Aufhebungsvereinbarung
Fragestellung
Guten Morgen,
Ich hoffe Sie könne mir kurzfristig weiterhelfen.
Bis zum 19.10.2019 war ich im mittleren Management eines Konzerns tätig und bis 19.10.2020 in Elternzeit.
Das Unternehmen hat mir durchaus attraktive Optionen angeboten, aber letztendlich habe ich mich entschieden das Unternehmen unter Einhaltung der Kündigungsfrist von 2 Monaten zum Monatsende zu verlassen, um eine neue Stelle im Zulieferbereich des aktuellen Unternehmens anzutreten. Der neue Vertrag für die Anstellung beim Zulieferer liegt vor, ist aber noch nicht unterschrieben und somit auch nicht an den aktuellen Arbeitgeber kommuniziert. Neben der Tatsache einer interessanten neuen Herausforderung, liegt die Stelle auch deutlich näher an meinem Erstwohnsitz und ermöglicht die tägliche Heimfahrt; während es vorher mit Pendelaufwand inkl Zweitwohnsitz verbunden war.
Meine Absicht war eigentlich wie oben beschrieben zum Monatsende zu kündigen und bis zum Ende des Jahres meine Arbeit zu verrichten. Januar und Februar mich arbeitslos melden und ab März die neue Stelle anzutreten.
Das Unternehmen hat jedoch vorgeschlagen einen Aufhebungsvertrag zu unterzeichnen in dem geregelt wird, dass ich noch angestellt bleibe, aber freigestellt bin und das Arbeitsverhältnis zum 19.12.2020 endet. Ich denke, dass hier ein Kommunikationsproblem vorliegt, da meine Vorgesetzte neu ist und aus dem Ausland kommt. Ich habe ihr gesagt, dass ich die Kündigungsfrist von 2 Monaten einhalten werde und sie dies wahrscheinlich auf mein Startdatum bezogen hat, anstatt zum Monatsende.
In diesem Zusammenhang habe ich jedoch folgende Fragen:
A) In einem Aufhebungsvertrag können meines Wissens nach die Fristen frei gewählt werden. Ich bin mir bewusst, dass das Arbeitsamt mich mit einer Sperre belegen kann, aber dennoch würde ich versuchen, die 2 Monate Arbeitslosengeld im Jan und Feb zu erhalten und es mit dem Familiennähe begründe. Aus diesem Grund die Frage, ob es einen Unterschied für die Beantragung der ALG 1 macht, ob ich unter Einhaltung der Fristen kündige oder ob wir einen Auflösungsvertrag unterzeichnen. Beim Auflösungsvertrag wäre die Frage, wie entscheidend der Beendigungstermin ist, im Hinblick auf die Kündigungsfrist.
B) Haben Punkt 5 und 6 aus dem Anhang Einfluss auf meine Beschäftigung beim Zulieferer. Meines Erachtens nach stehen diese beiden Punkte nicht im Widerspruch zu einer Beschäftigung beim Zulieferer. Muss ich in diesem Zusammenhang etwas beachten bzw stellen diese beiden Punkte ein Risiko für mich dar- vor allem im Vergleich zur eigenen Kündigung? Selbstverständlich werde ich keine Interna an das neue Unternehmen weitergeben.
Viele Grüße und Dank vorab!
D. L-S.
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Antwort von Rechtsanwältin Uta Ordemann
Sehr geehrter Mandant,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die wie folgt zu beantworten ist:
1.
Grundsätzlich können die Parteien in einem Aufhebungsvertrag das Beendigungsdatum frei vereinbaren. Insoweit gilt die Vertragsfreiheit. Falls ein Bezug von ALG 1 im Anschluss an die Beendigung des Arbeitsverhältnisses beabsichtigt ist, muss aber Folgendes beachtet werden:
Die Arbeitsagentur geht bei Abschluss eines Aufhebungsvertrages grundsätzlich immer davon aus, dass das Arbeitsverhältnis freiwillig aufgegeben worden ist. Dieser Fall wird somit einer Eigenkündigung des Mitarbeiters gleichgestellt. Im Fall einer Eigenkündigung und bei Abschluss eines Aufhebungsvertrages wird nach § 159 Abs. 1 SGB III immer eine Sperrzeit von 12 Wochen verhängt, es sei denn, dass ein wichtiger Grund für die Arbeitsaufgabe vorgelegen hat, wie z.B gesundheitliche Gründe oder massives Mobbing. Diese Gründe liegen hier aber nicht vor.
Bei Abschluss eines Aufhebungsvertrages wird nach den fachlichen Weisungen der Bundesagentur nur unter den folgenden Voraussetzungen keine Sperrzeit verhängt:
- Das Arbeitsverhältnis wird zur Vermeidung einer ansonsten unausweichlichen Kündigung des Arbeitgebers aus dringenden betrieblichen Gründen unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist beendet
- Die Abfindung ist nicht höher als ein halbes Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr
Es müsste somit in dem Aufhebungsvertrag zum Ausdruck kommen, dass das Arbeitsverhältnis zur Vermeidung einer ansonsten unausweichlichen Kündigung durch den Arbeitgeber aus dringenden betrieblichen Gründen unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist zum......beendet wird.
Es muss damit mindestens die ordentliche Kündigungsfrist eingehalten werden. Wird das Arbeitsverhältnis zu einem früheren Termin beendet, ruht der ALG 1-Anspruch bis zu dem Zeitpunkt, zu dem das Arbeitsverhältnis erstmals hätte ordentlich gekündigt werden können (§ 158 SGB III). Zudem kann im Anschluss dann noch eine Sperrzeit wegen der freiwilligen Arbeitsaufgabe verhängt werden, sofern nicht die vorgenannte Formulierung in dem Aufhebungsvertrag enthalten ist.
Falls das Arbeitsverhältnis damit bereits zum 19.12.2020 aufgehoben würde, würde der Anspruch auf ALG 1 bis zu dem frühestmöglichen Beendigungstermin zunächst ruhen. Dies wäre nach den mir vorliegenden Informationen der 31.12.2020. Zudem würde die Arbeitsagentur dann im Anschluss auch noch eine Sperrzeit nach § 159 SGB III verhängen, wenn kein wichtiger Grund für die Arbeitsaufgabe vorgelegen hat oder sich aus dem Aufhebungsvertrag nicht ergibt, dass der Vertrag zur Vermeidung einer ansonsten unausweichlichen betriebsbedingten Kündigung geschlossen worden ist. Die jetzigen Formulierungen in dem Aufhebungsvertrag, den Sie mir auszugsweise übermittelt haben, würde damit zu einem Ruhen des Anspruchs und auch zu einer Sperrzeit von 12 Wochen führen. Die Arbeitsagenturen prüfen in der Regel auch sehr genau, ob der Anspruch zunächst ruht bzw. ob eine Sperrzeit greift.
2.
Hinsichtlich Ihrer zweiten Frage gehe ich davon aus, dass Sie in Ihrem Arbeitsvertrag kein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart haben. Dann können Sie jederzeit ein neues Vertragsverhältnis mit einem anderen Arbeitgeber eingehen, ohne (Wettbewerbs-)Beschränkungen zu unterliegen.
Dem Arbeitnehmer ist es nur untersagt, Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse gegenüber dem neuen Arbeitgeber zu offenbaren. So dürfen zum Beispiel keine Kunden- oder Preislisten, die in der Regel Geschäftsgeheimnisse darstellen, gegenüber dem neuen Arbeitgeber bzw. Dritten offengelegt bzw. verwendet werden. Zudem dürfen Sie Kunden des Arbeitgebers nicht durch unlautere Maßnahmen abwerben, indem Sie den bisherigen Arbeitgeber zum Beispiel durch Äußerungen herabwürdigen. Dies wäre dann geschäftsschädigend und würde einen Verstoß gegen die Ziffer 5 darstellen, die Sie mir übermittelt haben.
Der Arbeitnehmer darf aber seine beruflichen Fähigkeiten und Kenntnisse, die er bei seinem früheren Arbeitgeber erworben hat, bei dem neuen Arbeitgeber einbringen. Dies ist die berufliche Erfahrung, die er mitbringt und von der der neue Arbeitgeber auch profitieren möchte. Dies ist auch zulässig. Der Arbeitnehmer darf nur keine Interna, also keine Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse offenlegen oder in unlauterer Weise hiermit zum Beispiel Kunden abwerben. Dies wäre rechtlich nicht zulässig.
Damit sind die Ziffern 5 und 6 unkritisch, sofern Sie gegenüber dem neuen Arbeitgeber oder Dritten keine Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse offenbaren und auch nicht versuchen, Kunden des früheren Arbeitgebers in unlauterer Weise abzuwerben. Ich nehme aber an, dass es gerade bei dem letztgenannten Punkt, dem Abwerben von Kunden, auch keine Überschneidungen mit dem früheren Arbeitgeber gibt, wenn Sie bei einem Zulieferbetrieb und nicht bei einem Konkurrenzunternehmen tätig werden.
Falls noch Fragen hierzu bestehen, melden Sie sich jederzeit gern.
Mit freundlichen Grüßen
Uta Ordemann
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