Anfrage - Arbeitsvertrag
Fragestellung
Hallo Herr Otto,
ich hätte bezogen auf meinen von Ihnen schon mal geprüften Arbeitsvertrag noch die folgende Fragen bezogen auf Kunden oder auch ehemalige Kunden meiner alten Firma.
1)
Darf ich diesen Unternehmen einfach so eine Ich-Bin-Da-Postkarte schicken oder diese anrufen? Ich hab ja Kenntnis von diesen Kunden durch meine Tätigkeit in der alten Firma.
2)
Wie sieht es bei den Kunden aus, die ich in meinem privaten XING / LinkedIn Account als Kontakt habe. Dort sind die Adressen auch hinterlegt.
XING / LinkedIn ist mein eigenes Netzwerk, nicht das der alten Firma.
Grüße
N. R.
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
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Antwort von Rechtsanwalt Reinhard Otto
Guten Tag,
ich habe die übersandten Unterlagen im Hinblick auf die Regelungen zur Geheimhaltung geprüft und beantworte Ihre Anfrage danach wie folgt:
Grundsätzlich gibt es ein Spannungsfeld dadurch, dass Sie als Arbeitnehmer bestimmten Geheimhaltungspflichten unterliegen und keine Konkurrenzgeschäfte durchführen dürfen, auf der anderen Seite ist Ihnen die selbständige Tätigkeit parallel dazu genehmigt.
Diese Konstellationen bedingen auf beiden Seiten besondere Rücksichtspflichten.
Die in § 10 des Anstellungsvertrages enthaltene Geheimhaltungsregelung ist nach meiner Ansicht gemäß § 307 BGB unwirksam, weil sie inhaltlich viel zu weitgehend ist (… ALLE zur Kenntnis gelangenden Tatsachen und Vorgänge …) und Sie daher unangemessen benachteiligt.
Es findet ja nicht einmal eine Beschränkung auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse statt; vielmehr sollen Sie außerhalb Ihrer Tätigkeit praktisch nichts verlautbaren oder verwenden dürfen.
Die Rechtsprechung sieht derartig weitgehende Einschränkungen als nicht mehr sachgerecht an und geht von einer unangemessenen Benachteiligung des Arbeitnehmers aus, weil dessen berufliches Fortkommen ggf. unangemessen beeinträchtigt werden kann.
Zudem würde insbesondere die Ausweitung dieser zu weitreichenden Pflicht auf den nachvertraglichen Zeitraum (... auch nach seinem Ausscheiden ...) zu einem faktischen Wettbewerbsverbot führen, welches vertraglich wirksam nur gegen Zahlung einer entsprechenden Entschädigung vereinbart werden könnte.
Die Folge der Unwirksamkeit dieser Klausel ist, dass Sie nicht in dem beschriebenen weiten Sinn geheimhaltungspflichtig sind, sondern, da jetzt gemäß § 306 Abs. 2 BGB die gesetzlichen Regelungen gelten, in dem Umfang, den Gesetz und Rechtsprechung im Rahmen der Treue- und Loyalitätspflicht des Arbeitnehmers für geheimhaltungswert ansehen.
Das berechtigte Interesse eines Arbeitgebers ist danach anzunehmen für solche Informationen, die im Zusammenhang mit dem Geschäftsbetrieb stehen, nicht allgemein, sondern nur einem sehr begrenzten Personenkreis bekannt sind und aufgrund des wirtschaftlichen Interesses geheim bleiben sollen.
Darüber hinausgehende Vorgänge und Tatsachen, insbesondere solche, die problemlos aus anderen Quellen gewonnen werden können, unterliegen folglich nicht der Geheimhaltung und können von Ihnen verwendet werden.
Da dem Arbeitgeber bekannt ist, dass Sie parallel selbständig tätig sind, muss er auch akzeptieren, dass Sie für Ihr eigenes Unternehmen werben.
Er hat dies zu akzeptieren, solange Sie nicht Betriebsgeheimnisse verraten oder Konkurrenzgeschäfte tätigen.
Gegen die Verwendung von Kundendaten, die Sie außerhalb der nichtselbständigen Tätigkeit erfahren haben, bestehen keine Bedenken.
Das gilt auch für die Aquise durch Postkarten bzw. Anrufe (letztere sind wegen verbotener Kaltaquise natürlich kritisch!).
Mit freundlichen Grüßen
Reinhard Otto
Rechtsanwalt
raottobielefeld@aol.de
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ich werde die Rechtslage prüfen und Ihnen die Antwort zeitnah, wahrscheinlich im Laufe des Tages zukommen lassen.
Da die Sache nun schon einige Zeit zurückliegt, und ich nicht weiß, ob die seinerzeitige Vertragsänderung so oder ggf. modifiziert vereinbart worden ist, bitte ich um Mitteilung des aktuell laufenden Vertrages per pdf.
Mit freundlichen Grüßen