Arbeiten in Deutschland mit Lebensmittelpunkt in der Schweiz
Fragestellung
Sehr geehrter Herr Balluff,
ich habe folgende(s) Szenario/Fragen:
Szenario
1. Arbeiten in Deutschland, wohnen in der Schweiz. Distanz zwischen Wohnort in der Schweiz und Arbeitsort in Deutschland ca. 250 Kilometer
2. Familie wohnt in der Schweiz (Ehefrau arbeitet hier), Lebensmittelpunkt ist somit die Schweiz. Meine Aufenthaltsgenehmigung in der Schweiz entspricht der Kategorie B. Ich bin sonst deutscher Staatsbürger.
3. Arbeitspensum in Deutschland 100%, eventuell mit 1 bis 2 Tagen Homeoffice.
4. Anwesenheiten in Deutschland: Mo, Di, Do und Fr Vormittag; dabei werde ich je nach Pensum 1 bis 2 Nächte in Deutschland bleiben und mir entsprechend eine 1-Zimmerwohnung nehmen, sonst pendeln.
5. Homofficezeiten: Mi und Fr Nachmittag, eventuell mal einen halben Tag mehr oder weniger.
6. Ich werde an den Homeoffice-Tagen meist in der Schweiz sein. Des Weiteren werde ich an fast allen Wochenenden in der Schweiz sein.
Fragen
1. Trifft für mich die Grenzgängereigenschaft zu oder verbringe ich «zu viel» Zeit in Deutschland?
2. Wenn ich den bisherigen Sachverhalt richtig verstanden habe, dann wird mein Einkommen zu ca. 4.5% in Deutschland versteuert. Der Grossteil der Besteuerung würde aber in CH geschehen?
3. Muss ich mich in Deutschland krankenversichern lassen?
4. Muss ich mich in Deutschland anmelden, wenn ich die 1-Zimmerwohnung habe?
5. Welche Formulare müsste ich einholen beantragen?
6. Was wäre das optimale Vorgehen, wenn das Ziel ist, dass deutsche Gehalt unter dem oben genannten Szenario in CH und nicht in Deutschland versteuern zu müssen?
Vielen Dank im Voraus!
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Steuerberater Björn Balluff
Sehr geehrter Ratsuchender,
die Grenzgängerregelung würde dazu führen, dass Ihr Gehalt in der Schweiz besteuert wird, Deutschland lediglich eine Abzugssteuer von bis zu 4,5 % erheben dürfte. Dazu wäre es erforderlich, dass Sie regelmäßig wieder zu Ihrem Hauptwohnsitz in der Schweiz zurückkehren.
Es sind insgesamt 60 beruflich bedingte Nichtrückkehrtage zulässig. Aufgrund der Entfernung von ca. 250 km wäre die Nichtrückkehr aus beruflichen Gründen nach dem Abkommen "unzumutbar". Die Grenze liegt bei 110 km.
Die oben angegebenen 60 Nichtrückkehrtage beziehen sich auf ein ganzes Kalenderjahr.
Die Grenzgängerregelung scheitert bei Ihnen bereits aufgrund der Entfernung zum Hauptwohnsitz.
Die allgemeinen Regelungen, wenn der Tätigkeitsstaat vom Ansässigkeitsstaat abweicht, sehen vor, dass der Tätigkeitsstaat (Deutschland) das Besteuerungsrecht erhält.
Es gibt eine Ausnahmen, die auf den physischen Aufenthalt im Tätigkeitsstaat abstellt. Krankheits- und Urlaubstage werden berücksichtigt. Die Grenze liegt bei 183 Tagen während eines Kalenderjahres. Bei einer 3-Tage-Woche in Deutschland komme ich auf ca. 150 Tage physischer Aufenthalt in Deutschland.
In diesem Szenario (3-Tage-Woche in Deutschland) würde es passen und die Schweiz das Besteuerungsrecht erhalten, wenn der Arbeitgeber in der Schweiz auch die Lohnkosten trägt. Diese werden folglich nicht an eine deutsche Betriebsstätte umgelegt.
Deutschland verbliebe nur der Progressionsvorbehalt, der sich nur auswirkt, wenn Sie weitere in Deutschland steuerpflichtige Einkünfte hätten. Ist dies nicht der Fall kommt es nur in der Schweiz zu steuerlichen Belastungen. Bei einer 4- Tage Woche würde Deutschland das Besteuerungsrecht erhalten. Es reicht aus, wenn Sie durch berufsbedingten physischen Aufenthalt in Deutschland die 183-Tage-Grenze im Kalenderjahr überschreiten.
Für Zwecke der Krankenversicherung wird darauf abgestellt, ob in Deutschland die Tätigkeit ausgeübt wird. Daher müssten Sie grundsätzlich in Deutschland eine Krankenversicherung abschließen. Jedoch akzeptieren die Krankenkassen in Deutschland auch schweizer Versicherungen. Sie sollten hierzu eine Krankenversicherung in Deutschland konktaktieren. Zu mindestens müssen Sie einen entsprechenden Krankenversicherungsschutz in der Schweiz nachweisen.
In Deutschland besteht Meldepflicht, wenn Sie eine Wohnung anmieten. Dies gilt auch für Zweitwohnungen.
Da bei Ihnen die Genzgängereigenschaft nicht gegeben ist, benötigen Sie keine weiteren Formulare hinsichtlich dem Finanzamt. Sie müssten jedoch, wie gesagt mit der örtlichen Krankenkasse und dem Einwohnermeldeamt Kontakt aufnehmen (hier, nachdem Sie die Wohnung bezogen haben).
Zur Versteuerung der Einkünfte in der Schweiz sollten Sie darauf achten, dass Sie im Kalenderjahr nicht mehr als 183 Tage, einschließlich Urlaub und Krankheit, Aufenthalt in Deutschland haben. Gleichzeitig darf keine deutsche Betriebsstätte die Lohnkosten tragen. Eine Steuerbelastung in Deutschland kann dann nur verursacht werden, wenn Sie noch weitere, in Deutschland steuerpflichtigen Einkünfte haben.
Ich hoffe, dass ich Ihnen mit diesen Ausführungen weiterhelfen konnte. Für weitere Rückfragen stehe ich Ihnen gerne per Kommentarfunktion zur Verfügung. Über eine positive Bewertung würde ich mich sehr freuen.
Mit freundlichen Grüßen,
Björn Balluff
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vielen Dank für die ausführliche Stellungnahme!
Ich habe noch eine kleine Frage: "In diesem Szenario (3-Tage-Woche in Deutschland) würde es passen und die Schweiz das Besteuerungsrecht erhalten, wenn der Arbeitgeber in der Schweiz auch die Lohnkosten trägt. Diese werden folglich nicht an eine deutsche Betriebsstätte umgelegt."
Was genau meinen Sie mit Lohnkosten? Die Lohnnebenkosten wie Sozialversicherung etc?
Wenn ich es richtig verstanden habe, dann würde ich unter die Vereinbarung nach Artikel 21 Abs 2 der Verordnung (EG) Nr.987/09 fallen und meine Sozialabgaben in CH selber zahlen.
Braucht der Arbeitgeber nicht eine Bestätigung vom Finanzamt, damit die Verrechnung in der Lohnadministration entsprechend angepasst wird?
Vielen Dank
die Lohnkosten bestehen aus dem Bruttogehalt und dem Arbeitgeberanteil zu den Sozialversicherungsbeiträgen. Der Schweizer Arbeitgeber sollte diese tragen und nicht an eine Betriebsstätte oder Tochtergesellschaft in Deutschland weiterbelasten, weil Sie tatsächlich für diese tätig werden. Ich erwähne diesen Aspekt nur um alle Eventualitäten abzudecken.
Der Arbeitgeber kann, um sicher zu gehen, eine Anrufungsauskunft einholen. Dadurch wird verbindlich geklärt, ob deutsche Lohnsteuer einzubehalten ist. Am Besten Sie besprechen dies mit dem Kontakt in der Personalabteilung. Je nachdem, welche Auffassung Ihr Arbeitgeber vertritt, müssten Sie eine Anrufungsauskunft (§ 42e EStG) anregen.
Mit freundlichen Grüßen,
Björn Balluff
ich habe vielleicht vergessen zu sagen, dass der Arbeitgeber eine deutsche Institution ist, die keine Dependancen in CH hat. Also deutscher Arbeitgeber, Wohnsitz CH.
Was ändert sich vor diesem Hintergrund bezüglich meines Anliegens?
Bitte entschuldigen Sie, dass ich das am Anfang nicht klar gesagt habe.
Vielen Dank