2 Fragen zum Berliner Testament lt. Anlage
Fragestellung
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich habe ein Muster zu einem Berliner Testament für eigene Belange geändert / ergänzt und ich möchte erfahren, ob ich mit meiner Ehefrau das Testament so schreiben kann.
Beziehungsweise - empfiehlt es sich da, noch eine weitere Ergänzung vorzunehmen und könnten Sie ggf. meinen eigenen Text in blauer Schrift entsprechend anpassen?
Mit freundlichen Grüßen
H. S.
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Antwort von Rechtsanwalt Roger Neumann
Sehr geehrter Ratsuchender,
gern beantworte ich Ihre Fragen im Zusammenhang mit dem von Ihnen entworfenen Berliner Testament. Falls etwas unklar bleibt oder wenn ein Missverständnis vorliegt, können wir das im Rahmen der kostenlosen Nachfragemöglichkeit schnell und unkompliziert klären.
1. Es ist streng genommen nicht erforderlich, dass das Testament als „gemeinschaftliches Testament“ bezeichnet wird.
Nach der Rechtsprechung reicht es, wenn der Wille gemeinschaftlich zu testieren unmissverständlich deutlich wird.
Nach meiner Auffassung ist dies gegeben durch die Formulierung („wir“, „uns“) und durch die Abfassung in einer Urkunde, die beide unterschreiben.
Dennoch empfehle ich, das Testament „gemeinschaftliches Testament“ zu nennen, um jeglichen Ansatzpunkt für Diskussionen zu diesem Thema von vornherein auszuschließen. Sie sollten also die Überschrift „gemeinschaftliches Testament“ wählen wobei darauf zu achten ist, dass auch die Überschrift handschriftlich erfolgen muss.
2. Die von mir vorgeschlagenen Änderungen ersehen Sie aus dem beigefügten Dokument. Sollte es Schwierigkeiten beim Öffnen des Dokuments geben, bitte ich um entsprechende Nachricht, damit ich es gegebenenfalls in einer kompatiblen Version ein zweites Mal hochladen kann.
Zu den Änderungen erläutere ich das folgende:
Sie können statt des von Ihnen bereits durchgestrichenen Textes (beginnend mit „zu Schlusserben beim…“ ohne weiteres den von Ihnen eingesetzten blauen Text verwenden.
Wenn Sie es bei der durchgestrichenen Ursprungsformulierung ließen, würden die Immobilien sämtlich den Töchtern gemeinschaftlich gehören und diese müssten entscheiden, ob sie die Immobilien gemeinschaftlich behalten, unter sich aufteilen oder veräußern wollen. Wenn im Fall einer Aufteilung die jeweils zugeordneten Werte voneinander abweichen ergibt sich fast von selbst, dass die Töchter sich darauf nur bei gleichzeitiger Ausgleichszahlung einigen werden.
Die von Ihnen vorgeschlagene blaue Formulierung verfolgt letztlich ein ähnliches Ziel, ist aber ein Appell an die Erbinnen, die Immobilien unter sich aufzuteilen.
Im blauen Text sind einige Änderungen vorgeschlagen, die ich wie folgt erläutere:
Die Zahl „5“ habe ich gestrichen. Es ist nicht völlig fernliegend, dass insbesondere beim Tod des Letztversterbenden diese Zahl nicht mehr zutrifft.
Ich habe bei der Formulierung „deren Wert bedeutend höher wäre“ das Wort „bedeutend“ gestrichen und zwar aus folgendem Grund:
Wenn nach dem Tod des letztversterbenden Elternteils eine konfliktbeladene Situation vorhanden ist, wird das Wort „bedeutend“ nicht entschärfend wirken. Vielmehr besteht die Gefahr, dass man sich in einer ersten Stufe darüber streitet, was „bedeutend“ heißen soll und in einer zweiten Stufe wird man sich dann immer noch über den Wert streiten.
Wenn hingegen vernunftorientierte Stimmung vorherrscht, wird beiden Seiten ohnehin klar sein, dass ein Streit über unbedeutende Wertunterschiede sich nicht lohnt, weil allein die gerichtsfeste Feststellung solcher Unterschiede mit Leichtigkeit vierstellige Beträge verschlingt.
Das „ggf.“ habe ich durch „falls das als Ausgleich nicht ausreicht“ ersetzt, weil diese Formulierung genauer ist.
Ein weiterer Änderungsvorschlag betrifft den letzten Satz. Meines Erachtens muss nicht angegeben werden, woher das Vermögen stammt, aus dem der Ausgleich zu erfolgen hat. Letztlich ist es so, dass der Ausgleich aus dem Nachlasswert zu erfolgen hat, denn die wertvollere Immobilie gehört zum Vermögen der betreffenden Erbin. Woher die Erbin das Geld zum Ausgleich nimmt, ist eine davon zu unterscheidende Frage. Sie kann ihre Verpflichtung erfüllen durch Belastung der Immobilie, durch Veräußerung der Immobilie oder eben auch durch Rückgriff auf anderweitiges Vermögen.
Die Änderung von „erfolgen kann“ auf „verwirklicht wird“ soll den Inhalt nicht verändern, ist sondern ist redaktioneller Natur.
Ich würde an Ihrer Stelle zum blauen Text noch den Satz anfügen: „Sollten die Schlusserbinnen über die Aufteilung der Immobilien keine Einigung treffen, so gelten die gesetzlichen Vorschriften.“
Den letzten Absatz (Pflichtteilsklausel; „Strafklausel“) habe ich anders gefasst, was ich wie folgt erläutere:
Sie formulieren es so, als würde das betreffende Kind bereits beim ersten Erbfall von der Erbfolge ausgeschlossen. Das ist hier nicht die ideale Formulierung, weil beide Kinder nach dem Tod des Erstversterbenden ohnehin nicht erben, denn alleiniger Erbe ist ja zunächst der länger lebende Ehegatte. Für den Tod des Erstversterbenden braucht und kann also keine Strafe vorgesehen werden.
Die „Strafe“ für die Geltendmachung des Pflichtteils nach dem Tod des Erstversterbenden erfolgt erst nach dem Tod des Letztversterbenden.
Deshalb habe die entsprechende andere Formulierung vorgeschlagen, wobei ich sogleich die Abkömmlinge der Kinder mit aufgenommen habe, da auch die Abkömmlinge der Kinder (also Ihre Enkel) beim Vorversterben eines Kindes pflichtteilsberechtigt wären.
3. Ich ersehe aus dem Muster, dass Sie sich mit der Frage des Testaments bereits beschäftigt haben. Bitte sehen Sie mir nach, dass ich aus Gründen anwaltlicher Vorsicht Ihnen noch einmal die Formerfordernisse mitteile, auch auf die Gefahr hin, dass ich Ihnen hier etwas sage, was Sie schon wissen.
Das Testament muss eigenhändig geschrieben werden, d.h. also der gesamte Text inklusive Überschrift muss handschriftlich geschrieben werden, und zwar von einem der beiden Ehegatten. Derjenige Ehegatte, der das Testament geschrieben hat, muss es (auch handschriftlich) mit Ort und Datum versehen und eigenhändig unterschreiben. Der zweite Ehegatte muss es ebenfalls (auch handschriftlich) mit Ort und Datum versehen und ebenfalls eigenhändig unterschreiben.
Ich hoffe, meine Änderungsvorschläge verständlich erläutert zu haben. Wenn Sie dazu noch Fragen haben, auch zu Punkten, die ich nicht eigens erwähnt habe, zögern Sie bitte nicht, von der kostenlosen Nachfrage Möglichkeit Gebrauch zu machen.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt Roger Neumann
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nach Erhalt Ihrer Ausarbeitung war ich wunschlos glücklich, zumal sie noch am gleichen Tag Ihre Kommentierungen bereitstellten.
In seitherigen Bewertungen las ich "Mir fehlen die Worte angesichts der Ausführlichkeit, Exaktheit und Vollständigkeit ...". Ich kann mich da nur anschließen. Gerne werde ich vorzeitig nachsehen, welche weiteren Gebiete Sie betreuen, um in späteren Fällen, auch wenn man sich diese nicht immer wünscht, auf Sie zurückkommen zu können.
Vielen Dank und
herzliche Grüße
H. S.
nochmals vielen, vielen Dank an dieser Stelle. Schon länger überlegte ich, wie man was am besten formulieren kann und nun erhalte ich von Ihnen die Musterlösung mit Begründung.
Trotzdem eine einzige Frage noch:
zu dieser Nennung - „Sollten die Schlusserbinnen über die Aufteilung der Immobilien keine Einigung treffen, so gelten die gesetzlichen Vorschriften.“
Was heißt gesetzliche Vorschirften?
Würde dann genau die Erbengemeinschaft eintreten, die wir ja ausschließen wollten oder gibt es da noch eine Regelung, die noch etwas gamu anderes zum Ausdruck bringt?
Vielen Dank im Voraus und
beste Grüße
H. S.
vielen Dank für die freundliche Bewertung.
"Die gesetzlichen Vorschriften" bedeutet in der Tat eine Erbengemeinschaft.
Mit dem Tod des Letztversterbenden wird auf jeden Fall zunächst eine Erbengemeinschaft entstehen. Wenn die Töchter sich auf eine bestimmte Art der Aufteilung einigen, endet die Erbengemeinschaft. Ein Zwang zur Einigung ist nicht möglich, wäre auch wenig sinnvoll, denn in der ganzen Schwebezeit wären dann zwei Personen, die nicht einigungswillig sind, weiterhin in einer Erbengemeinschaft. Das wäre keine gute Konstellation.
Die von Ihnen gewählte Lösung "...sollen sich einigen..." ist daher mit dem Risiko behaftet, dass die Einigung scheitert. Die Folge ist dann zwingend, dass die Erbengemeinschaft fortbesteht und nur nach den gesetzlichen Regeln verwaltet und beendet werden kann. Insofern dient der von mir vorgeschlagene Satz in erster Linie der Klarstellung.
Wenn Sie eine fortbestehende Erbengemeinschaft verhindern wollen, dann ginge das durch eine sogenannte Teilungsanordnung, in der Sie schon im Testament festlegen, welche Tochter welche Immobilien bekommen soll. Auch dabei kann man eine Ausgleichungspflicht für den Fall ungleicher wertmäßiger Verteilung anordnen.
Es gibt auch die Möglichkeit, die Auseinandersetzung nach billigem Ermessen eines Dritten vorzusehen.
Mein Vorschlag ist, dass Sie zunächst das Testament wie von mir aufgrund Ihrer Vorgaben vorgeschlagen errichten. Das ist - vor allen Dingen für den länger lebenden Ehegatten - besser als kein Testament. Danach können Sie gemeinschaftlich jederzeit ein neues Testament mit anderen Regelungen errichten, die ggf. "passgenauer" sind.
Ich hoffe, auch Ihre Nachfrage verständlich beantwortet zu haben, fragen Sie anderenfalls gern noch einmal nach.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt Roger Neumann
Grüße
H. S.