D. Saeger
- RA -
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vielen Dank für Ihre Antwort.
Eine Rückfrage hätte ich noch bzgl. des Einkommens der angemessenen Beschäftigung. Falls meine Stieftochter doch noch einen angemessenen Job findet. Muss dieser Job dann ein gewisses Mindesteinkommen haben (ich habe im Netz z.B. die Info ca. 44000€ für Akademiker gelesen) oder reicht es aus, wenn der Job zu Ihrem Studium passt?
je nach Studium sind 44 K schon recht viel als Einstiegsgehalt. Letztlich geht es erst einmal nur darum, den Lebensunterhalt angemessen gestalten zu können und einen gewissen Bezug zum Studium erkennen zu können.
MfG
D. Saeger
- RA -