Anrechenbarkeit von Beiträgen zur Basis-KV+PV für studierendes Kind
Beantwortet von Steuerberater Dipl-Finanzwirt Jeannette Klüsener
Fragestellung
Sehr geehrte Frau Klüsener,
unsere Anfrage betrifft die steuerliche Anrechenbarkeit von Beiträgen zur Basis-Kranken- und Pflegeversicherung für unseren studierenden Sohn, der aufgrund unseres Einkommens kein BAföG erhält und von uns unterhalten wird. Vermutlich ein Thema, dass tausende Eltern, die studierende Kinder „finanzieren“ interessieren könnte.
Er erhält von uns seit Jahren die Kosten zum Lebensunterhalt, die Studiengebühren, Mietkosten und eben auch die Beiträge zur Basis-Kranken- und Pflegeversicherung. Mithin im Jahr ca. 9-10 T€; davon ca. 1000€ KV-+PV-Beiträge.
Nun wurde bekanntlich im „Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung“ vom 22.07.2009 formuliert, dass die Aufwendungen für die Basis Kranken- und Pflegeversicherung als Sonderausgaben steuerlich absetzbar sein sollen. Wenn für eine unterhaltsberechtigte Person solche Beiträge z.B. von den Eltern übernommen werden, müssten aus unserer Sicht diese zusätzlich zu den sonstigen Unterhaltskosten geltend zu machen sein(?)
Auch den Anleitungen zur Einkommenssteuererklärung 2015 und 2016 Abschnitt Anlage Unterhalt (hier Zitat aus 2016) ist zu entnehmen:
„Der Betrag von 8.652 € erhöht sich um die von der unterhaltsberechtigten Person als Versicherungsnehmer geschuldeten Beiträge zu einer Basis¬Kranken¬ und gesetzlichen Pflegeversicherung, die von Ihnen geleistet wurden.“
(Anleitung zur Einkommenssteuererklärung 2016, S.22)
Wir erhielten jedoch auf unsere dementsprechend formulierte Steuererklärung und den später eingereichten „Antrag auf einfache Änderung“ und letztendlich auch unseren „Widerspruch“ jeweils abschlägige Erklärungen mit der Begründung,
1. dass die o.g. Aufwendungen „Teil der Unterhaltskosten“ wären (also in 2015 auf 8.472€ begrenzt wären)
oder
2. „… im Rahmen der Vorsorgeaufwendungen … nicht mehr berücksichtigt werden könnten, weil bereits durch die eigenen Vorsorgebeiträge der Rahmen ausgeschöpft worden sei …“ .
3. Auch einen derzeit noch schwebenden „Antrag auf verbindliche Auskunft“ will das FA aufgrund „...bereits verwirklichtem Sachverhalt …“ als verfristet abweisen…
Diesen Auffassungen des FA Frankfurt (Oder) können wir nicht folgen, da dies im Widerspruch zur Intension des Gesetzes stehen würde(?) Bei der unterhalts-berechtigten Person handelt es sich um eine Person, für die die Entlastung genau so wirken muss, wie für die beiden steuerpflichtigen Eltern. Andernfalls: Was wäre die Folge bei Eltern mit mehreren unterhaltsberechtigten Kindern? Da käme das Gesetz nicht an.
Da sich dieser Streit bereits seit 2015 zu unseren Ungunsten hinzieht, würden wir von Ihnen Frau Klüsener gern wissen, ob Sie unserer Auffassung folgen würden und ob Sie uns raten können, wie wir dagegen wirkungsvoll vorgehen können.
Mit freundlichen Grüßen vom Rande Berlins
Fam. Dr. R. Kalke
Brandenburgische Str. 114
15566 Schöneiche
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Antwort von Steuerberater Dipl-Finanzwirt Jeannette Klüsener
Sehr geehrter Ratsuchende,
vielen Dank für Ihre Frage, die ich Ihnen gerne im Rahmen einer Erstberatung beantworten möchte, und die Ausdauer, die Sie mir entgegen gebracht haben.
Grundsätzliches:
Unterhaltsleistungen an bedürftige Personen, wie in Ihrem Fall an Ihren studierenden Sohn, sind bis zum Höchstbetrag gemäß § 33a (1) EStG als außergewöhnliche Belastung absetzbar, ohne dass eine zumutbare Belastung angerechnet wird. Die gilt jedoch nur, wenn für das Kind kein Kindergeld mehr gezahlt wird.
Der Höchstbetrag für Unterhaltsaufwendungen beträgt für jede unterhaltene Person 8.652 EUR im Jahr (2016).
Beiträge zur Basisversorgung bei der Kranken- und Pflegepflichtversicherung (Basisversicherungsbeiträge) dürfen Sie zu diesem Höchstbetrag hinzuaddieren.
Für Beiträge zur Basisversicherung, bei denen Ihr Sohn Versicherungsnehmer ist, dürfen Sie Ihre Aufwendungen über den Unterhaltshöchstbetrag hinaus ansetzen. Dazu geben Sie diese Aufwendungen in der „Anlage Unterhalt“ an.
Falls nicht Ihr Sohn, sondern Sie selber Versicherungsnehmer sind, können Sie die gezahlten Beiträge zur Basiskranken- und Pflegeversicherung des Bedürftigen nur im Rahmen Ihrer eigenen Sonderausgaben (Höchstbetragsberechnung) absetzen. Die Beiträge tragen Sie dann in Ihrer „Anlage Vorsorgeaufwand“ein.
Zu Ihrem Vorgang:
erst einmal zu Ihrer 3. Frage:
Ein Antrag auf verbindliche Auskunft ist in Ihrem Fall tatsächlich nicht möglich:
Verbindliche Auskünfte können auf Antrag über die steuerliche Beurteilung von
genau bestimmten und noch nicht verwirklichten Sachverhalten
erteilt werden, wenn daran im Hinblick auf die erheblichen steuerlichen Auswirkungen ein besonderes Interesse besteht (§ 89 Abs. 2 Satz 1 AO).
Das Hauptaugenmerk richtet sich hier auf den noch nicht verwirklichten Sachverhalt.
Da: Für das FA tritt nach Erteilung einer verbindlichen Auskunft eine Bindungswirkung ein, wenn der Antragsteller die von der Auskunft abhängig gemachte Disposition getroffen hat. Um einen Vertrauenstatbestand zu schaffen, muss die Auskunft vor der Verwirklichung des Sachverhalts (!) erteilt und ursächlich für seine Verwirklichung gewesen sein.
Ihr Tatbestand ist aber verwirklicht vor Antrag der verbindlichen Auskunft. Somit sind die Voraussetzungen zum Erhalt einer verbindlichen Auskunft seitens des Finanzamts nicht gegeben und das Finanzamt wird Ihren Antrag ablehnen.
Zu Ihrer Frage des weiteren Vorgehens:
Sie haben besagte Beträge in der Einkommensteuererklärung angesetzt.
Diese wurden seitens des Finanzamtes im Einkommensteuerbescheid nicht anerkannt.
Darauf folgte von Ihnen ein Antrag auf schlichte Änderung und ein Einspruch.
Der nächste mögliche Weg ist:
Im Fall dessen, dass noch keine Einspruchsentscheidung erfolgt ist:
Eine (nochmalige) Antwort auf das Schreiben vom Finanzamt mit der dann eventuell rechtlichen Folge, dass das Finanzamt eine Einspruchsentscheidung erlässt.
Ist bereits eine Einspruchsentscheidung ergangen, können Sie innerhalb der Frist von einem Monat eine Klage beim zuständigen Finanzgericht einreichen und diesen Sachverhalt vom Finanzgericht klären lassen.
Ist diese Frist bereits verstrichen und der Einkommensteuerbescheid ist nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung oder wegen dieser Angelegenheit vorläufig, ist Ihr Einkommensteuerbescheid rechtskräftig und grundsätzlich nicht mehr anfechtbar und änderbar.
Nun zum Sachverhalt - Ihre 1. und 2. Frage:
Sie schreiben:
1. dass die o.g. Aufwendungen „Teil der Unterhaltskosten“ wären (also in 2015 auf 8.472€ begrenzt wären)
oder
2. „… im Rahmen der Vorsorgeaufwendungen … nicht mehr berücksichtigt werden könnten, weil bereits durch die eigenen Vorsorgebeiträge der Rahmen ausgeschöpft worden sei …“ .
Laut beigefügter Begründungen des Finanzamtes lehnt es die Anerkennung der Beträge aus folgendem Grund ab:
"Die Basisbeiträge KV für den Sohn sind den Unterhaltsaufwendungen zuzurechnen.
Ein weitere und damit doppelte Berücksichtigung ist bei den Vorsorgeaufwendungen nicht möglich."
Das Finanzamt sagt, es handelt sich hier bei den Aufwendungen um außergewöhnliche Belastungen nach § 33a EStG,
nicht um Vorsorgeaufwendungen (Sonderausgaben) nach § 10 EStG!
Das Finanzamt schreibt hier,
dass es den Ansatz der Aufwendungen nicht (!) nicht anerkennt,
sondern geht bei Ansatz der Aufwendungen für Ihren Sohn im Rahmen der Vorsorgeaufwendungen von einer doppelten Berücksichtigung aus und lehnt diese nochmalige - zweite- Berücksichtigung der Aufwendungen ab!
Die Sachverhaltsfragen, die sich hier dann stellen, die zu klären sind:
Vorab: wo sind diese Aufwendungen in Ihrer Steuererklärung eingetragen: In der Anlage Unterhalt Zeile 11?
Erstens:
Sind die Aufwendungen bereits in den Unterhaltsaufwendungen wirklich anerkannt worden? (Denn das schreibt das Finanzamt eigentlich).
Hier bei den Unterhaltsaufwendungen findet nämlich die "erweiterte" Anerkennung dieser Vorsorgeaufwendungen statt:
Im § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG steht geschrieben: Der Höchstbetrag nach § 33a Abs.1 Satz 1 ...(also über den Höchstbetrag in 2015 von EUR 8.472 hinaus) ....erhöht sich um den Betrag der im jeweiligen Veranlagungszeitraum nach § 10 Absatz 1 Nummer 3 für die Absicherung der unterhaltsberechtigten Person aufgewandten Beiträge; dies gilt nicht für Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge, die bereits nach § 10 Absatz 1 Nummer 3 Satz 1 anzusetzen sind.
Zweitens:
Hat das Finanzamt diesen Ansatz der Vorsorgeaufwendungen bei den Unterhaltsaufwendungen über den Höchstbetrag der Unterhaltsaufwendungen hinaus wirklich bereits abgelehnt?
Je nachdem, wie der Verfahrenstand bei Ihnen grad ist, können Sie, hoffe ich, nun aufgrund meiner Ausführungen nächste Schritte in die Wege leiten.
Ich verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Jeannette Klüsener, Steuerberaterin
Jeannette Klüsener, Steuerberaterin
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Übrigens hatten wir auch für unseren Neffen die Krankenversicherung übernommen, auch diese Beiträge konnetn wir nicht geltend machen, aber das nur nebenbei.
Beste Grüße, und wie gesagt keine übertriebene Eile - vielleicht eine Zwischemeldung, das wäre nett.
Mit freundlichen Grüßen
R.Kalke