Acker geerbt. Wann steuerfrei?
Fragestellung
Meine Frau und Ihre beiden Schwestern haben 2015 3,6 ha Ackerland geerbt. Dieser Acker wurde sofort an einen Landwirt verpachtet. Ab wann ist der Verkauf des Landes steuerfrei?
Uns ist die Info bekannt nach 7 Jahren Verpachtung. Im jetzt eingetroffenen Bescheid FA NRW "über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundbesitzwertes ... für Zwecke der Erbschaftssteuer" steht unter "Erläuterungen" der Hinweis:
"Eine Veräußerung oder Nutzungsänderung ... innerhalb von 15 Jahren kann zur rückwirkenden Erhöhung des Grundbesitzwertes führen"
Frage: 7 oder 15 Jahre?
Danke für Ihre Antwort und freundliche Grüße
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Antwort von Steuerberater, vBP Ingo Kneisel
Sehr geehrter Fragesteller,
im Rahmen einer Erstberatung, Ihres Einsatzes und den von Ihnen gemachten Sachverhaltsangaben, möchte ich Ihre Fragen gerne im Nachstehenden wie folgt beantworten:
Sie fragen an, ab wann der Verkauf des Ackerlandes, der sofort an einen Landwirt verpachtet wurde steuerfrei ist, welcher Ihre Frau und ihre Schwestern geerbt haben.
Sie sind der Meinung nach 7 Jahren Verpachtung und führen weiter aus, dass das FA im Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundbesitzwertes ... für Zwecke der Erbschaftssteuer" den Hinweis angebracht hat:
"Eine Veräußerung oder Nutzungsänderung ... innerhalb von 15 Jahren kann zur rückwirkenden Erhöhung des Grundbesitzwertes führen"
Es muss hier insoweit unterschieden werden wonach Sie fragen, nach der erbschaftsteuerlichen Regelung oder den ertragsteuerlichen Konsequenzen bei einer späteren Veräußerung. Ich vermute, Ihre Frage geht auf dier erbschaftsteuerlichen Besonderheiten hinaus. Trotzdem mein Hinweis auf die ertragssteuerlichen Folgen beim Verkauf.
Allgemeines ertragsteuerlich:
Der BFH hat entschieden, dass auch die Verpachtung der L+F Flächen nicht zu einer Entnahme führt, aber eine Nutzungsänderung zur Folge hat. Eine Verpachtung hätte zu einer Nutzungsänderung geführt, die nach Beendigung des Pachtverhältnisses für den Fall hätte nachwirken können, dass die Grundstücke nicht wieder aktiv bewirtschaftet wurden, sondern brach lagen. In diesem Fall wäre eine Entnahme der Flächen durch bloße Erklärung gegenüber dem FA möglich gewesen.
Fazit:
1. Durch eine Nutzungsänderung ohne Entnahmeerklärung verlieren ursprünglich landwirtschaftlich genutzte Grundstücke ihre Eigenschaft als landwirtschaftliches Betriebsvermögen nur, wenn eine eindeutige Entnahmehandlung vorliegt.
2. Ein zuvor zum notwendigen Betriebsvermögen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes gehörendes Grundstück scheidet nicht bereits dadurch aus dem Betriebsvermögen aus, dass es als Bauland behandelt wird und im Hinblick auf die geringe Größe und die umliegende Bebauung nicht mehr landwirtschaftlich genutzt werden kann.
3. Die Einführung der Bodengewinnbesteuerung ab 1.7.1970 führte nicht dazu, dass Grundstücke, die zuvor in Folge einer Nutzungsänderung vom notwendigen zu gewillkürtem Betriebsvermögen geworden waren, nur aufgrund einer erneuten Widmung Betriebsvermögen bleiben konnten.
Es entsteht insoweit grundsätzlich ein Entnahmegewinn wenn das Land vorher im Betriebsvermögen war, spätestens bei der Veräußerung.
Erbschaftsteuer:
Grundsätzlich gehören Land- und forstwirtschaftliche Flächen bewertungsrechtlich zum Grundbesitz, sodass bei der Bewertung für erbschaft- und schenkungsteuerliche Zwecke ein Grundbesitzwert festgestellt werden muss. Durch die Vorgaben des BewG wird im Rahmen detaillierter Vorgaben versucht, einen dem gemeinen Wert nahekommenden Wert für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zu finden.
Bei Ihrer Frage geht es vermutlich im Wesentlichen um die sog. Verschonungsregeln des § 13 a ErbStG.
Nach § 13a Abs. 1 Satz 1 ErbStG-E bleibt der Wert des begünstigten Vermögens i.S.d. § 13b Abs. 4 ErbStG außer Ansatz. Die Begünstigung des Betriebsvermögens (L+F) erfolgte nach den ursprünglichen Plänen dann, wenn der Betrieb über 15 Jahre in seinem vermögenswerten Bestand fortgeführt wird.
Ich vermute, dass das FA im Zusammenhang mit der Erbschaftsteuer diese Regelung gemeint hat. Im sog. Grundmodell wurde früher weiterhin geregelt, dass 85 % des übertragenen Betriebsvermögens verschont bleiben. Die alte Behaltensfrist lag dort bei sieben Jahren.
Also richtig ist 15 Jahre.
Ich hoffe Ihre Anfrage richtig verstanden- und ausreichend beantwortet zu haben. Sollten Rückfragen bestehen, nutzen Sie bitte gerne die kostenlose Nachfragefunktion.
Sollte meine Antwort zu Ihrer Zufriedenheit ausgefallen sein, würde ich mich sehr über eine Bewertung freuen.
Vielen Dank.
Mit freundlichen Grüßen
Ingo Kneisel
Steuerberater
vereidigter Buchprüfer
Potsdamer Str. 148a, 33719 Bielefeld
Telefon (0521) 92420-0
E-mail: info@ingo-kneisel.de
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Antwort des Experten: ...vielen Dank für Ihre Bewertung. Wenn künftig Fragen anstehen, kontaktieren Sie mich bitte gerne wieder.
Mit freundlichen Grüßen
Ingo Kneisel
Steuererater, vBP
danke für Ihre solide und ausführliche Antwort. Aber da tauchen neue Fragen zum Thema Erbschaftssteuer auf:
- Seit wann gilt die Regel "15 Jahre"?
- Falls vorzeitig aus Altergründen verkauft werden muss, wird dann die Erbschaftssteuer zeitanteilig berechnet?
Danke für Ihre Antwort und freundliche Grüße
Vielen Dank für Ihre Nachfrage, die ich wie folgt beantworten möchte.
Mir ist jetzt nicht so ganz klar, welche Frist genau Sie oder das FA meinen.
Bei den meisten Hofübergaben wird zunächst keine Erbschaftsteuer fällig. Es müssen jedoch die neuen „Behaltensfristen“ eingehalten werden.
Diese gelten seit dem 1. Januar 2009. Denn die meisten land- und forstwirtschaftlichen Betriebe bleiben im Generationswechsel von Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer verschont.
Erbschaftsteuer fällt eigentlich nur dann an, wenn größere Immobilien und/oder hohe Barvermögen (z. B. Aktien- oder Wertpapierdepots) mit übergehen, für die der persönliche Freibetrag des Nachfolgers dann nicht mehr ausreicht.
Für den Betrieb selbst wurden mit der Reform jedoch verschiedene „Behaltensfristen“ eingeführt. Diese sind etwas kompliziert, weil sie in bestimmten Fällen noch Jahre nach der Hofübergabe zu einer Nachbesteuerung auf der Basis der Verkehrswerte führen können.
Stufe 1: Als erstes muss der landwirtschaftliche Betrieb bewertet werden. Es muss also ermittelt werden, mit welchem Wert der Hof für die Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer anzusetzen ist.
Stufe 2: Die so ermittelten Werte sind jedoch nicht voll steuerpflichtig. Vielmehr gilt für das land- und forstwirtschaftliche Vermögen eine weitgehende Verschonungsregelung. Nur die danach verbleibenden Vermögenswerte unterliegen der Besteuerung.
Stufe 3: Hier greifen dann die Steuertarife und persönlichen Freibeträge, die nach Verwandtschaftsgrad unterschiedlich gestaffelt sind. Liegt Ihr Freibetrag über dem ermittelten Vermögenswert, brauchen Sie keine Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer zu zahlen.
Diese Grundsätze zur Bewertung und Besteuerung von landwirtschaftlichen Betrieben gelten sowohl für lebzeitige Übertragungen als auch im Erbfall. Der Gesetzgeber unterscheidet bei der Erbschaftsteuer also nicht zwischen einer Hofübernahme zu Lebzeiten oder im Erbfall.
Die 15 Jahre Behaltensfrist:
Wichtig: Die günstige Bewertung des landwirtschaftlichen Betriebes (Reingewinn oder Mindestwert) steht unter dem Vorbehalt, dass dieser innerhalb von 15 Jahren weder veräußert noch dauerhaft außerlandwirtschaftlich genutzt wird. Geschieht dies doch, wird der Betrieb (oder der veräußerte Teil) nachträglich höher bewertet, nämlich mit dem Verkehrswert zum Übertragungstichtag abzüglich 10 %.
Dies lässt sich nur vermeiden wenn der Veräußerungserlös innerhalb von 6 Monaten wieder im landwirtschaftlichen Betrieb reinvestiert wird.
In der Praxis wird es häufiger vorkommen, dass ein Hofübernehmer innerhalb der 15-Jahres-Frist die Eigenbewirtschaftung beendet und die Flächen an einen anderen Landwirt verpachtet. Die Verpachtung löst in diesem Fall keine Nachbewertung aus! Verpachtungen an andere Landwirte sind damit grundsätzlich unschädlich.
Selbst wenn es innerhalb der 15-jährigen Frist zu größeren Verkäufen oder Umnutzungen mit Höherbewertung kommt, heißt dies aber nicht automatisch, dass dann nachträglich auch Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer fällig wird. Dies hängt vielmehr davon ab, wie weit dann die Verschonungsregelungen greifen bzw. noch Luft bei den persönlichen Freibeträgen ist.
Beim landwirtschaftlichen Betrieb können Sie zwischen zwei Varianten wählen:
Grundmodell: Danach werden 85 % des betrieblichen Vermögens im Zuge der Hofübergabe von vornherein von der Steuer befreit. Nur der Rest von 15 % unterliegt der Erbschaftsteuer. Für diesen 15 %-Anteil können Sie jedoch zusätzlich einen Abzugsbetrag von 150 000 € geltend machen. Das heißt: Im Ergebnis zahlen Sie bis zu einem Wert des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens von 1 Mio. € von vornherein keine Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer.
Liegt der steuerpflichtige Anteil des betrieblichen Vermögens über 150 000 €, baut sich der Abzugsbetrag langsam ab. Für jeden Euro über 150 000 € verringert er sich um 50 Cent. Das bedeutet: Erst wenn das land- und forstwirtschaftliche Vermögen einen Wert von insgesamt 3 Mio. € übersteigt, ist der Abzugsbetrag auf 0 € abgeschmolzen.
Der Abzugsbetrag kann innerhalb von 10 Jahren nur einmal berücksichtigt werden; er wird auf der anderen Seite alle 10 Jahre neu gewährt. Damit die 85 %-ige Verschonung greift, muss der übernommene Betrieb unverändert für mindestens 5 Jahre fortgeführt werden.
Optionsmodell: Statt der Verschonung von 85 % des Betriebsvermögens können Sie alternativ auch eine 100 %ige Steuerfreistellung beantragen. Dann bleibt in jedem Fall das gesamte land- und forstwirtschaftliche Vermögen im Zuge der Übergabe steuerfrei. Jedoch muss der Betrieb dann für mindestens 7 Jahre unverändert fortgeführt werden. Unverändert heißt: Weder der Betrieb insgesamt noch Teile des begünstigten Vermögens (z.B. Flächen) dürfen innerhalb der 5- bzw. 7-jährigen Fortführungsfrist veräußert werden. Geschieht dies doch, erfolgt eine anteilige Nachversteuerung. Dabei wirken sich jedoch die Jahre, in denen der Betrieb bereits unverändert fortgeführt wurde, positiv aus. Denn für jedes dieser Jahre bleibt dem Übernehmer 1/5 bzw. 1/7 der ursprünglichen Verschonung in jedem Fall erhalten. Die Nachversteuerung fällt entsprechend geringer aus und lässt sich außerdem ganz vermeiden, indem der Veräußerungserlös innerhalb von 6 Monaten wieder in land- und forstwirtschaftliches Vermögen reinvestiert wird.
Der § 13 a ErbStG gilt:
Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG)
§ 37 Anwendung des Gesetzes
(1)………
(3) Die §§ 13a und 19a Absatz 5 in der Fassung des Artikels 6 des Gesetzes vom 22. Dezember 2009 (BGBl. I S. 3950) finden auf Erwerbe Anwendung, für die die Steuer nach dem 31. Dezember 2008 entsteht. § 13a in der Fassung des Artikels 6 des Gesetzes vom 22. Dezember 2009 (BGBl. I S. 3950) ist nicht anzuwenden, wenn das begünstigte Vermögen vor dem 1. Januar 2011 von Todes wegen oder durch Schenkung unter Lebenden erworben wird, bereits Gegenstand einer vor dem 1. Januar 2007 ausgeführten Schenkung desselben Schenkers an dieselbe Person war und wegen eines vertraglichen Rückforderungsrechts nach dem 11. November 2005 herausgegeben werden musste.
(4)….
Ende Zitat
Ein Verstoß gegen die Behaltenspflicht liegt vor, wenn innerhalb der fünfjährigen Sperrfrist ein durch Erbfall oder Übertragsvertrag erworbener Gewerbebetrieb, ein Teilbetrieb, ein Anteil an einer Gesellschaft im Sinne von § 15 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 EStG oder eine freiberufliche Praxis bzw. ein Sozietätsanteil veräußert wird. Die Ländererlasse beantworten nicht die Frage, ob dafür der schuldrechtliche Vertrag oder der Zeitpunkt der wirtschaftlichen Übergabe maßgebend ist. Wer auf der sicheren Seite stehen will, schließt den Vertrag erst nach Ablauf der Sperrfrist ab.
Bei land- und forstwirtschaftlichem Vermögen gelten dieselben Regeln wie bei dem gewerblichen und freiberuflichen Betriebsvermögen. Schädlich ist mithin die Veräußerung oder Betriebsaufgabe eines ganzen Betriebes, eines Teilbetriebes oder eines Anteils an einer Personengesellschaft mit Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft. Die Behaltensregeln beziehen sich auch hier auf begünstigtes Vermögen, das ertragsteuerlich zum landwirtschaftlichen Betrieb gehört.
Der § 13 a (5) ErbStG sieht keine Ausnahmen für bestimmte Sondertatbestände vor.
Eine doch sehr komplizierte Angelegenheit. Es würde Sinn machen mit dem FA zu sprechen, was nun genau für eine Frist von denen gemeint ist.
Mit freundlichen Grüßen
Ingo Kneisel
Steuerberater
vereidigter Buchprüfer
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Mit freundlichen Grüßen
Ingo Kneisel
Steuerberater, vBP