Anwaltsrechtliches Ermittlungsverfahren gegen mich
Beantwortet von Rechtsanwalt Jan Wilking in unter 2 Stunden
Fragestellung
Originaltext:
"Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt,
mir liegt die Anklageschrift des Amtsgerichts M. AZ XY vor, wonach gegen Sie ein Strafverfahren wegen Trunkenheit im Verkehr anhängig war.
Denselben Sahverhalt habe ich nunmehr unter berufsrechtlichen Gesichtspunkten zu untersuchen. Ich gebe Ihnen hiermit Gelegenheit, sich bis zum 27.09.2017 zu den erhobenen Vorwürfen zu äußern."
Ich bin 60 Jahre, Anwalt (allerdings nie in dieser Funktion tätig gewesen und daher auch in der Sache ohne jede Ahnung), den Vorgang der Trunkenheitsfahrt habe ich in der Verhandlung voll umfänglich eingeräumt und wurde daraufhin vom Amtsgericht zu einer Geldstrafe verurteilt.
Meine Frage:
Soll ich mich dazu äußern? Wie und in welchem Umfang? Womit habe ich zu rechnen?
Besten Dank.
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Antwort von Rechtsanwalt Jan Wilking
Sehr geehrter Herr Kollege,
tatsächlich sieht Abschnitt 23 MiStra – Nr. 23 in Strafsachen gegen Angehörige der rechtsberatenden Berufe eine Mitteilungspflicht des Gerichts an die Generalstaatsanwaltschaft und die Rechtsanwaltskammer vor. Hintergrund ist, dass neben die Verurteilung durch das Strafgericht noch eine eigenständige Verurteilung durch das Anwaltsgericht am Ort der jeweiligen Rechtsanwaltskammer treten kann.
Da Trunkenheit im Verkehr nicht direkt mit dem Beruf des Anwalts im Zusammenhang steht (wie es z.B. bei Untreue und Unterschlagung zu Lasten von Mandanten der Fall wäre), kommt eine berufsrechtliche Ahndung für Ihr rechtswidriges Verhalten nur dann in Betracht, "wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, Achtung und Vertrauen der Rechtssuchenden in einer für die Ausübung der Anwaltstätigkeit bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen" (§ 113 Abs. 2 BRAO).
Bei Trunkenheit am Steuer begründet sich eine berufsrechtliche Prüfung in erster Linie daraus, dass ein Suchtproblem und daraus resultierend eine Gefährdung der Interessen der Mandanten vorliegen könnte.
Als Sanktionen sieht § 114 BRAO eine Warnung, einen Verweis, eine Geldbuße bis zu fünfundzwanzigtausend Euro, ein Verbot, auf bestimmten Rechtsgebieten als Vertreter und Beistand für die Dauer von einem Jahr bis zu fünf Jahren tätig zu werden und sogar eine Ausschließung aus der Rechtsanwaltschaft vor.
Da Sie im Strafverfahren mit einer Geldstrafe "weggekommen" sind, gehe ich davon aus, dass der Verstoß nicht so gravierend war und Sie auch kein Wiederholungstäter sind. Es ist daher durchaus denkbar, dass Sie hier ohne berufsrechtliche Ahndung heraus kommen, da die strafrechtliche Verurteilung als ausreichende Buße für Ihr privates Fehlverhalten anzusehen ist.
Da Ihnen das Strafverfahren und damit die Hintergründe für das berufsrechtliche Verfahren bekannt sind, gibt es auch keinen zwingenden Grund, sich nicht hierzu zu äußern - insbesondere wenn Sie die Tat bereits vollumfänglich im Strafverfahren gestanden haben.
In der Äußerung sollten Sie Ihr Bedauern für den Vorfall ausdrücken und deutlich machen, dass sich dieser Vorfall nicht wiederholen wird. Wichtig ist, wie bereits ausgeführt, überzeugend darzulegen, dass Sie kein Alkoholproblem haben, sondern es sich um einen einmaligen Aussetzer gehandelt hat.
Dabei kann es durchaus auch sinnvoll sein, die Hintergründe für den Verstoß zu schildern (besondere Ausnahmesituation o.ä.). Da mir diese aber nicht im Detail bekannt sind, fällt eine abschließende Beurteilung natürlich schwer. Ich hoffe aber, dass ich Ihnen genügend Material geliefert habe, um eine eigene abschließende juristische Einschätzung vornehmen zu können.
Mit freundlichen kollegialen Grüßen
Jan Wilking, Rechtsanwalt
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