Ab wann ist es Nötigung ?
Fragestellung
Guten Tag,
ich bin Berufsbetreuer, vertrete also meine Klienten entsprechend meinen Aufgabenkreisen.
Ich habe einen Betreuten, der in einem Pflegeheim im Doppelzimmer lebt. Der Heimbetreiber kommt meiner Bitte nach einem Einzelzimmer nicht nach, so dass ich den Betreuten in eine andere Einrichtung, in diesem Fall in eine betreute Senioren-WG verlegen werde.
Ich habe den Sohn kürzlich über die Verlegung informiert. Der Sohn befindet sich im Ausland. Er reagierte empört, will, dass der Vater in die eigene Wohnung zurückkehrt, was ich ablehne (dem Sohn auch immer wieder dieGründe erklärt) und schrieb mir
(aus dem Email-Verkehr)
- " Verlegen Sie meinen Vater in diese undurchsichtige Huette in der ...str. bekommen Sie von mir gravierende Probleme auf den Hals !" und
- " Denken sie nicht, nur weil ich derzeit relativ weit weg bin, dass ich nichts unternehmen kann. Habe sehr gute Bekannte aus meiner Heimat hier in ... zu wohnen".
Ich bin bisher sehr sachlich geblieben, möchte diesem Verhalten gern Einhalt gebieten.
Wie geschrieben, hält sich der Sohn im außereuropäischen Ausland auf, ist aber immer wieder in Deutschland,um seinen Vater zu besuchen.
Ist hier bereits der Tatbestand der Nötigung erfüllt? (Der Sohn will ja offenbar die Verlegung verhindern) Ich fühle mich jetzt (noch) nicht persönlich bedroht, da der Sohn im Ausland ist, dennoch mache ich mir natürlich Gedanken, schließlich hat der Sohn meine Büro-Adresse, evtl. noch meine Privatadresse (aus dem Betreuungsbeschluss, hatte damals noch home-office) und Telefon und Email sowieso.
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
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Antwort von Rechtsanwältin Bianca Vetter
Sehr geehrter Ratsuchender,
ich danke Ihnen für Ihre Frage, die ich gerne wie folgt beantworten möchte.
Bitte beachten Sie, dass ich die Frage nur anhand Ihrer Schilderung beantworten kann. Sollten weitere Fakten hinzukommen könnte sich die Beantwortung der Frage anders gestalten.
Nun zu Ihrer Frage.
Durch die Ihnen gesendeten Emails hat der Sohn Ihres Betreuten versucht Sie zu einer Handlung zu bewegen. Dabei hat er Ihnen auch im Falle der Nichtvornahme der Handlung mit Problemen gedroht.
Das Drohen mit gravierenden Problemen ist als Androhen eines empfindlichen Übels anzusehen. Das Wesentliche dabei ist, dass Sie als Opfer das Angedrohte als nachteilige Veränderung Ihrer Außenwelt ansehen. Empfindlich bedeutet in diesem Zusammenhang, dass Sie das Übel als einen erheblichen Nachteil ansehen müssen und daher zur Vermeidung dieses erheblichen Nachteils die begehrte Handlung des Täters vornehmen.
Insofern liegen die Charakteristika einer Nötigung vor.
Die Nötigung wurde bislang jedoch nur versucht, da Sie ja die Handlung noch nicht vorgenommen haben. Aber auch der Versuch einer Nötigung ist bereits strafbar (§ 240 Abs III StGB). Dies hat der Sohn bereits begangen.
Sie sollten dem Sohn Ihres Betreuten klar machen, dass Sie als Betreuer eine gesetzliche Pflicht auszuüben haben und sich daran halten müssen. Vor allem aber auch, dass Sie als Betreuer eingesetzt wurden, damit Ihrem Betreuten geholfen wird, wozu der Sohn offensichtlich aufgrund seiner Abwesenheit nicht in der Lage ist, was selbstverständlich kein Vorwurf ist.
Sie sollten dem Sohn klarmachen, dass etwaige Drohungen keinen Sinn machen, da Sie an die Vorgaben des Gesetzes gebunden sind.
Eventuell könnten Sie dem Sohn klar machen, weshalb sein Vater nicht in seine eigene Wohnung zurück kehren kann und weshalb daher eine Betreuung notwendig wurde.
Ich hoffe ich konnte Ihnen mit meiner Antwort behilflich sein. Sollten Sie noch weitere Fragen haben, können Sie sich gerne an mich wenden.
Mit freundlichen Grüßen
Bianca Vetter
Rechtsanwältin
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