Artzbesuche während der Arbeitszeit
Fragestellung
Ich habe durch meine Arbeit seit einem 1/2 Jahr starke Nacken/Schulter/Armschmerzen und bin von meiner Hausärztin nun zum Physiotherapeuten überwiesen worden.
Diesen Monat habe ich ausnahmsweise 2 Termine beim Physiotherapeuten, während der Arbeitszeit wahrgenommen.
Mein Arbeitgeber weigert sich nun, diese Zeit als bezahlte Arbeitszeit anzurechnen, mit der Begründung:
ein Physiotherapeut wäre kein richtiger Arzt.
Insgesamt bin ich für diese beiden Termine 1 Stunde ausgefallen.
Normalerweise dürfen wir, vom Arbeitgeber aus, 2 Stunden im Monat für Arzttermine (bezahlt) wahrnehmen.
Alle Kollegen nehmen diese 2 Stunden auch regelmäßig in Anspruch, bei mir war es eine Ausnahme.
Muss ich das so hinnehmen?
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Antwort von Rechtsanwältin Uta Ordemann
Sehr geehrter Mandant,
vielen Dank nochmals für Ihren Auftrag. Zu Ihrer Frage ist im Einzelnen Folgendes anzumerken:
1. Nach § 616 BGB haben Sie grundsätzlich auch dann einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung, wenn Sie vorübergehend, d.h. für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit, durch einen in Ihrer Person liegenden Grund an der Erbringung Ihrer Arbeitsleistung verhindert sind. Unter diese Vorschrift fallen auch notwendige Arztbesuche, wenn sie nicht außerhalb der Arbeitszeit wahrgenommen werden können, weil der Arzt zum Beispiel keine Abendsprechstunde anbietet oder diese über Wochen ausgebucht ist. In diesem Fall ist der Arbeitgeber grundsätzlich zur Fortzahlung des Entgelts für die kurze Zeit der Arbeitsverhinderung verpflichtet. Das Gleiche gilt für vom Arzt verordnete Behandlungen zum Beispiel bei einem Physiotherapeuten. Allerdings ist der Arbeitnehmer auch hier grundsätzlich gehalten, sich möglichst Termine außerhalb der Arbeitszeiten geben zu lassen. Nur wenn solche Termine zeitlich zum Beispiel auch kurzfristig nicht verfügbar sind, kann er diese Termine während der Arbeitszeit wahrnehmen. Der Arbeitgeber ist dann verpflichtet, auch für die kurze Zeit der Abwesenheit beim Physiotherapeuten das Entgelt fortzuzahlen.
2. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Bestimmung des § 616 BGB im Arbeitsvertrag abbedungen worden ist, was rechtlich möglich ist. Ich gehe aber nicht davon aus, dass diese Bestimmung vorliegend abbedungen worden ist. Dem steht auch die ausdrückliche Erlaubnis des Arbeitgebers entgegen, wonach jeder Arbeitnehmer 2 Stunden seiner Arbeitszeit im Monat für Arzttermine nutzen kann.
Sofern dieser Anspruch in einer Betriebsvereinbarung geregelt sein sollte, stellt sich die Frage, ob sich diese Erlaubnis auch auf durch einen Arzt verordnete notwendige medizinische Behandlungen bezieht. Hier wird man keinen Unterschied machen können oder dürfen, da bei einer ärztlich verordneten Behandlung durch einen Physiotherapeuten ebenfalls eine medizinische Indikation gegeben ist mit der Folge, dass der Entgeltfortzahlungsanspruch in diesem Fall nicht entfällt. Sonst hätte ausdrücklich klargestellt werden müssen, dass der Anspruch ausschließlich für Arztbesuche gilt, nicht hingegen für andere medizinisch indizierte und vom Arzt verordnete Behandlungen.
Auch falls der Arbeitgeber eine solche Erlaubnis nur mündlich kommuniziert haben sollte, entfällt der Anspruch auf Entgeltfortzahlung nicht. Der Arbeitgeber hätte auch in diesem Fall ausdrücklich darauf hinweisen müssen, dass der Anspruch nur für Arzttermine, nicht aber für andere, durch einen Arzt verordnete Termine gilt, die medizinisch indiziert sind. Das hat er hier offensichtlich aber nicht getan, so dass Sie auf die Fortzahlung des Entgelts für diese kurze Zeit der Abwesenheit vertrauen durften. Der Arbeitgeber kann Ihnen für diese Zeit daher nicht das Gehalt kürzen.
Falls Sie noch Fragen haben, melden Sie sich jederzeit gern.
Mit freundlichen Grüßen
Uta Ordemann
Rechtsanwältin
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Mit freundlichen Grüßen
Uta Ordemann
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