Arbeitsvertrag - Änderungskündigung
Beantwortet in unter 1 Stunde
Fragestellung
Ich bin seit 23 Jahren beschäftigt (unbefristet, Vollzeit) bei einer kleinen Firma (< 10 Mitarbeiter) in Stadt A, der Ortsname erscheint im Arbeitsvertrag als Zusatz zum Firmennamen.
Derzeitige Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte 9 km, Fahrtzeit mit ÖPNV rd. 30 Minuten (Idealfall, ohne Verspätungen etc.)
Zum 1.12. wird der Firmensitz in die benachbarte Stadt B verlegt.
Die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte beträgt dann 36 km, Fahrtzeit ÖPNV im Idealfall 70 Minuten.
Aus familiären Gründen (1. alleinerziehend, 2. Betreuung und Versorgung meiner hochbetagten Mutter) kann ich diesen zusätzliche Zeitaufwand für die Fahrten zur Arbeitsstätte niicht aufbringen.
Ich bin der Ansicht, dass mit Verlegung der Arbeitsstätte in eine andere Stadt ein neues Vertragsangebot einhergehen muss in Form einer Änderungskündigung.
Der Arbeitgeber geht bislang davon aus, dass er die Mitarbeiterinnen im Umfang seines Weisungsrechts an den neues Firmensitz beordern kann, so dass diejenigen, die nicht mitgehen wollen, selber kündigen müssen.
Wie verhält es sich in diesem Fall?
Wie ist hier die Kündigungsfrist geregelt - per Arbeitsvertrag 6 Wochen bis Quartalsende, aufgrund der langen Betriebszugehörigkeit verlängert sich diese Kündigungsfrist auf 7 Monate, lt. Arbeitsvertrag gilt dies für beide Seiten.
Wäre ich verpflichtet, ggf. für diese 7 Monate den sauren Apfel zu beißen" und meine Arbeitsleistung -zu Lasten meiner familiären Situation- am neuen Standort zu erbringen?
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Antwort des Experten
Sehr geehrter Fragesteller,
gern beantworte ich Ihre Frage wie folgt:
Wie verhält es sich in diesem Fall?
Ob eine Versetzung an einen anderen Arbeitsort rechtmäßig ist, hängt zunächst von den vertraglichen Vereinbarungen ab.
Sind die vertraglichen Vereinbarungen nicht näher konkretisiert, dann kann eine Versetzung über das sogenannte Direktionsrecht des Arbeitgebers gerechtfertigt sein.
Eine feste Grenze für eine zumutbare Versetzung an einen anderen Arbeitsort gibt es nicht. Entscheidend sind immer die Gründe des Arbeitgebers und die Interessen des Arbeitnehmers. Wenn arbeitsvertraglich kein fester Arbeitsort vereinbart wurde, dann ist eine Pendlerzeit von ein bis zwei Stunden in der Regel zumutbar. Hierbei kommt es allerdings auch auf die tägliche Arbeitszeit an.
Bei einer Teilzeitkraft, die nur fünf Stunden täglich arbeitet, kann solch eine Versetzung unzumutbar sein, wenn nicht dringende betriebliche Gründe einen Umzug rechtfertigen würden. Andersrum kann auch eine Versetzung von mehreren hundert Kilometern billigem Ermessen entsprechen, wenn der Arbeitgeber hierfür sehr gewichtige Gründe hat (die den Interessen des Arbeitnehmers vorgehen).
Wenn der Arbeitnehmer beispielsweise seine schwerkranke Frau pflegen muss und der Arbeitgeber seinen Mitarbeiter aus rein wirtschaftlichen Gründen versetzen will, dann wird diese Versetzung eher unzumutbar sein.
Wenn kein fester Arbeitsort vereinbart wurde bzw. eine Versetzungsklausel vorliegt, hat der Arbeitgeber grundsätzlich einen eher weiten Spielraum bei Versetzungen.
Insbesondere eine Versetzung an einen nur wenige Kilometer entfernten Arbeitsort mit geringen Pendlerzeiten sind dem Arbeitnehmer in aller Regel zumutbar.
Dass der Arbeitgeber längere Zeit nicht von seinem Direktionsrecht Gebrauch macht, bedeutet nicht, dass der Arbeitgeber nicht trotzdem versetzt werden kann. Wenn ein Mitarbeiter beispielsweise mehrere Jahre an einem Standort gearbeitet hat, obwohl kein fester Arbeitsort vereinbart wurde, dann kann der Arbeitgeber in der Regel trotzdem von seinem Direktionsrecht Gebrauch machen und den Arbeitnehmer an einen anderen Standort versetzen.
Wenn die Versetzung an einen anderen Arbeitsort nicht vom Direktionsrecht des Arbeitgebers gedeckt ist, hat der Arbeitgeber immer noch die Möglichkeit einer Änderungskündigung. Das bedeutet im Falle einer Versetzung, dass der Arbeitgeber seinem Mitarbeiter kündigt und einen neuen Arbeitsvertrag mit dem entsprechend geänderten Arbeitsort anbietet.
Man kann in Ihrem Fall auch gut gegen eine solche Versetzung argumentieren.
Dann kommt es aber darauf an, ob der aktuelle Standort erhalten bleibt, sodass man Sie auch an diesem beschäftigen kann.
Wie ist hier die Kündigungsfrist geregelt - per Arbeitsvertrag 6 Wochen bis Quartalsende, aufgrund der langen Betriebszugehörigkeit verlängert sich diese Kündigungsfrist auf 7 Monate, lt. Arbeitsvertrag gilt dies für beide Seiten.
Ja, dann gelten auch diese 7 Monate.
Wäre ich verpflichtet, ggf. für diese 7 Monate den sauren Apfel zu beißen" und meine Arbeitsleistung -zu Lasten meiner familiären Situation- am neuen Standort zu erbringen?
Ja.
Mit freundlichen Grüßen
Steffan Schwerin
Rechtsanwalt
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Mir ist bewusst, dass in meinem Fall eine Kündigungsschutzklage nicht greifen würde - dies strebe ich daher auch nicht an. Allerdings möchte ich erwirken, dass der Arbeitgeber mir gegenüber eine Änderungskündigung ausspricht, damit mir kein Nachteile entstehen, falls ich nicht sofort im Anschluss eine neue Arbeitsstelle finde (Sperre beim Bezug des Arbeitslosengeldes). Wie kann ich dies am besten durchsetzen? Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie in Ihrer Antwort auf meine konkrete Situation (wie oben geschildert) eingehen könnten.
Mit freundlichen Grüßen
A. B.
vielen Dank für Ihre Nachricht.
Bei einer Standortschließung muss eine Änderungskündigung erfolgen.
Machen Sie dem Arbeitgeber deutlich, dass Sie sich nicht versetzen lassen sondern darauf bestehen in Stadt A zu arbeiten.
Das kann der Arbeitgeber nicht erfüllen und muss daher eine Änderungskündigung aussprechen.
Mit freundlichen Grüßen
Steffan Schwerin
Rechtsanwalt