Arbeitszeitverschiebungen und Dienstreisen
Fragestellung
Guten Tag,
Ich arbeite als Lokführer. Mein Arbeitgeber ändert sehr gerne kurzfristig meine Dienstzeiten. Da soll ich auf einmal statt um 8 Uhr erst um 16 Uhr meine Schicht beginnen. Ich soll laut meinem Arbeitgeber dann diese Zeit unbezahlt im Hotel warten und nur die tatsächlich gearbeitete Zeit bezahlt bekommen. Meine Frage dazu wäre, ob das rechtens ist und ab wie viel Vorlauf der Arbeitgeber mir die Zeit bezahlen müsste? Der offizielle Dienstplan kommt Freitags für die kommende Woche raus. Geändert werden die Zeiten meist so 12-6h vor geplantem Dienstbeginn per Email. Muss ich in meiner Freizeit dort reinsehen? Meine Abreise und meine Freizeit wird dadurch ja auch unplanbar. Des weiteren arbeite ich als Lokführer prinzipiell auf Montage. Heißt an einem Tag reise ich zum Dienst an, dann arbeite ich 5 Tage und reise wieder ab. Wenn ich innerhalb dieser 5 Tage eine Fahrgastfahrt machen muss ( Beispielsweise endet der erste Dienst in München, der Zweite beginnt in Stuttgart) will mir der Arbeitgeber diese Zeit nur zu 50% meines Stundenlohns vergüten. Ebenfalls die An und Abreise von zuhause zum ersten Dienst wird mit 50% vergütet. Wie sieht da die rechtliche Lage aus?
Vielen Dank und freundliche Grüße
M. F.
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Antwort von Rechtsanwalt Samet Sen
Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne wie folgt arbeitsrechtlich beantworten möchte:
Grundsätzlich steht dem Arbeitgeber ein sog. Weisungs- und Direktionsrecht nach dem Gesetz zu. In dessen Rahmen kann er die Arbeitszeiten relativ flexibel festlegen, § 106 GewO.
Die Rechtsprechung jedoch bestimmt eine sog. Vorankündigungsfrist von ca. 4 Tagen. Wenn die Dienstpläne kurzfristiger als dieser genannte Zeitraum vom Arbeitgeber per EMail anberaumt werden, müssen Sie mit ihm sprechen. Das ist laut Rechtsprechung rechtlich zu kurzfristig. Das gilt sowohl bei der kurzfristigen Änderung des Dienstplans wie bei Ihnen als auch bei spontan angeordneten Überstunden (Arbeitsgericht Berlin mit Urteil vom 5. Oktober 2012, Az. 28 Ca 10243/12).
Folge:
Wenn der Arbeitgeber Sie trotz Ihrer berechtigten Verweigerung abmahnen sollte, wäre diese Abmahnung rechtlich hinfällig. Dasselbe gilt auch für etwaige Überstunden, die der Arbeitgeber anordnet.
Auch kann sich Ihr Arbeitgeber nicht auf Gewohnheitsrecht berufen. Das bedeutet, dass er es immer so gemacht hat. Das wurde höchstrichterlich vom Bundesarbeitsgericht bereits verneint (BAG-Urteil vom 13. Juni 2007, Az. 5 AZR 849/06).
Die unbezahlten Hotelaufenthalte sind gerade nicht üblich und müssen grundsätzlich auch vergütet werden, weil Sie dorthin reisen, um sich auf die nächste Schicht vorzubereiten. Das ist gerade keine Freizeit. Sie warten dort auf Dienstanweisung, sodass arbeitsrechtlich diese Zeit vergütetet werden muss. Wichtig wäre, dass Sie diese Klausel im Arbeitsvertrag bzw. im für Sie geltenden Tarifvertrag ausgeführt haben.
Die Benachrichtigung per Email 12-6h davor ist offensichtlich zu kurz. Das ist rechtlich und nach der einschlägigen Rechtsprechung unzulässig. Mindestens 4 Tage müssten laut Rechtsprechung mindestens eingeräumt werden.
Zu Ihrer Frage mit der 50% Vergütung bei An- und Abreisen. Das ist grundsätzlich möglich und rechtlich zulässig, weil Sie als Arbeitnehmer die Fahrten zum Dienstort selber tragen müssen. Hier liegt keine reine Dienstreise vor, sondern hat unter anderem auch Freizeitcharakter, sagt die Rechtsprechung. Deshalb erscheint die 50% Vergütung als zulässig.
Zusammenfassend sind mind. 4 Tage Vorankündigung vom Arbeitgeber bei Dienstplanänderungen einzuhalten. Die Zeit für Aufenthalte in Hotels muss er vergüten. Es ist zulässig, dass er 50% der Anreise zum nächsten Dienstort entrichtet.
Ich hoffe, Ihre Fragen verständlich beantwortet zu haben und wünsche Ihnen alles erdenklich Gute!
Mit besten Grüßen
gez. Rechtsanwalt Sen
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