Anspruch auf Rückkehr von Teilzeit auf Vollzeit
Fragestellung
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich habe eine Frage bezüglich des Anspruchs auf Rückkehr von Teilzeit in Vollzeit bei dem bestehenden Sachverhalt:
Ich bin in ca. einem Monat 57 Jahre alt und habe bei der Firma xy vom 01.08.2006 bis zum 30.06.2014 Vollzeit 40 h/Woche gearbeitet.
Ab 01.07.2014 arbeitete ich dort auf eigenen Wunsch (aufgrund der Erkrankung meines Vaters) nur noch Teilzeit 24h/Woche. Ab 1.4.2017 bis zum 30.09.2017 nahm ich 6 Monate Pflegezeit für meinen Vater, der ab Anfang 2017 einen Pflegegrad hatte. Ich arbeitete in dieser Zeit gar nicht. Im Anschluß arbeitete ich ab 1.10.2017 bis zum Tod meines Vaters am 31.03.2018 in Familienpflegezeit die minimalen 15 Stunden/Woche. Seit 01.05.2018 arbeite ich wieder 24h/Woche gemäß meines bestehenden Teilzeit-Vertrages.
Da ich in Zukunft gerne wieder Vollzeit in der gleichen Firma arbeiten würde, habe ich schon vor ca. 3 Wochen diesen Wunsch gegenüber meinem Personalverantwortlichen - zunächst mündlich, dann schriftlich per email - geäußert. Es wird von ihm und auch von unserer Personalabteilung übrigens offen zugegeben, daß für unsere Software-Entwicklungsabteilung derzeit 2 Entwickler - Stellen zu besetzen sind. Eine davon ist nach derzeitigem Stand schon besetzt, der betreffende Programmierer fängt vorraussichtlich am 1.7.2018 an. Die zweite Stelle ist noch vakant.
Heute bekam ich in einem mündlichen Gespräch mit unserem Personalverantwortlichen die Antwort, daß eine Rückkehr von Teilzeit auf Vollzeit für mich momentan nicht möglich sei, da die Firma zwar eine vakante Vollzeit-Stelle hätte, diese aber nicht von mir besetzt werden könnte, da ja
dann eine Teilzeitstelle für einen neuen Bewerber übrigbliebe, die aber sehr schwer zu besetzen sei.
Meine Frage ist nun, ob Sie hier eine Chance sehen, die Vollzeitstelle für mich einzuklagen. Soweit ich schon gesehen habe, gibt es den $9 des Teizeit- ud Befristungsgesetzes, der für mich ich möglicherweise anwendbar ist und wie folgt lautet:
"...§ 9 Verlängerung der Arbeitszeit
Der Arbeitgeber hat einen teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer, der ihm den Wunsch nach einer Verlängerung seiner vertraglich vereinbarten Arbeitszeit angezeigt hat, bei der Besetzung eines entsprechenden freien Arbeitsplatzes bei gleicher Eignung bevorzugt zu berücksichtigen, es
sei denn, dass dringende betriebliche Gründe oder Arbeitszeitwünsche anderer teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer entgegenstehen...."
Hätte hier eine gerichtliche Überprüfung Aussicht auf Erfolg? Falls das Gericht negativ, zu meinen Ungunsten, entscheiden würde, wie sähen dann die Konsequenzen für mich aus?
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
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Antwort von Rechtsanwalt Oliver Wöhler
Sehr geehrte(r) Ratsuchende(r),
ich danke für Ihre Anfrage.
Um eine abschließende Entscheidung treffen zu können, müsste man den Sachverhalt und die Gründe sicher weiter aufklären.
Die von Ihrem AG genannten Gründe reichen aber im Normalfall nicht aus. Wie Sie darstellen, ist eine Stelle zur Zeit frei und zu besetzen. Das dann Ihre Teilzeitstelle übrig bleiben würde, wenn Sie die Stelle bekämen, liegt in der Natur der Sache. Dieses Argument ist kein dringender betrieblicher Grund nach § 9 TzBfG. Voraussetzung ist nach der Rechtsprechung natürlich immer das die Stelle geeignet ist und Sie die Qualifikation besitzen. Bei Ihnen steht auch fest das die Stelle besetzt werden soll und Sie stehen zur Verfügung.
Es werden bei den betrieblichen Gründen auch soziale Aspekte geprüft, wie die Dauer der Betriebszugehörigkeit und die familiäre Situation. Das alles spricht für Sie und gegen einen neuen AN.
Vorgehensweise wäre nochmals die schriftliche Aufforderung, am besten per Anwalt und bei Ablehnung die Klage um Arbeitsgericht. Es ist möglich auf Annahme des Anbots zur Vollzeitbeschäftigung zu klagen, aber nur solange die Stelle nicht anderweitig besetzt ist. Sie müssen also schnell sein. Sollten Sie erfolglos klagen, wäre die Folge das Ihr bisheriger Teilzeitvertrag unverändert fortbesteht. Weitere Folgen gäbe es nicht.
Ich stehe für weitere Hilfe gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Oliver Wöhler, Rechtsanwalt und Notar, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Familienrecht
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vielen Dank für Ihre Antwort, die für mich vor allem im Hinblick darauf, daß ich jetzt schnell handeln muß, sehr wichtig ist. Da ich schon ahnte, daß es wohl nicht zielführend sein dürfte, zu klagen, wenn die freie Stelle schon besetzt ist, habe ich heute bereits ein ausführliches email mit einem Brief im Anhang, den ich auch schon per Post abgeschickt habe, an meinen Arbeitgeber geschickt. Ich habe ihm darin mitgeteilt, daß ich jetzt gerichtlich vorgehen werde und daß er mir baldmöglichst mitteilen soll, falls ich doch noch auf Vollzeit wechseln könnte.
Zwei weitere Fragen, die Sie mir möglicherweise noch im Rahmen meiner Anfrage beantworten könnten, habe ich noch:
1. Kann ich selbst Klage beim zuständigen Sozialgericht einreichen und mich hinterher bei der Verhandluing dann anwaltlich vertreten lassen?
2. Ich habe im Internet gefunden, daß manchen Gerichte den jeweiligen Arbeitgeber zu Schadensersatz verurteilt haben, wenn er eine offene Stelle trotz Bewerbung des Teilzeit-Mitarbeiters an einen anderen Bewerber vergeben haben. Besteht hier eine reele Chance, daß das Sozialgericht auch in meinen Fall so urteilen könnte?
Meine Qualifikation ist übrigens vollständig ausreichend für die zu besetzende Stelle. Es wurde für Dienstag, 15.5.18 eine junge Bewerberin eingeladen, die mit Ihren Kenntnissen (die uns im Abteilungsmeeting mitgeteilt wurden) als Berufsanfängerin bei weitem weniger qualifiziert für die Stelle ist als ich.
Freundliche Grüße
A. G.
danke für die Rückfrage.
1. Zuständig ist das Arbeitsgericht, nicht das Sozialgericht. Es besteht in der ersten Instanz kein Anwaltszwang, Sie können also selbst die Klage erheben und zu jedem Zeitpunkt einen Anwalt einschalten.
2. Ja, genau wenn die Stelle schon besetzt ist, kann man auf Schadensersatz klagen. Ich sehe durchaus gute Chancen für Sie, wobei es primär ja darum geht die Vollzeitstelle zu erreichen. Beim Arbeitsgericht tragen Sie in der ersten Instanz kein hohes Prozessrisiko weil es keine Erstattung von gegnerischen Anwaltskosten gibt, jede Seiten trägt ihre Kosten selbst.
Mit freundlichen Grüßen
Oliver Wöhler, Rechtsanwalt und Notar, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Familienrecht
vielen Dank für Ihre Antworten zu meinen Fragen, die mir sehr weitergeholfen haben.
Ich habe nun gleich am Freitag, 11.5.2018, eine Klage und einstweilige Verfügung bei einer Rechtspflegerin des Arbeitsgerichtes zu Protokoll gegeben, um die Einstellung einer/eines externen Berwerber(in) zu verhindern.
Leider habe ich aber beim ersten Einstellen meiner Anfrage bei yourexpert keinen Haken bei Rechtsschutz-versicherung gemacht, obwohl ich eine habe, da die Kosten ja unter meinem Selbstbehalt liegen. Auf eine Anfrage bei meiner Rechtsschutzversicherung bezüglich deren Übernahme des Prozesskostenrisikos im Fall einer gerichtlichen Verhandlung bekam ich die Antwort, daß das Risiko einer Klage nur übernommen würde, nachdem eine Beratung bei einem Anwalt stattgefunden hätte. Meine Rechtsschutzversicherung ist bei der Roland Rechtschutzversicherung AG, meine Versicherungsnummer ist : 1.03.3002880. Könnten Sie dort bitte noch mitteilen, daß eine solche Beratung durch Sie stattgefunden hat?
Freundliche Grüße
A. G.
danke für die Rückmeldung. Ich werde der Rechtsschutz unverzüglich die Beratung bestätigen. Die Rechnung die Sie hier über your expert erhalten, müssten Sie selbst bei der Versicherung einreichen.
Falls Sie Hilfe brauchen, melden Sie sich bitte.
Mit freundlichen Grüßen
Oliver Wöhler, Rechtsanwalt und Notar, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Familienrecht
erstmal vielen Dank für Ihr schnelles Angebot in meinem Fall. Wie ich mir allerdings schon dachte, wird es mit der Anfahrt zum mündlichen Termin in München etwas teuer. Ich habe ja eine Rechtsschutzversicherung (bei der Roland Rechtschutzversicherung AG, meine Versicherungsnummer ist : 1.03.3002880). Falls diese die Fahrtkosten übernehmen würden, wäre das kein Problem. Ich befürchte aber, daß die Versicherung dies nicht tut. Wenn Sie mir vorab schreiben könnten, wie hoch die Kosten für den Auswärts-Termin wären, könnte ich da bei der Rechtsschutzversicherung nachfragen. Falls eine Übernahme nicht möglich ist, würde ich mich dann wohl um einen Anwalt in München umsehen.
Freundliche Grüße
A. G.
Nach meinem Kenntnisstand übernimmt die Rechtsschutz nicht die Fahrtkosten eines auswärtigen Anwalts. Die Fahrtkosten + Abwesenheitsgelder lägen bei ca. 430 € netto. Hinzu kommt, dass ich aufgrund der weiten Anreise auch einen Zuschlag zu den gesetzlichen Gebühren mit Ihnen vereinbaren müsste, damit es für mich wirtschaftlich wäre. Dieses Honorar übernimmt die Rechtsschutz ohnehin nicht. Alles in allem halte ich das Ganz für wahrscheinlich unwirtschaftlich für Sie und würde Sie an einen Anwalt vor Ort verweisen. Tut mir leid, ich hätte Ihnen gerne geholfen.
Mit freundlichen Grüßen
Oliver Wöhler, Rechtsanwalt und Notar, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Familienrecht
angesichts der hohen Kosten für eine Auswärtstermin, werde ich nun leider doch einen Anwalt in München nehmen müssen.
Freundliche Grüße
A. G.