Arbeitsvertrag überstunden
Fragestellung
Ich habe bei Einstellung einen Arbeitsvertrag über 35 Stunden erhalten. Ich erhielt zum 1.7.15 einen Nachtrag zum Arbeitsvertrag worin lediglich das monatliche Brutto Gehalt erhöht wurde jedoch nicht die Stunden, wir besprachen im Vorfeld das sich die wöchentliche Arbeitszeit auf 40h erhöht und das Bruttogehalt erhöht wird! Unterschrieben wurde dies von beiden Seiten! Im Januar 2017 ist uns aufgefallen das ich schriftlich gar nicht auf 40h hochgesetzt wurde! Sprich ich habe rein theoretisch Überstunden geleistet! Jetzt ist das Arbeitsverhältnis für mich unerträglich geworden und ich werde kündigen! Kann ich die somit geleisteten Überstunden bei meinem Arbeitgeber geltend machen oder ihn fragen ob er mich für die restliche Zeit frei stellt?oder gilt in diesem Fall das Gespräch das wir geführt haben zu den 40h und dem Mehrgehalt?
Mit freundlichen Grüßen judith Gerbitz
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Antwort von Rechtsanwältin Silvana Grass
Sehr geehrte Ratsuchende,
nach Ihren Schilderungen haben Sie einen Arbeitsvertrag über 35 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit zu einem vereinbarten Bruttogehalt geschlossen. Sie führen weiterhin aus, dass im Juli 2015 ein Nachtrag vereinbart wurde, bei dem lediglich das Bruttogehalt angehoben wurde, die vereinbarte Stundenzahl jedoch unverändert geblieben ist. Allerdings erwähnen Sie auch, dass vor diesem Nachtrag zum Arbeitsvertrag über eine wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden gesprochen wurde, diese aber offensichtlich keinen Eingang in diese schriftliche Zusatzvereinbarung gefunden hat.
Juristisch gesehen stellt sich die Situation allerdings so dar, dass aufgrund der vorhergehenden Absprache, dass künftig eine wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden praktiziert wird, man von einer verbalen Vereinbarung und damit einer entsprechenden Vertragsänderung ausgehen muss. Auch dann, wenn diese mündliche Absprache, aus welchem Grund auch immer, nicht niedergeschrieben wurde. Damit wären bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden, die als Soll vereinbart waren, keine Überstunden gegeben.
Eine solche verbale Vereinbarung ist grundsätzlich möglich und auch wirksam, zumindest soweit wie in diesem Fall das Gesetz keine Schriftform vorsieht, allerdings ist eine mündliche Vereinbarung unter Umständen schwer nachzuweisen. In Ihrem konkreten Fall müsste der Arbeitgeber, wenn er sich auf die Vereinbarung einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden berufen würde und Sie eine solche bestreiten würden, beweisbelastet, er muss also nachweisen, dass es zu einer solchen Vereinbarung gekommen ist.
Konkret bedeutet dies für Sie, dass man grundsätzlich von einer Vereinbarung dahingehend ausgehen muss, dass die Gehaltserhöhung zwingend mit der Erhöhung der Arbeitsstunden auf 40 pro Woche verbunden ist. Insofern wären als Überstunden lediglich die Stunden, die die 40 Stunden überschreiten, zu werten.
Sollten Sie die Stundenerhöhung allerdings unter Verweis auf die schriftliche Vereinbarung verneinen, wäre es ggf. für den Arbeitgeber nur schwer nachzuweisen, dass eine solche vereinbart war. Allerdings gelingt ein solcher Nachweis dem Arbeitgeber, wenn er z.B. Zeuge präsentieren kann, die dieser verbalen Vereinbarung anwesend gewesen sind.
So könnten Sie die Differenzstunden von 35 auf 40 unter Berufung auf den schriftlichen Vertrag und die schriftliche Vereinbarung als Überstunden fordern. Sie müssten aber eventuell damit rechnen, dass sich der Arbeitgeber auf die verbale Vereinbarung beruft und auch entsprechende Beweise (Zeugen) vorweisen kann.
Ich hoffe, Ihren in Ihrer Angelegenheit behilflich gewesen zu sein. Falls sich Rückfragen Ihrerseits ergeben, nehmen Sie bitte Kontakt auf.
Mit freundlichen Grüßen
RA Grass
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verstehe ich Ihre Angaben richtig, dass Sie tatsächlich jede Woche 40 Stunden gearbeitet haben ? Lässt sich dies irgendwie nachweisen ? Gibt es in Ihrem Arbeitsvertrag eine sog. Verfallklausel ?
Mit freundlichen Grüßen
RA Grass
Ich hab tatsächlich jede Woche 40h gearbeitet oder zumindest annähernd 40 h gearbeitet, ich arbeite in einem ambulanten Pflegedienst wo die Arbeitszeit immer etwas variiert! Ich hab allerdings das ganze nur schon mal für 2016 ausgerechnet und komme auf über 200 Überstunden dadurch!
wäre es möglich, dass Sie mir den erwähnten Nachtrag zum Arbeitsvertrag zukommen lassen ?
Mit freundlichen Grüßen
RA Grass