Arbeitsverweigerung nach Kündigungseinreichen
Fragestellung
Hallo, ich habe am 28.02 meine Kündigung schriftlich aus dem Urlaub in Australien bei der Post abgeschickt (mit Stempel, also Termin nachvollziehbar). Laut Arbeitsvertrag gilt eine Kündigungsfrist von 8 Wochen für mich. Mein Arbeitgeber habe ich telefonisch kontaktiert und dieser sagte mir mein letzter Arbeitstag wäre der 30.04.
In Australien hat sich nun jobtechnisch was ergeben weshalb ich nach diesem Urlaub ein ganzes Jahr hier verbringen möchte. Dazu muss ich den Job hier in Australien aber ab dem 01.04 antreten.
Ich möchte nun gerne den jetzigen Job 'schmeißen' mit dem bewussten Risiko auf ein schlechtes Arbeitszeugnis. Sprich, einfach nicht mehr hingehen und eine sofortige Kündigung riskieren. Finanziell wäre das für mich i.O.
Meine Frage ist nun ob ich dadurch mehr Probleme wegen Vertragsbruch bekommen kann und inwiefern ein Schadensersatz aussehen könnte. Außerdem ob es sinn macht, so viele Tage wie möglich eine krankschreibung zu haben um die verweigerte Arbeitszeit bis zum 30.04 zu minimieren und damit die eventuell verbundenen Schadensersatzkosten.
Ich bin seit heute für 2 Wochen in Deutschland und habe bereits einen Flug wieder nach Australien für den 22. gebucht.
Was würden sie mir empfehlen zu tun um die möglichen Kosten für mich zu minimieren?
Das schlechte Arbeitszeugnis und die 3 Monatige Sperre auf Zahlungen vom Arbeitsamt nehme ich hin. Aber wie steht das z.B mit einer längeren Krankschreibung?
Einen Aufhebungsvertrag hat mein Arbeitgeber abgelehnt.
Mit freundlichen Grüßen
Timo
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Rechtsanwältin Uta Ordemann
Sehr geehrter Mandant,
vielen Dank für die Übermittlung der ergänzenden Unterlagen. Zu Ihrer Anfrage ist im Einzlenen Folgendes anzumerken:
1.
Da die Kündigung nach Ihren Angaben dem Arbeitgeber nicht mehr am 28. Februar zugegangen ist, würde sie erst zum 31. Mai 2019 wirksam werden. Hierauf muss man den Arbeitgeber aber nicht hinweisen. Es ist nur nicht ausgeschlossen, dass ihm dies noch auffallen wird.
2.
Wenn Sie nicht mehr zur Arbeit erscheinen, wäre dies ein Vertragsbruch. Der Arbeitgeber könnte Ihnen in diesem Fall wegen dieser Vertragsverletzung fristlos kündigen und die Vertragsstrafe von einem Monatsgehalt gemäß § 14 des Vertrages geltend machen. Falls durch diesen Vertragsbruch ein weitergehender Schaden enstehen sollte, kann der Arbeitgeber diesen grundsätzlich auch geltend machen. Wenn z.B. ein wichtiges Projekt bei einem Kunden durch Ihr Fernbleiben von der Arbeit nicht mehr abgeschlossen werden kann oder es hierdurch zu Verzögerungen kommt, kann er den hierdurch entstehenden Schaden grundsätzlich geltend machen. Allerdings müsste er dann nachweisen, dass sich das Projekt durch Ihr Fernbleiben verzögert hat bzw nicht abgeschlossen werden konnte und er die Arbeiten auch nicht mit anderen internen oder externen Mitarbeitern abdecken konnte. Dieser Beweis ist in der Praxis meist nur sehr schwer zu erbringen. Daher halte ich das Risiko, dass hier weitergehende Schadenersatzasnprüche auf Sie zukommen, für relativ gering, wenngleich sie nicht ganz ausgeschlossen werden können. Sollten Sie z.B. federführend in ein wichtiges Projekt einbezogen sein und es durch Ihren kurzfristigen Weggang zu Verzögerungen oder nicht zu einem Abschluss kommen, dürfte es für den Arbeitgeber etwas leichter sein, die Kausalität zwischen Ihrem Weggang und dem Eintritt eines Schadens nachzuweisen. Er müsste dann aber auch ganz konkret den Schaden beziffern und beweisen. Letztlich kommt es somit auch darauf an, wie exponiert Sie tätig sind und ob durch Ihren Weggang möglicherweise bestimmte Projekte verzögert oder nicht abgeschlossen werden können.
Die Vertragsstrafe gemäß § 14 des Arbeitsvertrages könnte der Arbeitgeber aber in jedem Fall beanspruchen. Hinsichtlich eines möglichen weitergehenden Schadenersatzanspruches kommt es auf die vorgeannten Umstände an, für deren Vorliegen der Arbeitgeber beweispflichtig wäre.
3.
Sie könnten sich grundsätzlich auch krank schreiben lassen, um die Risiken zu minimieren bzw auszuschließen. Falls Sie Ihrem Arbeitgeber aber schon mitgeteilt haben, dass Sie kurzfristig eine Stelle in Australien annehmen bzw wieder dorthin zurückkehren möchten, ist nicht ausgeschlossen, dass er dann Ihre Arbeitsunfähigkeit anzweifeln und den Medizinischen Dienst einschalten wird. In diesem Fall kann es dann auch sehr kurzfristig zu Vorladungen beim Medizinischen Dienst kommen, der dann als neutrale Instanz beurteilen muss, ob Sie arbeitsunfähig sind oder nicht. Wenn Sie sich bereits wieder in Australien aufhalten, ist es dann schwierig, diesen Termin kurzfristig wahrzunehmen und wäre dann ja auch mit erheblichen Kosten verbunden. Zwas muss es nicht zu dieser Situation kommen. Ich habe aber auch immer wieder Arbeitgeber erlebt, die dann erheblichen Druck bei der Krankenkasse machen, dass der Medizinische Dienst sehr kurzfristig eingeschaltet wird. Dieses Risiko ist ebenfalls nicht ganz auszuschließen.
Sollte es aber nicht zur Vorladung beim MDK kommen, gilt die Beweiskraft des Ärztichen Attestes. Wenn Sie nicht arbeiten können, weil Sie arbeitsunfähig erkrankt sind, liegt auch kein Vertragsbruch vor, es sei denn, dass man Ihnen etwas Gegenteiliges beweisen und die Beweiskraft des Attestes widerlegen kann. Wenn kein Vertragbruch vorliegt, weil die Arbeitsunfähigkeit nicht widerlegt ist, kann der Arbeitgeber dann auch die im Vertrag vereinbarte Vertragsstrafe nicht beanspruchen und auch keinen Schadenersatzanspruch geltend machen.
4.
Falls Sie sich nicht krank schreiben lassen und Ihr Arbeitgeber Ihnen aufgrund des unerlaubten Fernbleibens nicht fristlos kündigt, würden Sie sich noch in einem Arbeitsverhältnis befinden. Hier kann es dann möglicherweise Kollisionen mit der Tätigkeit in Australien geben, wenn Sie dort auch versicherungspflichtig beschäftigt sind und auch SV-Beiträge und Lohnsteuer abgeführt werden. Bei einem zweiten (Haupt-)Arbeitsverhältnis in Deutschland wird dann üblicherweise über die 2. Lohnsteuerkarte gearbeitet, was dann mit erheblichen Abzügen verbunden ist.
5.
Wenn Sie sich in Australien aufhalten, stehen Sie der Arbeitsvermittlung in Deutschland ohnehin nicht zur Verfügung und hätten auch keinen Anspruch auf ALG 1. Dieser Anspruch würde ab dem ersten Tag der Arbeitslosigkeit grundsätzlich auch nur dann bestehen, wenn das Arbeitsverhältnis nicht freiwillig aufgegeben worden ist. Sonst wird üblicherweise eine Sperrzeit von 12 Wochen verhängt.
6.
Fazit:
Im Falle des Vertragsbruchs kann der Arbeitgeber damit in jedem Fall die Vertragsstrafe geltend machen. Falls ein Projekt nicht abgeschlossen werden konnte oder sich verzögert durch den Vertragsbruch, kann er grundsätzlich auch einen weitergehenden Schadenersatz geltend machen. Er muss dann aber beweisen, dass dieser Schaden tatsächlich entstanden ist und auf Ihr Fernbleiben zurückzuführen ist und er die Arbeiten nicht anderweitig abdecken konnte. Dieser Nachweis ist in der Regel nur schwer zu erbringen.
Um dies zu umgehen, könnten Sie sich krank schreiben lassen. Allerdings kann dann nicht ganz ausgeschlossen werden, dass Ihr Arbeitgeber den MDK einschaltet, wenn er Zweifel an Ihrer Arbeitsunfähigkeit hat. Die Ärzte schreiben meist auch nur für einen Zeitraum von 2 Wochen krank, so dass dann auch wieder eine Folgebescheinigung erforderlich wäre. Wenn Sie Ihren Arzt aber davon überzeugen können, dass es Ihnen aufgrund der belastenden Situation am Arbeitsplatz aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr möglich ist, Ihre Arbeit dort fortzusetzen, schreibt er Sie möglicherweise für einen längeren Zeitraum krank.
In jedem Fall wäre es gut, wenn Sie sich vorab schon einmal schriftlich bestätigen lassen würden, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der Kündigung zum 30.04. endet. Dann würden die Risiken auch hierdurch schon minimiert. Das Beste wäre natürlich, wenn Sie Ihren Arbeitgeber doch noch zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages bewegen könnten.
Falls Sie noch weitere Fragen hierzu haben, melden Sie sich gern.
Mit freundlichen Grüßen
Uta Ordemann
Rechtsanwältin
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