Ehegattentestament erstellen lassen
Ratgeber Ehegattentestament
(Lesezeit: ca. 7 Minuten)
Sie sind verheiratet oder leben in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft? Dann liegt es nahe, ein Ehegattentestament zu erstellen und die gesetzliche Erbfolge nach Ihren Wünschen zu gestalten. Somit kann der überlebende Partner abgesichert werden, Ihr Vermögen erhalten bleiben und Ihre Vermögenswerte müssten nicht veräußert werden, um alle gesetzlichen Erben auszuzahlen. Wenn Sie sicher gehen möchten, dass Ihr Testament korrekt formuliert ist und tatsächlich Bestand hat, sollten Sie sich anwaltlich beraten lassen. Weist Ihr Testament formelle oder inhaltliche Mängel auf, kann es anfechtbar werden und zu unnötigen Streitigkeiten unter den Erben kommen.
Das Wichtigste in Kürze
- Bei einem Ehegattentestament setzen sich Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner gegenseitig zum Erben des zuerst versterbenden Partners ein.
- Berliner Testament: die Ehegatten setzen sich wechselseitig zum Alleinerben ein und bestimmen zusätzlich Schlusserben, die den Nachlass nach beider Tod übernehmen sollen.
- Beim Berliner Testament wird so gewährleistet, dass der überlebende Ehegatte nicht mit Erbstreitigkeiten belastet wird oder durch Erbansprüche in Liquiditätsschwierigkeiten gerät.
- Ein Ehegattentestament kann handschriftlich von einem Ehegatten verfasst und dann von beiden Ehegatten unterzeichnet werden.
- Ein Ehegattentestament kann sich negativ auf die Erbschaftssteuerbeträge der Schlusserben auswirken da die Freibetragsgrenze durch die Ansammlung des Vermögens leichter überschritten werden können.
Inhalt
- Was geschieht, wenn kein Testament errichtet wird?
- Was genau ist ein Ehegattentestament?
- Was ist ein Berliner Testament?
- Kann der überlebende Ehegatte frei über den Nachlass verfügen?
- Wie wird das Ehegattentestament aufgesetzt?
- Ehegattentestamente bieten Sicherheit, sind aber auch verpflichtend
- Was geschieht mit dem Ehegattentestament bei einer Scheidung?
- Wie lässt sich gewährleisten, dass das Testament im Erbfall aufgefunden wird?
- Hat das Berliner Testament Nachteile und wenn ja, welche?
- Wie können Nachteile beim Ehegattentestament vermieden werden?
- Sollte ein Ehegattentestament vom Rechtsanwalt formuliert werden?
1. Was geschieht, wenn kein Testament errichtet wird?
Wird kein Testament errichtet, tritt die gesetzliche Erbfolge in Kraft. Danach erbt der Ehepartner, mit dem im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt wird, neben den Kindern die Hälfte des Nachlasses. Anders als weithin angenommen ist es nicht so, dass der Ehepartner alleine das Vermögen erbt. Dadurch kann das Problem entstehen, dass der Nachlass aufgeteilt werden muss und Vermögenswerte veräußert werden müssen, nur um allen Erben ihren Anteil auszahlen zu können. Im ungünstigsten Fall müsste z.B. das vom Ehegatten bewohnte Familienhaus verkauft werden. Um diese Konsequenzen zu vermeiden, ist es ratsam, ein Ehegattentestament nach anwaltlicher Beratung zu errichten.
2. Was genau ist ein Ehegattentestament?
Ehegatten und eingetragene Lebenspartner können ein Ehegattentestament errichten (§ 2265 BGB). Es wird auch als gemeinschaftliches Testament und, in einer besonderen Ausgestaltung, als Berliner Testament bezeichnet. Wesentlich ist, dass sich die Partner gegenseitig zum alleinigen oder bevorzugten Erben des zuerst versterbenden Partners einsetzen. Soll hingegen nicht der eheliche oder eingetragene Partner bedacht werden, besteht nur die Möglichkeit gegenseitiger Einzeltestamente. Diese sind frei widerruflich und verpflichten die Partner nicht gegenseitig, bieten so allerdings auch weniger Sicherheit.
3. Was ist ein Berliner Testament?
Beim Berliner Testament setzen sich die Partner gegenseitig zum alleinigen Erben ein und verfügen zugleich, dass nach dem Tode des überlebenden Partners der gemeinsame Nachlass einem Dritten, meist den Kindern, zugutekommen soll (§ 2269 BGB). Diejenige Person, die dann letztlich erbt, wird als Schlusserbe bezeichnet. Da ein Berliner Testament wechselseitige Verfügungen enthält, ist es für beide Ehegatten verpflichtend und kann im Regelfall nicht frei widerrufen werden.
Der überlebende Partner erbt folglich den gesamten Nachlass und kann damit machen, was er will. Kinder oder andere gesetzliche Erben bleiben zunächst außen vor und erben erst, wenn auch der überlebende Partner verstirbt. Der Vorteil besteht darin, dass das Vermögen auf den überlebenden Ehegatten übergeht, ohne dass eine Erbauseinandersetzung mit den weiteren gesetzlichen Erben erfolgen muss. Ein Berliner Testament bietet sich gerade dann an, wenn ein Nachlass hauptsächlich aus einem Familienwohnhaus besteht, das der überlebende Partner weiterhin bewohnen soll.
4. Kann der überlebende Ehegatte frei über den Nachlass verfügen?
Ist der überlebende Ehegatte als Vollerbe bestimmt, so kann dieser frei über den Nachlass verfügen und beispielsweise alle Vermögenswerte verkaufen. Sollten hierbei Bedenken bestehen, kann auch die sogenannte ‚Trennungslösung‘ eines gemeinschaftlichen Testaments gewählt werden. Hierbei setzen sich Partner, im Gegensatz zum klassischen Berliner Testament, als Vorerben (und nicht Vollerben) ein und wählen Dritte, meist gemeinsame Kinder, als Nacherben (und nicht Schlusserben). In diesem Fall tritt der überlebende Ehegatte mehr als Verwalter denn Erbe auf, er ist „Erbe auf Zeit“ und kann die Vermögenswerte zwar nutzen, ist jedoch in der Verfügungsbefugnis eingeschränkt. Diese Variante ist besonders bei größerem Vermögen, besonders Grundbesitz, empfehlenswert, um dies für die nachfolgende Generation zu erhalten.
Neben dem Tod des Vorerben, also des überlebenden Partners, kann auch ein anderes Ereignis als Nacherbfall von den Erblassern bestimmt werden. Dies kann beispielsweise die Wiederheirat des Vorerben sein oder ein anderes, bestimmtes Ereignis wie ein spezifischer Geburtstag des Nacherben. Der Nacherbe erbt in diesen Fällen vom Verstorbenen, obwohl der Vorerbe weiterhin lebt und kann somit, da noch nicht die volle Erbmasse von beiden Erblassern vererbt wird, von den Freibeträgen der Erbschaftssteuer zweimal Gebrauch machen. Allerdings kann auch hier der Vorerbe von seiner eingeschränkten Verfügungsbefugnis befreit werden. So könnte dem überlebenden Ehegatten erlaubt werden, auch ohne die Zustimmung der Nacherben über den Nachlass zu verfügen.
5. Wie wird das Ehegattentestament aufgesetzt?
Es genügt, wenn ein Partner den Text eigenhändig und handschriftlich zu Papier bringt, den Text mit Datum unterschreibt und der andere Partner mit seiner Unterschrift zum Ausdruck bringt, dass er dem Inhalt zustimmt (§ 2267 BGB). Der Text muss dann nicht notariell beurkundet werden.
6. Ehegattentestamente bieten Sicherheit, sind aber auch verpflichtend
Da sich Partner in einem Ehegattentestament gegenseitig verpflichten, können sie das Testament ohne die Zustimmung des Partners nicht mehr ändern. Stimmt der Partner einer Änderung zu, kann das Testament jederzeit geändert und ein neues Testament verfasst werden. Es gibt jedoch auch die Möglichkeit, eine Freistellungsklausel zu vereinbaren und sich gegenseitig zu ermächtigen, zum Beispiel einen anderen Schlusserben einzusetzen oder Vermächtnisse anzuordnen.
Ein Ehegattentestament kann widerrufen werden, solange Ihr Ehepartner noch lebt. Dazu muss der Widerruf notariell beurkundet werden und ist dem Partner formell zuzustellen. Ist der Erbfall, also der Tod des Partners, bereits eingetreten, so ist der Widerruf ausgeschlossen. Sind beispielsweise gemeinsame Kinder als Schlusserben bestimmt, wird ein Partner zwar Alleinerbe, kann aber keine weitere Person als Erben einsetzen oder andere Erbquoten bestimmen, als im Ehegattentestament vereinbart ist.
Sollte sich der Nachlass als überschuldet erweisen, kann der überlebende Ehegatte die Erbschaft ausschlagen. Das Ehegattentestament wird dann nicht wirksam und es tritt die gesetzliche Erbfolge ein.
7. Was geschieht mit dem Ehegattentestament bei einer Scheidung?
Im Falle eines Antrages auf Scheidung wird das Ehegattentestament grundsätzlich unwirksam. Hier kann es ratsam sein, eine spezifische anwaltliche Beratung für eine Testamentsanpassung nach der Scheidung in Anspruch zu nehmen.
Es genügt bereits, wenn ein Partner die Scheidung beantragt hat oder ihr zugestimmt hat. Um diese Eventualität mit einzubeziehen, kann allerdings eine Wiederverheiratungsklausel in das Testament aufgenommen werden und bestimmen, dass im Fall der Wiederheirat der Nachlass bereits vollständig oder teilweise auf die Schlusserben übergeht. Damit wird vermieden, dass der neue Ehepartner erb- und pflichtteilsberechtigt wird, wenn auch der überlebende Ehepartner verstirbt und in der zweiten Ehe von seinem neuen Ehegatten beerbt wird. Dessen Beteiligung am Nachlass würde den Nachlasswert zu Lasten der Schlusserben, meistens gemeinsame Kinder mit dem ehemaligen Partner, schmälern.
8. Wie lässt sich gewährleisten, dass das Testament im Erbfall aufgefunden wird?
Ein Testament kann bei den persönlichen Unterlagen im eigenen Heim aufbewahrt werden. Um ein Auffinden sicherzustellen und einer eventuellen Vernichtung oder Verfälschung vorzugreifen, besteht auch die Möglichkeit, das Testament beim örtlichen Amtsgericht als Nachlassgericht gegen eine Gebühr in Verwahrung zu geben. In diesem Fall wird das Testament auch registriert werden, sodass im Falle eines Ablebens das Standesamt, das Testamentsregister sowie das Nachlassgericht benachrichtigt werden. Das Testament wird in der Folge zuverlässig eröffnet und umgesetzt.
9. Hat das Berliner Testament Nachteile und wenn ja, welche?
Durch die wechselseitigen Verfügungen in einem Berliner Testament ergeben sich einige Besonderheiten, die bei fehlendem Verständnis und falscher Formulierung zu großen Nachteilen führen können.
- Pflichtteil der gesetzlichen Erben: Mit der Bestimmung eines Ehegatten zum Alleinerben, kann ein Kind als gesetzlicher Erbe beim Tod des zuerst versterbenden Elternteils trotzdem seinen Pflichtteil einfordern. Da dieser in Geldwerten ausgezahlt werden muss, kann es hier zu einem Verkaufszwang zum Beispiel des Familienwohnhauses kommen. Um eine solche Pflichtteilseinforderung zu verhindern, kann in das Testament eine Strafklausel eingefügt werden. Sie beinhaltet, dass ein Kind, das nach dem Tod des zuerst versterbenden Elternteils seinen Pflichtteil einfordert, auch nach dem Tod des zuletzt versterbenden Elternteils nur noch den Pflichtteil und somit weniger als bei einer Nichteinforderung des Pflichtteils erhält. Des Weiteren kann mit dem Kind ein Pflichtteilsverzicht vereinbart werden, dieser setzt jedoch dessen Zustimmung voraus.
- Bindung an Verfügungen: Nachteilig ist, dass der überlebende Ehegatte an die Verfügungen im Testament gebunden ist und keine andere Person als den vorgesehenen Schlusserben als seinen Erben einsetzen kann. Um dies einzuschränken, kann eine Freistellungsklausel verwendet werden.
- Freibetragsgrenzen der Erbschaftssteuer: Als problematisch können sich erbschaftssteuerliche Aspekte erweisen. Verstirbt ein Partner, bleiben die Freibeträge der Kinder (400.000 €) beim ersten Erbfall ungenutzt und kommen erst nach dem Ableben des zuletzt versterbenden Elternteils zum Tragen. Beträgt der Nachlasswert dann, durch die Aufaddierung des Vermögens, mehr als 400.000 €, fallen womöglich Erbschaftssteuern an, die bei einer Berücksichtigung der Kinder beim ersten Erbfall sonst nicht angefallen wären.
10. Wie können Nachteile beim Ehegattentestament vermieden werden?
Generell sollten konkrete Beträge im Testament möglichst nicht erwähnt werden, sondern nur auf das Vermögen als solches Bezug genommen werden. Viel Konfliktpotential kann auch vermieden werden, wenn mit den Schlusserben, sollten diese gesetzliche Erben wie die eigenen Kinder sein, ein Pflichtteilsverzicht für den ersten Erbfall vereinbart wird oder gegebenenfalls eine Strafklausel verwendet wird. Um die starre Bindung der wechselseitigen Verfügungen in einem Ehegattentestament zu vermeiden, kann eine Freistellungsklausel vereinbart werden in dem der Ehegatte beispielsweise ermächtigt wird, die im Testament benannten Schlusserben zu ersetzen, Vermächtnisse auszusetzen oder gewisse Nachlasswerte einem bestimmten Erben zuzuerkennen.
11. Sollte ein Ehegattentestament vom Rechtsanwalt formuliert werden?
Ein Ehegattentestament kann grundsätzlich selbst formuliert werden. Dies scheint sich gerade auch deshalb anzubieten, da es handschriftlich verfasst werden kann. Gerade beim Ehegattentestament gibt es jedoch eine Reihe von Besonderheiten zu berücksichtigen, so z.B. wenn Strafklauseln verwendet werden sollen, um den vorzeitigen Pflichtteilsanspruch durch gesetzliche Erben zu vermeiden oder wenn eine Wiederverheiratungsklausel in das Testament mit aufgenommen werden soll. Das Erbrecht verfügt über eine Menge von Stolperfallen, die Nicht-Juristen nur selten beachten können, die jedoch Testamente im Erbfall unwirksam werden lassen. Es empfiehlt sich daher in den meisten Fällen, sein Testament in Zusammenarbeit mit einem spezialisierten Rechtsanwalt zu erstellen.
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